Zwei Missionare

Die Filme mit dem kürzlich verstorbenen Bud Spencer, eigentlich Carlo Pedersoli und Terence Hill (Mario Girotti) wurden von der Kritik oft als oberflächliche Komödien, als harmloser Klamauk abgetan – und diesen Aspekt haben sie selbstverständlich. Doch ganzen Generationen hat das fröhliche Prügel-Duo auch Werte beigebracht.
18. August 2016 |

In ihrem bevorzugten Biotop, der Parodie des Spaghetti-Westerns gaben die beiden immer wieder abgerissene Kleingauner, die ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn mit dem Revolver in der Hand und später vor allem mit den Fäusten Geltung verschafften. Unvergesslich die Szene in „Die linke und die rechte Hand des Teufels“ in der die beiden in einem noblen Restaurant derart fressen, dass den betuchten Honoratioren und Oberschichtlern die Spucke wegbleibt.

Nach Meisterwerken des italienischen Western wie „Spiel mir das Lied vom Tod“ (Sergio Leone) und besonders nach der erfolgreichen „Django“-Serie (Sergio Corbucci) (der zuletzt Quentin Tarantino Tribut zollte) setzte eine Entwicklung ein, in der immer mehr auf Gewalt und Brutalität gesetzt wurde. Eine gegenläufige Tendenz entstand, in der weniger das Blut und mehr ein Humor, der zum Teil auch aus der Synchronisation entstand, das Publikum beeindrucken sollte. Beispiele dafür sind etwa „Für eine Hand voll Dollar“ mit Clint Eastwood oder „Zwei glorreiche Halunken“ (Originaltitel „The Good, the Bad and the Ugly“) mit Eli Wallach.

Unrasierte Helden

Viele dieser Filme wie etwa „Mercenario der Gefürchtete“ hatten die mexikanische Revolution als Hintergrund und stellten sich unmissverständlich auf die Seite der bäuerlichen Aufständischen. Die Helden der Spaghetti-Western sind gewaltbereite, unrasierte Angehörige des Lumpenproletariats, die nach außen hin immer hinter der Kohle her sind, im entscheidenden Moment aber den Armen und Entrechteten helfen.

Sie bildeten den diametralen Gegensatz zu den cleanen Helden des US-Westerns, in denen John Wayne fand, dass nur ein toter Indianer ein guter Indianer sei. In den italienischen Filmen dagegen gab es schwarze und „American Native“- Figuren.

„Befreiungstheologen“

Genau in dieser Tradition stehen die frühen Filme mit Bud Spencer und Terence Hill mit deutschen Verleihtiteln wie „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ oder „Vier Fäuste für ein Halleluja“. Später brachen die beiden aus dem engen Italo-Western Genre aus und legten sich mittels durchchoreografierten Schlägereien und originellen Sprüchen in „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“ mit ausbeuterischen Edelsteinhändlern und korrupten südamerikanischen Polizisten an.

Historisches Vorbild für „Zwei Missonare“: 1795 rebellierten afrikanische Sklaven mit der indigenen Bevölkerung unter Führung von José Leonardo Chirino im heutigen Venezuela gegen Koloninalherren und Zucker-Barone
Historisches Vorbild für „Zwei Missonare“: 1795 rebellierten afrikanische Sklaven mit der indigenen Bevölkerung unter Führung von José Leonardo Chirino im heutigen Venezuela gegen Koloninalherren und Zucker-Barone

In „Das Krokodil und sein Nilpferd“ geht es Großwildjägern und Tierhändlern an den fettigen Kragen. Aus all diesen Filmen ragt „Zwei Missionare“ (1974) mit einer besonders eindeutigen politischen Botschaft heraus. Spencer und Hill geben zwei Priester, die sich auf einer entlegenen Insel um eine Gruppe entflohener Plantagenarbeiter kümmern. Ihre Gegner sind spanische, britische, französische Kolonialherren, also „schmierige Sünder“, wie Terence Hill/Pater Blauauge in einer öffentlichen Predigt bemerkt.

Den ganzen Film hindurch bekämpfen die beiden „Befreiungstheologen“ handfest die Kolonialsoldaten, in einer herrlichen Szene erklären sie alle Waren, die die Kolonialherren den armen Einheimischen abpressen, zu Gemeingut, das allen gehört. Daraufhin stürmt die Bevölkerung die Warenlager der reichen Kaufleute.

Kampf den Kolonialherren

Mit überraschend viel Liebe zum Detail, was Drehorte, Kostüme und Komparsen angeht, zeigt Regisseur Franco Rossi eine, zeitlich nicht so genau definierte, Kolonialgesellschaft. Gleich zu Beginn des Films versammelt sich eine Gruppe von reichen Unsympathlern, Gewürz- und Rohstoff-Großhändler um ein Monopol zu bilden und die Preise der armen Bauern zu drücken, so dass diese nicht mehr vom Gewinn leben können.

Plantagenarbeiter werden immer noch als Sklaven bezeichnet und bei Fluchtversuchen hingerichtet. Als die beiden schlagkräftigen Pater einen jungen Burschen retten, der aus den Fängen des Gouverneurs, eines Großgrundbesitzers entkommt, verstecken sie ihn auf ihrem Boot. Auf See werden sie von einer Patrouille britischer Soldaten gestellt. Die suchen nicht nur den entflohenen Arbeiter sondern auch zwei renitente Pfarrer. „Gott schütze die Königin!“ grüßen die Soldaten. „Warum? Ist sie krank?“ antwortet Bud Spencer.

Zum Schluss entziehen die Kirchenoberen den zwei Missionaren die kirchliche Unterstützung und die beiden beschließen, von nun an der Religion der Einheimischen zu folgen. Sie errichten ein Kollektiv im Urwald um Schnaps herzustellen. Gedreht in Kolumbien, spielt der Film in der venezolanischen Stadt Maracaibo, die vor der Kolonisation von Arawak und Kariben gegründet worden war und später von deutschen Kaffeehändlern beherrscht wurde. Der Film bezieht sich wohl auf die Rebellion afrikanischer Sklaven mit der indigenen Bevölkerung unter Führung von José Leonardo Chirino.
Die rebellischen Inhalte der frühen Spencer/Hill Filme sind eine Reflexion der mächtigen sozialen Bewegungen der 1960er- und 1970er-Jahre. Bud Spencer selbst hat es in seinem späteren Leben leider zur Berlusconi-Rechten und Beppe Grillo gezogen. An der Wirkung der frühen Werke ändert das nichts.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.