Ukraine: Kalter Krieg in Osteuropa
Seit Jahrhunderten wurde die Ukraine von wechselnden Besetzern immer wieder ausgebeutet. Im Ersten Weltkrieg wütete die österreichische k.u.k.-Armee unter der Zivilbevölkerung und ermordete in dem Gebiet Galizien(Polen und Ukraine) sowie am Balkan zwischen 11.400 und 36.000 Menschen am Galgen. Ein großer Teil davon waren Zivilist_innen.
Nach dem Scheitern der Russischen Revolution beutete der Konterrevolutionär Stalin die Kornkammer Europas ohne Rücksicht auf die Einwohner_innen aus und ließ drei Millionen Menschen verhungern. Während des Zweiten Weltkriegs verloren sieben Millionen Ukrainer_innen ihr Leben, darunter 900.000 von den Nazis ermordete Jüdinnen und Juden. Einige sahen die Nazis als Befreier von dem Mörder Stalin und arbeiteten mit ihnen zusammen, das Land wurde zunehmend vom Nationalismus der verschiedenen Beteiligten gespalten.
Nach dem Fall der Sowjetunion übte die EU zunehmend Druck auf alle Länder des ehemaligen Ostblocks aus, sich für den westlichen Kapitalismus zu öffnen. Die meisten traten in den letzten 20 Jahren der EU bei, wobei dies immer an eine Mitgliedschaft in der NATO (North Atlantic Treaty Organization) gekoppelt war. Auch die Ukraine unterzeichnete 2014 ein Freihandelsabkommen mit der EU. Für Russland ein Schritt zu weit, den es mit der Annexion der Krim beantwortete. Der so begonnene Krieg forderte bisher über 13.000 Opfer.
Oligarchen und Nationalismus
Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks zerstörte die Hyperinflation Mitte der 90er-Jahre die Ersparnisse und den Lebensstandard der ukrainischen Bevölkerung. Eine kleine Gruppe vervielfachte in derselben Zeit ihr Vermögen: die Oligarchen, ehemalige Sowjetpolitiker (die sog. Nomenklatura) und aufstrebende kriminelle Unternehmer. Diese halten sich weiter dadurch in ihren Positionen, dass sie die verschiedenen Ethnien des Landes gegeneinander ausspielen. Die Russischsprachigen im Osten werden von ukrainischen Nationalisten als Kolonisierer dargestellt, die sich verschworen haben, die ukrainische Kultur und Sprache zu zerstören. Die ukrainischsprachigen Einwohner im Westen werden als Nazi-Kollaborateure bezeichnet, die ethnische Russen und russischsprachige Menschen hassen und sie unterdrücken wollen. Die ethnischen und nationalen Spaltungen sind aber nicht in den historischen Genen der Ukrainer_innen verankert, sondern wurden gezielt geschürt.
Die derzeitige ukrainische Regierung will die Ukraine gerne in die EU und NATO führen, weil sie sich dadurch wirtschaftliche Vorteile und militärischen Schutz erhofft. Die Separatisten im Osten würden sich am liebste abspalten und Teil Russlands werden. Doch es ist derzeit nicht im Interesse Putins die Ostukraine in Russland zu integrieren. Er braucht das Land als Puffer-Zone zum Westen mit Moskau-höriger Regierung.
Putin der Konterrevolutionär
Vom KGB-Offizier während der UdSSR zum russischen Staatspräsidenten seit über 20 Jahren; diesen Weg konnte Vladimir Putin nur gehen, weil er es einerseits verstand, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und andererseits, worin die größte Gefahr für seine Herrschaft besteht: Massenproteste. Mit allen Mitteln versucht er seit seiner Machtübernahme jedes Aufkommen von Protesten im Keim zu ersticken. Entsprechend dieser Haltung ist eines seiner Vorbilder der ehemalige Premierminister Stolypin, der in der Zeit nach der ersten Revolution von 1905 tausende Revolutionär_innen hängen ließ.
