Mahnruf führender Klimaexperten: Schluss mit Kosten-Nutzen-Rechnung

Klimaforscher warnen in einer kürzlich erschienenen Ausgabe des Wissenschaftsmagazin Nature davor Klimapolitik auf der Basis von wirtschaftlichen Überlegungen zu machen. „Keine wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse wird uns helfen."
16. Dezember 2019 |

Führende Klimawissenschafter_innen mahnten in einem Kommentar im renommierten Wissenschaftsmagazin Nature ein radikales Umdenken in der Klimakrise ein. Hans Joachim Schellnhuber, Owen Gaffney, Stefan Rahmstorf, Will Steffen und andere fordern: „Keine wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse wird uns helfen. Wir müssen unseren Lösungsansatz für das Klimaproblem verändern.“ Mit anderen Worten, man dürfe dem Klimaproblem nicht mit den Werkzeugen der kapitalistischen Profitlogik begegnen.

Bei der Einführung des Konzepts der sogenannten „Kippelemente“ vor gut zwanzig Jahren dachte man noch, dass die ersten Systeme bei einer Erderwärmung von 5 °C schlagend werden. Inzwischen weiß man, wie in den jüngsten Berichten des Weltklimarats (IPCC) deutlich wird, dass bereits 1 bis 2 °C genügen, um Prozesse in Gang zu setzen, die irreversibel sind. Das verlangt, argumentieren die Wissenschafter_innen, einen Bruch mit dem bisherigen Modellen von klassischen Ökonomen, die Bewältigung der Klimakrise noch immer als „Kostenproblem“ begreifen.

Gefährliche Verstärkung

Wir müssen uns am 1,5 °C-Ziel orientieren, so der Nature-Kommentar. In der Westantarktis rutscht bereits ein zentraler Gletscher in die Amundsensee, der die gesamte Region destabilisiere. Auch in der Ostantarktis wird das Wilkes-Subglazialbecken instabil. Der grönländische Eisschild wird bei einer Erwärmung von 1,5 °C unwiderruflich abschmelzen. Insgesamt sind durch die Prozesse Meeresspiegelanstiege von rund 10 Metern in hunderten und 60 Metern in tausenden Jahren zu rechnen.

Die Klimaexpert_innen weisen insbesondere auf eine jüngere Untersuchung hin, die die Wechselwirkung von 30 möglichen Zustandsänderungen in physikalischen und ökologischen Systemen untersuchen. Mit anderen Worten, sie haben sich angeschaut, wie sich ein Kipppunkt auf andere Systeme auswirkt. In der Hälfte der untersuchten Möglichkeiten musste man feststellen, dass das Überschreiten in einem Punkt die Kipp-Wahrscheinlichkeit in anderen Systemen erhöht.
Die Forscher_innen schließen mit einem „Act Now“ – jetzt handeln! Ein Mahnruf, den wir ernst nehmen sollten.