Advanced Chemistry: Fremd im eigenen Land

Leo Kienmandl präsentiert jeden Monat seine Musiktipps in der Serie „Sounds for Rebels“.
11. Januar 2016 |

Dieser historische Musik-Tipp beschäftigt sich aus gegebenem Anlass mit einer deutschen Formation, die in den späten 1980er- bzw. frühen 1990er-Jahren zu den Begründern des deutschen Hip-Hop zählte. „Advanced Chemistry“ hatten 1992 ihren größten Hit mit dem Song „Fremd im eigenen Land“. Anders als bei den zeitgleich durchstartenden „Fanta 4“ waren die Songs von „Advanced Chemistry“ eine Mischung aus offensiver, wütender persönlicher Erzählung und radikaler politischer Stellungnahme gegen die herrschenden rassistischen Zustände.

„Fremd im eigenenen Land“ traf den Nerv der Zeit und ebnete den Weg für den Rap in deutscher Sprache. Das Lied entstand als unmittelbare Reaktion auf die Anschläge auf Asylheime, die zu jener Zeit in Ostdeutschland stattfanden. Der Volkszorn einer in Folge der deutschen Wiedervereinigung und des Turbo-Neoliberalismus verarmten Bevölkerung war in einer gezielten Aktion vom Bundesinnenminister Schäuble auf „die Asylantenfrage“ gerichtet worden, die Behörden überließen alles weitere den Neonazis…

Rückblickend erzählt Torch, einer der Rapper von „Advanced Chemistry“: „Noch während wir im Studio waren, gab es die rassistisch motivierten Anschläge in Rostock. Daraufhin haben wir im Studio den Nachrichtensprecher live aufgenommen und als Intro eingebaut.“ Im Fokus des Textes stehen Erfahrungen einer ganzen Generation von Migrantenkindern: Rassismus, Polizeibrutalität, Armut, Arbeitslosigkeit, die Einseitigkeit der Medien.

Das 1995 erschienene Album „Advanced Chemistry“ bietet einen guten Überblick über das gesamte Schaffen der Band und hat angesichts der aktuellen Debatte zur „Flüchtlingskrise“ nichts an Aktualität eingebüßt.

Advanced Chemistry – Fremd im eigenen Land

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.