Eleanor Marx

Eleanor Marx war mehr als nur Karl Marx‘ Tochter. Sie war eine revolutionäre Sozialistin, die sich sowohl für Frauenrechte als auch für die Befreiung der Arbeiter_innen aus ihrer Unterdrückung einsetzte. Als Aktivistin hat sie große Dinge vollbracht und war für viele Menschen eine einzigartige Zeitgenossin.
14. Oktober 2015 |

Am 16. Januar 1855 wurde Eleanor Marx als die jüngste Tochter von sieben Kindern in Soho, im Herzen Londons, geboren. Schon in jungen Jahren interessierte Eleanor sich wie ihre zwei älteren Schwestern Laura und Jenny für Politik und verbrachte viel Zeit mit ihrem Vater. Sie zeigte große Begeisterung für Literatur und übersetzte wichtige Werke wie „Das Kapital“ ihres Vaters.

Als junges Mädchen verfolgte sie den amerikanischen Bürgerkrieg, die Situation der immigrierten irischen Arbeiter_innen, mit denen sie sich aufgrund des Migrationshintergrunds ihrer Eltern identifizieren konnte, und die Revolution in Paris 1871, die ihre politische Einstellung für den Rest ihres Lebens prägen sollte.

Die Pariser Kommune

Als die Arbeiter_innen 1871 rebellierten und die Pariser Kommune gründeten, war Eleanor 16 Jahre alt. Die Pariser Kommune konnte in den 72 Tagen, in denen sie an der Macht war, mehr Rechte für die französische Arbeiter_innenklasse durchsetzen als jede andere Regierung zuvor. Die Kommune schaffte die Armee ab, gleicher Lohn und ein Scheidungsrecht wurden eingeführt.

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Die Familie Marx/Engels: Friedrich Engels und Karl Marx (stehend); vorne Marx’ Frau Jenny und ihre Kinder Laura und Eleanor (1864) © Quelle: Wikipedia, Colorierung: Neue Linkswende

Es waren diese Errungenschaften, die Eleanor in ihren Glauben an ein System fern von Unterdrückung und Diskriminierung bestärkten. Nach der blutigen Niederschlagung der Kommune nahm die Familie Marx Flüchtlinge bei sich auf, unter anderem das Kommunen-Mitglied Prosper-Olivier Lissagary, der Eleanors erster fester Partner wurde. Er fasste seine Erfahrungen in „Die Geschichte der Pariser Kommune“ zusammen, bei dem ihm Eleanor mit Übersetzung und Recherche-Arbeit unterstützte.

Die SDF und Internationalismus

1884 trat Eleanor der Sozialdemokratischen Föderation (SDF) bei, für deren Zeitung Gerechtigkeit sie schrieb. In der SDF breiteten sich aber Differenzen aus, weil der Parteichef Henry Hyndman, ein ehemaliges Tory-Mitglied, nationalistisch und antisemitisch angehaucht war und propagierte, dass Sozialismus nicht von den Arbeiter_innen selbst erkämpft werden könne, sondern ihnen von Sozialist_innen beigebracht werden müsse.

Diesen Elitarismus lehnte Eleanor ab und gründete mit wichtigen Sozialist_innen wie William Morris und Edward Aveling den Sozialistischen Bund, in dessen Zentrum die Selbstaktivität von Arbeiter_innen stand. Eleanor setzte dieses Prinzip und den Internationalismus in ihrer täglichen Praxis um, indem sie insbesondere migrantische Arbeiter_innen in Streiks und Kämpfe mit einzubeziehen versuchte. Sie erhielt in der Commonweal („Gemeinwohl“), der Zeitung des Sozialistischen Bunds, eine eigene Kolumne „Bilanz der revolutionären internationalen Bewegung“, in der sie von Kämpfen aus der ganzen Welt berichtete.

Das Jahrzehnt der Streiks

Im Jahr 1888 explodierten die Massenbewegungen und die „Neue Gewerkschaftsbewegung“ wurde geboren, in der Eleanor in der Organisation und Agitation eine zentrale Rolle spielte. Eines der wichtigsten Ereignisse im Jahr 1888 war der Streik von 1.400 Frauen aus den Streichholzfabriken in May und Bryant, die für höhere Löhne und besseren Arbeitsbedingungen kämpften. Nach drei Wochen Streik wurden ihre Forderungen erfüllt.

Zahlreiche Arbeiter_innen aus anderen Fabriken und Werkhäusern schlossen sich ihnen an und streikten für bessere Bezahlung und den Acht-Stunden-Tag. Ein Jahr später legten über 130.000 streikende Hafenarbeiter_innen den Verkehr auf der gesamten Themse in London lahm.

Frauenfrage

Eleanor Marx verknüpfte stets die Anliegen der Arbeiter_innen mit der Frauenfrage, denn in ihren Augen hatte eine proletarische Frau mehr mit einem proletarischen Mann gemeinsam als mit

In den Augen Eleanor Marx’ hatte eine proletarische Frau mehr mit einem proletarischen Mann gemeinsam als mit einer bürgerlichen Frau.

einer bürgerlichen Frau. Ihre Erfahrungen in den unterschiedlichen Arbeitskämpfen zeigten ihr, dass Frauenunterdrückung ein Produkt des Kapitalismus ist und ein Ende der Unterdrückung nur durch die gemeinsame Selbstaktivität von Männern und Frauen erreicht werden kann.

Nach ihrem unerwarteten Freitod 1898 behielten sie ihre Genoss_innen als eine enthusiastische, motivierte Revolutionärin in Erinnerung, die mit ihren Reden hunderte von Menschen begeistern konnte. Karl Marx meinte einst: „Jenny ist wie ich, Tussy (Eleanors Spitzname) ist ich.“

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.