Er exportiert seine Expertise diesbezüglich auch in die angrenzenden Länder, die Teil der „Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit“ (OVKS) sind. Sie verfügt über eine länderübergreifende Militär-Spezialeinheit, die „schnell auf Herausforderungen und Bedrohungen der Sicherheit der OVKS-Mitgliedstaaten reagieren“ kann. Zuletzt war diese Truppe Anfang dieses Jahres in Kasachstan im Einsatz, als ein Aufstand gegen die Erhöhung der Ölpreise die autoritäre Regierung ins Wanken brachte.
Aktuelles Säbelrasseln
Das Ende des Kalten Krieges und der Fall der Sowjetunion ließ neoliberale Thinktanks wie Francis Fukuyama das Ende der Geschichte, also den absoluten Triumph des Kapitalismus und damit verbundenen Frieden, herbei fantasieren. Kriege im ehemaligen Jugoslawien und in Tschetschenien während der 1990er-Jahre straften diesen feuchten Traum der absoluten freien Marktwirtschaft bereits Lügen.
Die NATO hat sich seitdem den Großteil der ehemaligen Ostblockstaaten einverleibt und die EU hat ihre Freihandelszone immer weiter in den Osten ausgeweitet. Russland konnte sich hingegen nach großen Gebietsverlusten nach dem Fall der Sowjetunion dank reicher Bodenschätze und autoritärer Herrschaft eine große Armee aufbauen und verfügt über die größte Anzahl nuklearer Sprengköpfe weltweit.
Über die russischen Truppen und ihre Position an der ukrainischen Grenze wissen wir durch tägliche Berichte sehr gut Bescheid. Wie viele Einheiten der NATO-Länder sich in der direkten Umgebung der Ukraine befinden und kampfbereit sind, wird selten erwähnt. Allein die USA verfügen über 70.000 dauerhaft stationierte Soldaten in Europa. Deutschland, Frankreich und Niederlande senden derzeit Einheiten in die russischen Grenzgebiete in Litauen, Rumänien und Bulgarien. Momentan werden noch keine Truppen der NATO direkt in die Ukraine geschickt, doch es gibt massive Waffenlieferungen besonders aus den USA und Polen.
Alle bereiten sich auf einen Krieg vor, wobei kein Land ihn wirklich möchte. Besonders EU-Staaten wie Deutschland oder auch Österreich, die auf russische Gaslieferungen und die neu errichtete Gaspipeline Nord Stream 2 angewiesen sind, wünschen sich ein Ende der Spannung am diplomatischen Tisch – 80% des nach Österreich importierten Erdgases kommen aus Russland und die OMV investierte knapp 730 Millionen Euro in die Pipeline. Für Russland könnte ein in die Länge gezogener Krieg innere Unruhen anfachen und Putin tatsächlich gefährlich werden.
Für die USA, die durch die Niederlage in Afghanistan militärisch geschwächt sind, geht es in diesem Konflikt darum, Russland als aufsteigende Militärmacht in die Schranken zu weisen. In Syrien beispielsweise hat Russland gezeigt, dass es als imperialistische Größe nicht zu ignorieren ist.
Was können wir tun?
Ein Krieg zwischen der von der EU/NATO unterstützten Ukraine und Russland könnte kurz bevorstehen. Im kapitalistischen Wirtschaftssystem sind solche Auseinandersetzungen vorprogrammiert, weil Staaten wirtschaftlich miteinander konkurrieren. Im Falle der Ukraine musste diese sich entscheiden, ob sie der Handelsbeziehung mit der EU oder Russland den Vorzug gibt. Beide Seiten hatten ein Ultimatum gestellt, die Ukraine entschied sich für den Westen. Nachdem Russlands wirtschaftliche Hebel nicht ausgereicht hatten, um die Ukraine für diesen „Verrat“ zu bestrafen, setzte Putin seine geopolitische, militärische Überlegenheit ein.
Für uns muss klar sein, dass es bei der Auseinandersetzung in der Ukraine nicht um die Freiheit oder das Wohl der Bevölkerung geht, sondern um die Konkurrenz verschiedener wirtschaftlicher und militärischer Mächte. Wir müssen uns daher nach dem Motto „weder Washington, noch Moskau“ gegen jede Intervention in dem Land stellen und die Regierungen in unserem Land daran hindern, sich in den Konflikt einzumischen.
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