Warum sind wir von fossilen Brennstoffen abhängig? Michael Moores neuer Film hat darauf keine Antwort

Wissenschaftler verstehen die globale Erwärmung seit sechs Jahrzehnten mehr oder weniger. Warum sind wir also immer noch abhängig von fossilen Brennstoffen? Der neue Film „Planet Of the Humans“, mit Michael Moore als geschäftsführenden Produzenten, versucht diese Frage zu beantworten, könnte aber der Umweltbewegung selbst schaden.
14. Mai 2020 |

Regisseur Jeff Gibbs argumentiert, dass es zwei Probleme gibt. Das erste ist, dass die Umweltbewegung es versäumt hat, die wahre Ursache der ökologischen Katastrophe in Frage zu stellen, weil sie sich auf grüne Energie konzentriert. Er zeigt, wie Standorte mit erneuerbaren Energien oft eine Unterstützung durch fossile Brennstoffe benötigen, um mit Energiemangel fertig zu werden, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht.

Seine Wut richtet sich besonders auf Biokraftstoffe, das Verbrennen von Bäumen zur Energiegewinnung. Gibbs präsentiert hier einige wichtige Argumente und hat eindeutig das Gefühl, dass er einige große Geheimnisse offenbart. Aber die Bewegung selbst hat jahrzehntelang vor Greenwashing gewarnt und falsche Lösungen aufgedeckt. Zwar gibt es in Planet of the Humans einige unterhaltsame Momente, wenn Führungskräfte von Unternehmen ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen eingestehen müssen, doch das ist kaum bahnbrechend.

Erneuerbare Energien

Kritiker des Films haben darauf hingewiesen, dass Gibbs’ Zahlen veraltet sind und sich auf viel ältere Technologien beziehen. Erneuerbare Energien, so argumentieren sie, seien heute effizienter und billiger. Das wirkliche Problem mit dem Film ist jedoch, wenn Gibbs die Umweltbewegung angreift, die seiner Meinung nach vom Kapitalismus übernommen wurde.

„Die Umweltbewegung wehrt sich nicht mehr gegen diejenigen mit dem Profitmotiv, sondern arbeitet mit ihnen zusammen“, argumentiert er. Gibbs greift Umweltgruppen wie den Sierra Club an, weil sie Verbindungen zum Großkapital haben, und Aktivisten wie Bill McKibben von 350.org, weil sie Biokraftstoffe unterstützen.

Wir müssen, sagt er, „die Kontrolle über unsere Umweltbewegung von den Milliardären zurückholen“. Das klingt zwar radikal, aber Gibbs tappt in die Falle, die großen NGOs als die Umweltbewegung darzustellen. Er kritisiert McKibben und andere dafür, dass sie Biokraftstoffe unterstützen (obwohl McKibben betont, dass er das seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr getan hat). Er unterschlagt jedoch, dass es seit langem Umweltkampagnen gegen diese Energieform gibt.

Bewegung

Was dem Film in der Tat völlig fehlt, ist ein Gefühl für die wachsende, radikale und antikapitalistische Bewegung. Es ist keine Rede von den weltweiten Klimastreiks, und nur für einige Sekunden erscheint ein Banner von Extinction Rebellion. Diese Bewegung ist nicht vom Kapitalismus eingekauft worden und kämpft weiterhin gegen Biokraftstoffe, den Kapitalismus der fossilen Brennstoffe und für gerechte Übergänge zu einer nachhaltigen Welt.

Die Zuschauer könnten den Eindruck bekommen, dass Gibbs auf die Forderung nach dem Ende hinaus möchte. Aber er kommt zu dem Schluss, dass die Menschen an allem schuld sind. „Es ist nicht das Kohlendioxid, das den Planeten zerstört, sondern wir.“ Angesichts seiner wütenden Angriffe auf das Großkapital und seines „Profitmotivs“ ist das eine seltsame Schlussfolgerung, weil sie die Realität völlig ignoriert.

Das Problem ist ein kapitalistisches System, das die Profite über die Menschen stellt – und den Planeten für Geld zerstört. Planet der Menschen hat mich enttäuscht und mich auch wütend gemacht. Seit Jahren organisiert sich die Umweltbewegung gegen das Großkapital, stellt Forderungen an die Regierungen, plädiert für echte Alternativen zu fossilen Brennstoffen und sieht sich in vielen Fällen mit der Gewalt des Staates konfrontiert.

Doch der Film von Moore und Gibbs kommt zu dem Schluss, dass die Umweltbewegung das Problem ist. Wo ist der Zorn auf Donald Trump, Jair Bolsonaro und andere Anti-Umweltpolitiker? Der Film ist gemein, ungenau und gefährlich. Sein scheinbar radikaler Ansatz könnte Aktivisten untergraben und demoralisieren, und das zu einer Zeit, in der sich eine neue Massenbewegung entwickelt.

Ein Artikel von Martin Empson, übersetzt aus dem Englischen. Zuerst erschienen auf Socialist Worker.

Sonntag 17.Mai, ab 18:00 Uhr: Livestream & Zoom-Konferenz mit Martin Empson zum Thema: “Karl Marx’ Sicht auf ökologische Krisen”. Mehr dazu | Facebook