Die Regierung lügt: Stimmung ist nie gegen Flüchtlinge gekippt!

Die Regierung versucht uns einzureden, die Stimmung gegenüber Flüchtlingen sei gekippt und die Solidarität der Österreicher_innen habe nach dem Sommer 2015 stark abgenommen. Die SPÖ/ÖVP-Koalition rechtfertigt damit eine Asylrechtsverschärfung nach der anderen und Bundeskanzler Kern redet von Zuwanderungsbeschränkungen. Studien widerlegen die Behauptungen der Regierung klar.
25. Juni 2017 |

Das Meinungsinstitut SORA hat im Auftrag des Wiener Rathauses eine Studie durchgeführt, die die Einstellung der Wiener_innen zu Flüchtlingen vor und nach der Inbetriebnahme von Notunterkünften verglich. Befragt wurden insgesamt 1.600 Personen, von denen 600 in der Nähe von ausgewählten Flüchtlingsquartieren wohnten. Nach der Eröffnung änderte sich die Einstellung vor allem von Menschen, die im unmittelbaren Umkreis wohnten: Die Akzeptanz stieg deutlich.

Vor der Errichtung sprachen sich nur 44% der Befragten für eine Notunterkunft in ihrer Nähe aus, nachher waren es 69%. Die Ablehnung sank auch eindeutig von 22 auf 14%. Sobald die Menschen mit Flüchtlingen in Kontakt kommen, schwindet also die anfängliche Skepsis. Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Wien, sieht dadurch belegt, „was wir auch als Caritas seit jeher erfahren“, dass nämlich „dort, wo Begegnung stattfindet, Vorurteile abgebaut“ werden. „Wo das Gegenüber ein konkretes Gesicht erhält, ist der Mut größer als die Angst“, so Schwertner.

Rund 250 Menschen beteiligten sich am Weltflüchtlingstag am 20. Juni beim Umbrella March in Linz. Hunderte weitere protestieren in Bregenz, Innsbruck, Salzburg, St. Pölten und Wien. Foto: Neue Linkswende

 

In der Ziedlergasse in Liesing, wo die Errichtung eines Notquartiers besonders umstritten war, stieg die Akzeptanz von 45 sogar auf 72%. Für eine Schließung sprachen sich nur mehr 14% aus, während es vor der Eröffnung noch 28% waren.

Steigende Akzeptanz

Auch ohne direkten Kontakt ist die generelle Akzeptanz groß. 56% der Befragten haben nichts dagegen, wenn Betroffene in ihrem Haushalt oder in der Nachbarschaft wohnen. 20% sind für die Aufnahme in der eigenen Stadt, 12% im eigenen Land. Auch die Hilfsbereitschaft ist groß: In Wien haben 60% gespendet, 13% ehrenamtlich mitgearbeitet, 8% (das wären 150.000 Menschen) haben für Flüchtlinge demonstriert.

Diese Zahlen widersprechen eindrucksvoll dem von der Regierung strapazierten Bild der feindseligen Österreicher_innen. Auch das Statistische Jahrbuch für Migration und Integration, herausgegeben im Auftrag der ÖVP-Minister Kurz und Sobotka, widerlegt deren Stimmungsmache. Von 2015 bis 2016 ist die Haltung positiver geworden: 2015 beurteilten nur 41% die Integration als eher gut oder sehr gut, 2016 waren es 49%.

Abschiebungen widerrechtlich

Als jemand, der selber in der Fluchthilfe tätig ist, betrachte ich den zunehmenden Abbau von Menschenrechten mit großer Sorge. Beim Umbrella March am 20. Juni in Linz sagte Erika Kudweis vom Verein SOS Menschenrechte treffend: „Die Menschen von 2015 sind immer noch da, aber nicht mehr auf den öffentlichen Plätzen und Bahnhöfen, sondern in den Schulen und anderswo. Wir müssen wieder lauter werden!“

#MeineStimme gegen Rassismus und für Menschlichkeit!

MeineStimme gegen Rassismus und für Menschlichkeit menschliche-asylpolitik.at/?p=1777 1. Schild ausdrucken / Print poster 2. Foto oder Video machen / Make a picture or video 3. An office@menschliche-asylpolitik.at schicken und weiter sagen! Send it to office@menschliche-asylpolitik.at and share!

 

Die Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof, Eleanor Sharpston, hat Österreich in die Pflicht genommen. Wenn Flüchtlinge, die aus Afghanistan über den Balkan hierhergekommen sind, in Österreich internationalen Schutz beantragen, dann dürfe das Land sie nicht an einen anderen Staat verweisen, den sie passiert hätten. Anders ausgedrückt hätte Österreich nie nach Kroatien zurück abschieben dürfen.

Regierung sabotiert Solidarität

Der Flüchtlingskoordinator und ehemalige ÖVP-Abgeordnete Ferry Maier übt auch Kritik an den österreichischen Behörden in seinem neuen Buch „Willkommen in Österreich?“. Unwillige Beamte, Bundesländer die Aufteilungsschlüssel sabotierten, fehlende Quartiere und Busse, sowie die Trägheit des Staatsapparates hätten die Arbeit unglaublich schwer gemacht. Er schreibt auch von der widersinnigen und absurden Idee, Zäune zu bauen und widerspricht hier klar dem neuen Bundesparteiobmann der ÖVP, Sebastian Kurz.

Anti-Abschiebe-Proteste in Wien, Graz und Salzburg: „Leute, steht auf!“

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Der Rechtsruck durch die Regierung passiert nicht im Sinne der Bevölkerung. Die SPÖ könnte sogar bei den Wahlen dazugewinnen, wenn sie sich für eine solidarische Flüchtlingspolitik einsetzen würde. Kern gibt dem politischen Druck von ÖVP und FPÖ nach. Wir können den Druck auf die Politik nur erhöhen, wenn wir Widerstand von unten aufbauen und Antirassismus mittels Straßenprotesten sichtbar machen.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.