Flüchtlingshelferin erzählt: So wurde ich „Mama Regina“

Regina ist freiwillige Flüchtlingshelferin und im Verein „Gmünd hilft“ aktiv. Sie gehört zu über eine Million Menschen, die sich seit 2015 in Österreich in der einen oder anderen Form für Flüchtlinge engagiert haben. Wie bei vielen, geht ihre Geschichte noch viel weiter zurück.
11. Juni 2017 |

Ich bin Regina aus Gmünd im Waldviertel. Mein erster Kontakt mit asylsuchenden Menschen war im Juni 1990. Zu dieser Zeit war ich stationär im Krankenhaus Gmünd und lernte dabei eine junge Familie aus Kuba kennen, die gerade eine Tochter bekommen hatte, der kleine Sohn war damals 3 Jahre alt. Es entwickelte sich eine Freundschaft und in weiterer Folge Hilfsbereitschaft durch einige engagierte Personen. Die Kleine wurde hier in der Pfarrkirche getauft und ich durfte Patin sein.

Diese Familie floh aus Tschechien nach Österreich. Damals bestand ein Abkommen zwischen Kuba und Tschechien zum Austausch von Arbeitskräften. Da der Mann in Kuba als Dolmetscher für Regierungssachen gearbeitet hatte und Geheimnisträger war, war diese Flucht sehr gefährlich.

Nach Bekanntgabe dieser Fakten und nach Ablehnung des Asylantrags, wurde dieser dann in zweiter Instanz gewährt und die Familie bekam später auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Nach einem Jahr wanderten sie nach Miami aus, da dort sehr viele Verwandte leben.

Der Kontakt war nicht mehr vorhanden, worüber ich sehr traurig war. Vor vier Jahren begann ich eine Suche auf Facebook und fand den Sohn, der inzwischen ein junger Mann geworden war. Ich schickte ihm Bilder der Familie und natürlich konnte er sich nicht an mich erinnern, aber er freute sich sehr und seitdem schreiben wir uns. Mein kleines Patenkind ist Ärztin geworden und es geht der Familie gut.

Zu meiner heutigen Tätigkeit als ehrenamtliche Helferin kam ich 2015. In einer benachbarten Stadt wurde im Gedenken an die Flüchtlinge, die in einem Transporter ersticken mussten, eine Betstunde abgehalten. Dort wurde ich gebeten, in einer Unterkunft in Gmünd vorbeizuschauen. Es waren 13 Männer aus Syrien, dem Irak und dem Iran darin untergebracht. Sie waren sehr erstaunt, dass sich jemand für sie interessiert, da sie sehr isoliert lebten. Ich brachte öfter Kleidung und Lebensmittel vorbei und zu Weihnachten kleine Geschenke.

Wütender Protest von Afghanen gegen Abschiebung macht Hoffnung

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Seit einem Jahr gibt es die Gruppe Gmünd hilft, seit kurzem sind wir ein Verein. Alle Mitglieder helfen, wo sie können, mit Deutschkursen und allen nötigen Informationen für Asylsuchende, betreuen Familien und jeden 2. und 4. Freitag im Monat ist ein Treffen in einer ehemaligen Fabrik, die als Begegnungscafe eingerichtet wurde, wo gespielt, gelernt und bei Kaffee, Tee und Kuchen gelacht wird. Wir sammeln Sachspenden, vermitteln Möbel und die ganze Gruppe ist sehr engagiert.

Ich bange mit meinen jungen Freunden wegen der drohenden Abschiebungen nach Afghanistan. Einer ist mir besonders ans Herz gewachsen, er hat ein Dublin-Verfahren mit Ungarn, dort wurde er sieben Monate eingesperrt.
Ich schäme mich für die Flüchtlingspolitik der EU und hoffe, dass die Menschlichkeit siegen wird. Mein Dank an alle Aktivisten, die dafür auf die Straße gehen.

Regina
Flüchtlingshelferin

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.
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