Was die Wahl in Thüringen über die Verharmlosung der FPÖ aussagt

Der Unterschied im Umgang zwischen AfD und FPÖ wird einem schmerzhaft klar, wenn auf dem Versuch der AfD, in der Politik mitzubestimmen, mit lautem Protest reagiert wird. Die FPÖ, die weit rechts von der AfD steht, nimmt man hingegen in Österreich längst als normal war.
24. Februar 2020 |

Der 5. Februar sorgte deutschlandweit für Entsetzen. CDU und FDP haben gemeinsam mit der rechtsextremen AfD in Thüringen Thomas Kemmerich (FDP) zum Ministerpräsidenten gewählt. Dass die FDP es gerade noch mit 5 Prozent in den Thüringer Landtag geschafft hat, spielte keine Rolle.

Was den Parteien dafür wichtig war, war es, den Kandidaten der Linken Bodo Ramelow zu verhindern. Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen kommentierte dazu: „Hauptsache, die Sozialisten sind weg.“ Das verweist auf die lange Tradition des Bürgertums als Steigbügelhalter des Faschismus. Bündnisse mit Rechtsextremen sind kein Problem, solange man dabei den Linken eins auswischen kann. Auch wenn nach lautem Aufschreien zurückgerudert wurde und Kemmerich nachgab, die Bereitschaft der FDP und CDU zur Zusammenarbeit mit der AfD kann nicht mehr ignoriert werden.

Dabei fallen einem sofort Parallelen zum Aufstieg der FPÖ ein. Doch auch wenn sie sich in ihrer rechtsextremen, rassistischen und demokratiefeindlichen Rhetorik ähneln, gibt es einige wichtige Unterschiede.

Die neue FPÖ?

Die FPÖ ist schon seit vielen Jahrzehnten im Parlament vertreten und war mehrmals in Regierungskoalitionen beteiligt. Dass es so weit kam, hätte verhindert werden können, hätte man die FPÖ nicht von Beginn an verharmlost. Der VdU, die Vorläuferpartei der FPÖ, die ein Auffangbecken für überzeugte Alt-Nazis war, hätte gar nicht von ÖVP und SPÖ 1949 zu den Wahlen zugelassen und finanziell gefördert werden dürfen. Kreiskys Minderheitsregierung 1970, die durch die FPÖ gestützt war und Alt-Nazis als Minister angeloben ließ, war ein weiterer Dammbruch.

Auch wenn die AfD sich über die Jahre mehr und mehr zu einem Sammelbecken für Neonazis entwickelt hat, ist sie nicht wie die FPÖ die „indirekte Nachfolgepartei der NSDAP“ (Anton Pelinka). Dennoch wird mit der AfD ernsthafter umgegangen. Höcke wird in Medien oft als Faschist bezeichnet und nicht (wie in Österreich üblich) als Populist verharmlost, wenn er z.B. behauptet: „Das große Problem ist, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt.“ Wenn die FPÖ beste Kontakte zu Identitären pflegt, erntet man in Österreich ein müdes Schulterzucken. Die AfD hingegen wird dafür vom Verfassungsschutz beobachtet.

Trotz Kemmerichs Rücktritt ist jetzt nicht der Zeitpunkt, aufzuatmen. Die Thüringer Neuwahlen sind nicht mehr weit, und es sieht nicht danach aus, dass die AfD schwächer wird, im Gegenteil. 2021 folgen Wahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Es ist ein Irrglaube, dass die AfD durch eine Regierungsbeteiligung zahmer werden wird. Auch während der schwarz-blauen Koalition konnte es die FPÖ nicht lassen, einen „Einzelfall“ nach dem anderen zu verursachen. Genau deswegen muss man sich mit zivilem Widerstand und antifaschistischen Protestbewegungen breit gegen Faschisten und ihre Steigbügelhalter aufstellen.