Die Wurzeln von Musks Weltbild: Härte, Herrschaft und Kontrolle

Als Elon Musk bei einer Wahlparty zu Trumps Wahlsieg 2024 mit einer steifen Armbewegung einen Hitlergruß andeutete, scheint es bei so einem sonst so strategisch agierenden Menschen unwahrscheinlich, dass er nicht wusste, welche Signale er damit setzt. Vom gefeierten Tech-Visionär hat er sich längst zu einer zentralen Figur der globalen Rechten entwickelt. Um zu verstehen, wie es dazu kam, kann man sich auch seiner Kindheit und Jugend widmen, insbesondere den Aussagen, die er und sein Vater in Interviews preisgaben, um die Ideologien zu entschlüsseln, die Musk heute antreiben.
17. April 2025 |

Elon Musk wurde 1971 in Pretoria, Südafrika, geboren – mitten in der Ära der Apartheid. In einem Land, das von rassistischer Segregation und weißen Privilegien geprägt war, wuchs er in einem Umfeld auf, das Härte und Dominanz als Tugend verstand. Sein Vater, Errol Musk, ein wohlhabender Maschinenbauingenieur, Immobilienentwickler und Smaragd-Händler, spielte dabei eine zentrale Rolle. Nach der Scheidung seiner Eltern wuchs Elon größtenteils bei Errol auf. In Interviews äußerte Errol Musk, dass er Mitgefühl für „Verlierer“ für irrelevant hielt und dass „die Zivilisation zurückgewonnen werden müsse“. Diese kalte, dominierende Haltung spiegelte sich in seiner Erziehung wider. Er sagte sogar, dass ein „guter Vater“ von seinen Kindern gehasst werden müsse, um seine Rolle richtig auszufüllen.

Musk beschreibt seine Schulzeit als extrem gewalttätig; er wurde mehrfach von Mitschülern zusammengeschlagen, einmal so schwer, dass er ins Krankenhaus musste. Sein Vater betrachtete diese Vorfälle als normalen Bestandteil des Erwachsenwerdens, während Musk selbst die Gewalt als Teil des harten Lernprozesses umfasste. Diese Erlebnisse hinterließen eine klare Vorstellung von „Stärke“ und der Ablehnung von Schwäche.

Die Erziehung von Musk war zudem von häuslicher Gewalt geprägt. Seine Mutter, mittlerweile Maye Haldeman, sprach in Interviews über die physische und emotionale Gewalt, die sie während ihrer Ehe mit Errol Musk erlebte. Es ist verständlich, dass dieses Umfeld, welches Gewalt und Dominanz als notwendige Bestandteile des Lebens erscheinen lassen, tiefe Spuren im jungen Elon Musk hinterließen.

In seiner Biografie Elon Musk: Tesla, SpaceX, and the Quest for a Fantastic Future wird beschrieben, dass sich Musk bereits in jungen Jahren mit Persönlichkeiten wie Edison und Napoleon identifizierte – Männern, die durch Innovationskraft oder strategische Machtfülle Geschichte schrieben. Diese Fixierung auf historisch bedeutende Figuren legt nahe, dass sich früh eine Weltanschauung etablierte, in der Größe an Dominanz und Vermächtnis gemessen wird.

In einer Gesellschaft, die von rassistischer Segregation und weißen Vorherrschaftsstrukturen durchzogen war, erlebte Musk Schwarze vor allem als Dienstpersonal – eine Haltung, die ihn dazu prägte, Privilegien als natürliche Ordnung zu verstehen. Auch diese Werte sollten sein späteres Verhalten und seine politischen Einstellungen maßgeblich beeinflussen.

Aufstieg des Oligarchen: Härte als Prinzip

Mit 17 Jahren begab sich Elon Musk zusammen mit seinem Bruder nach Nordamerika. Nachdem die beiden nach dem Verkauf deren ersten Firma fest in Silicon Valley Fuß gefasst hatten, wurde er als erfolgreicher Unternehmer bekannt. Musk inszenierte sich als Außenseiter-Genie, das sich gegen die Widrigkeiten der Welt behauptete. In Wahrheit profitierte er jedoch von enormen Privilegien, die es ihm ermöglichten, als Unternehmer und Unternehmerpersönlichkeit in den Tech-Sektor einzutreten und dort zu dominieren.

