Arbeitskampf um Bildung: Freizeitpädagogen berichten

Lisa Hasenbichler, Freizeitpädagogin und Aktivistin bei Linkswende, unterhielt sich mit zwei Kolleg_innen über die derzeit von der Regierung geplanten Gesetzesentwurf, der massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und Löhne dieses Berufszweiges vorsieht. Beide Kolleg_innen beteiligten sich an der Betriebsversammlung von Bildung im Mittelpunkt (BiM), in der die Auswirkungen auf die Freizeitpädagogik und mögliche Kampfmaßnahmen diskutiert wurden.
30. Mai 2023 |

Was bedeutet dieser Gesetzesentwurf für die Freizeitpädagogik?

„Grob gesagt, sollen Freizeitpädagogen, Erzieher:innen und Betreuer:innen in ganz Österreich durch sogenannte „Assistenzpädagogen“ ersetzt werden. Diese sollen nicht nur den pädagogischen Teil der Arbeit übernehmen, sondern auch den pflegerischen, Kindern die Einlagen wechseln usw. Sprich: Einzelnen Pädagog:innen soll die doppelte Arbeit aufgehalst werden mit der Konsequenz, dass es in all diesen Berufsfeldern Stellenkürzungen geben wird. Und nicht nur das, die Assistenzen sollen auch im Unterricht angewendet werden, dort wo es jetzt Zweitlehrer:innen gibt. Dementsprechend sind nicht nur wir betroffen, auch Personen, die die Kinder am Vormittag betreuen, können Stunden verlieren.“ Unterbesetzung und unbezahlte Überstunden (Vorbereitungs-, Nachbereitungs-, Reflexions- und Organisationsarbeit) sind jetzt schon fixer Bestandteil des Berufsbildes. Die Zusammenlegung der unterschiedlichen Branchen, kann nur einhergehen mit einer katastrophalen Verschlechterung der Betreuungsqualität und Überbelastung der Pädagog:innen. So wie der Gesetzesentwurf jetzt geplant ist, ist es ein One-Way-Ticket ins Burn-Out – bei noch schlechterer Bezahlung! „Eine erste Schätzung ergibt, dass wir dann für 40 Stunden Vollzeit, im Durchschnitt 19% weniger verdienen.“

Ausbildung schlechter und elitärer

„Für Assistenzpädagogin wird es die Voraussetzung geben, dass du die Pädagogische Hochschule machen musst. Die Ausbildung soll nur mehr 30 ECTS lang sein, im Vergleich, der jetzige Lehrgang Freizeitpädagogik hatte 60 ECTS und wird damit abgeschafft. Das bedeutet, dass die Ausbildung nicht mehr auf demselben Niveau stattfinden wird. Außerdem benötigt man künftig eine Matura, um an der Pädagogischen Hochschule zu studieren, das war bis jetzt nicht der Fall.“ Nur ein Drittel der österreichischen Bevölkerung hat derzeit einen Maturaabschluss und da dieser an den Bildungsstand der Eltern geknüpft ist, bedeutet dieser Anspruch, dass Kinder aus Arbeiter:innenfamilien es künftig noch viel schwerer haben werden, im Bildungsbereich tätig zu sein. „In der BiM hat nur ein sehr kleiner Teil beides – Matura und Pädagogische Hochschule – Wenn sie nicht händeringend nach Personal suchen, werden wir alle damit direkt arbeitslos.“

Wie ist die Stimmung bei euch?

„Grundsätzlich war die Stimmung sehr angespannt, wir reden hier von über eintausend Berufsstellen, die wegfallen. Der gesamte Berufszweig der Freizeitpädagogik soll entfernt werden.“ Außerdem ist vorgesehen, dass Assistenzpädagog:innen künftig im öffentlichen Dienst tätig sind: „Das bedeutet, dass Bildung im Mittelpunkt de facto auch aufgelöst wird – noch mehr Leute, die arbeitslos werden.“

Die Freizeitpädagog:innen werden von der Regierung im Unklaren gelassen, im geplanten Gesetzesentwurf ist nicht festgehalten, wie die Änderungen konkret umgesetzt werden sollten. Auf die Lebenssituationen der betroffenen Pädagog:innen wurde scheinbar kein Gedanke verschwendet. „Es gibt viele Fragen, die aufgetaucht sind: Was passiert jetzt mit den Leuten, die keine Matura haben, was passiert mit den werdenden Mamis, wenn sie aus der Karenz zurückkommen, haben sie dann noch einen Job? Großes Fragezeichen, es wurde viel geredet, aber es gibt keine Antworten, wie es konkret mit uns weitergeht.“ Diese absolute Respektlosigkeit der Regierung gegenüber den Arbeiter:innen im Bildungsbereich stößt auf Widerstand. Bereits die Streiks im vergangenen Jahr haben gezeigt, dass ohne sie gar nichts läuft. Die Stimmung ist kämpferisch: „Der Plan ist, dass wir am 1. Juni demonstrieren. Im Anschluss gibt es eine Aktionswoche mit Rollstreiks, das heißt, dass jeden Tag unterschiedliche Standorte streiken, bis dann am 15. Juni alle gemeinsam in den Streik gehen. Damit wollen wir die Auswirkungen, die ein solches Gesetz hätte, demonstrieren.“

Als Linke müssen wir uns geschlossen hinter die Kämpfe des Bildungspersonals stellen, jeder erfolgreiche Streik, jede reale Bewegung kann mehr für die Arbeiter:innen erreichen als die Parteienpolitik, die hier im Hintertürchen, über unsere Köpfe hinweg, solche katastrophalen Gesetze durchdrücken will.