Tesla ist bekannt für seine Technologie, aber auch für eine Unternehmenskultur, die brutal auf Hierarchien und absolute Kontrolle setzt. Musk ließ sich in den Anfangsjahren von Tesla als Held in einem Film stilisieren, den alle potenziellen Mitarbeiter sehen mussten. Loyalität wurde verlangt, und Abweichungen von der Unternehmensphilosophie wurden bestraft. Gewerkschaften bekämpfte Musk mit aller Härte, und Kritiker wurden umgehend entlassen. Die Logik, die er im Unternehmensaufbau verfolgte, war die gleiche wie in seiner Kindheit: Nur die Starken überleben.

Wendepunkt zur politischen Radikalisierung

Sucht man nach einem Wendepunkt zu Musk’s Radikalisierung, scheint hier die COVID-19-Pandemie mitverantwortlich zu sein. Als die Tesla-Werke vorübergehend schließen mussten, empfand Musk dies als persönlichen Angriff auf seine Vision einer ungehinderten Marktgesellschaft.
Errol Musk verrät in einem Interview, dass vorallem die Marginalisierung von Tesla durch die Biden-Regierung, dazu führten, dass Musk sich zunehmend von der politischen Mitte entfernte und die extreme Rechte aufgriff. Dies gipfelte kurz danach in seiner Übernahme von Twitter 2022.

Er selbst kommentierte in einem Interview, dass es kein wirtschaftliches Manöver war. Auch sein Handeln lässt vielmehr eine politische Agenda vermuten: den Ausbau seines Einflusses auf die öffentliche Meinung.

Während er seine Übernahme als einen Akt der „Verteidigung der Meinungsfreiheit“ verkaufte, setzte Musk Twitter/X gezielt dafür ein, rechte und rechtsextreme Narrative zu fördern. Es wurden rechte und verschwörungstheoretische Accounts wiederhergestellt, während linke Stimmen unterdrückt wurden. Musk schuf so einen Raum, in dem radikale rechte Ideologien Normalität erreichten und zunehmend in den öffentlichen Diskurs integriert wurden.

Ein weniger öffentliches, aber für Musk möglicherweise ebenso entscheidendes Thema ist das Verhältnis zu seiner Tochter Vivian Wilson, die sich nach ihrer Geschlechtsumwandlung von ihm distanzierte. In Interviews und öffentlichen Äußerungen über den Vorfall betonte Musk seine Ablehnung gegenüber der transgeschlechtlichen Identität seiner Tochter. Vivian’s Entscheidung, den Namen Musk abzulegen, verdeutlicht die tiefen familiären Spannungen und symbolisiert eine tiefe Kluft zwischen Musks Vorstellungen von „Tradition“ und den modernen sozialen Bewegungen, die er zunehmend ablehnt.

Vom Milliardär zum politischen Akteur

Als Donald Trump das Department of Government Efficiency (DOGE) auf Vorschlag von Elon Musk gründete, übergab er damit einem der reichsten Männer der Welt direkten Einfluss auf staatliche Strukturen.
Als Leiter dieser Behörde bestimmt Musk nun, welche staatlichen Stellen „effizienter“ werden. Während er sich öffentlich als Gegner staatlicher Kontrolle inszenieren kann, formt er dabei ein System, in dem der Staat nach seinen wirtschaftlichen Interessen funktioniert.

Militärisch kann Musk mit Starlink als Werkzeug direkt in Konflikte eingreifen und entscheiden, wer Zugang zu essenziellen Kommunikationsnetzwerken erhält.

Seine Social-Media-Plattform ermöglicht es ihm zudem, den Diskurs so zu steuern, dass seine Ideologie und seine wirtschaftlichen Interessen geschützt bleiben.

Sein Vater sagte einst: „Elon ist gefährlich für faule und nutzlose Menschen.“ Doch in Wahrheit ist er gefährlich für jede Gesellschaft, die sich gegen eine Zukunft wehrt, in der eine Handvoll Milliardäre die Machtstrukturen der Welt dominieren.