Hass auf die Polizei ist Hass auf das System

Streiks, Aufstände, Riots: Mit der Black Lives Matter-Bewegung wächst weltweit der Druck auf die Mächtigen. Der Mord an George Floyd durch einen US- Polizisten wurde zum Symbol für ein ganzes System der Gewalt, dem sich die Menschen nicht mehr beugen wollen. Der Kampf gegen Rassismus ist ein Kampf gegen Kapitalismus.
30. Juni 2020 |

Schon vor Corona gab es eine weltweite Protestbewegung. Nachdem der Lockdown für eine Unterbrechung sorgte, kehren die Menschen jetzt mit aller Wucht auf die Straßen zurück. Die Ermordung des Schwarzen George Floyd durch einen Polizisten hat von den USA ausgehend eine riesige Welle von Protesten gegen Rassismus ausgelöst.

Wendepunkt gegen Rassismus

Kapitalismus ist historisch untrennbar mit Rassismus verbunden, aber ebenso mit antirassistischem Widerstand. Neu an den aktuellen Kämpfen der Black Lives Matter-Bewegung ist, dass sie getragen wird von einer Masse über alle Nationalitäten hinweg. People of Color kämpfen an der vordersten Front – aber nicht allein. Wir sehen eine riesige Solidarität mit allen von Rassismus betroffenen, aber auch das Bewusstsein, dass Rassismus als einer der stärksten Grundpfeiler des kapitalistischen Systems alle angeht.

Wir sehen eine junge, selbstbewusste Generation auf den Straßen. Eine Generation, die gar nicht mehr mit dem „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Märchen aufwächst, weil es längst entlarvt ist. Eine Generation, die mit Fridays For Future bereits Protesterfahrung hat; die den Zusammenhalt auf der Demo ebenso wie die Wut über die Untätigkeit der Mächtigen erlebt hat.

Corona und Klassenkampf

Viele Faktoren spielen bei den Aufständen mit. Eindeutig aber hat Corona dazu beigetragen. Das Virus hat gezeigt, dass für die Reichen andere Regeln gelten, als für die Armen, und diese Ungleichheit noch verstärkt. Der Lockdown ist im Haus mit Garten nunmal erträglicher als in der 2-Zimmer-Wohnung – oder auf der Straße. Rassismus trägt dazu bei, dass die davon betroffenen Menschen häufiger in Armut leben und gesundheitlich schlechter gestellt sind. In den USA sterben überdurchschnittlich viele Schwarze an Corona. Etwa 26 % der Einwohner_innen von Milwaukee in Wisconsin sind schwarz, sie machen aber 73 % der Todesopfer aus.

In Österreich wurden Asylsuchende eingesperrt und in Deutschland führten die katastrophalen Arbeits- und Wohnbedingungen für Angestellte der Fleischerei Tönnies zur Ausbreitung des Virus. Dort sind zum Großteil bulgarische, rumänische, polnische und mazedonische Arbeiter_innen beschäftigt. Kapitalismus profitiert davon, die Arbeiter_innen anhand von Nationalität, Geschlecht oder Hautfarbe zu spalten und so das Bewusstsein zu untergraben, über diese vermeintlichen Unterschiede hinweg zu einer ausgebeuteten Klasse zu gehören.

Schon seit Monaten steigt die Zahl der Streiks in den USA an, aber seit Beginn der Black Lives Matter-Proteste schießt die Zahl rasant in die Höhe. Innerhalb von drei Wochen wurden mehr als 500 Streiks verzeichnet. So weigerten sich Busfahrer_innen in Minneapolis, Gefangene von den Protesten zu den Polizeistationen zu transportieren. Mit Corona stellt sich auch die Frage: Wem gehört der öffentliche Raum? Infolge der geschlossenen Lokale treffen sich die Menschen vermehrt draußen. Dass sich in Stuttgart so viele Menschen mit einem Mann, der von der Polizei auf Drogen kontrolliert wurde, solidarisierten, mag auch daran liegen. Während die einen zuvor in den Clubs waren, waren diese für migrantische Jugendliche dank rassistischer Türsteher ohnehin oft tabu. Für sie gehört Polizeischikane zum Alltag. Mit den Ausgangsbeschränkungen machen plötzlich Menschen, die zuvor selten in Konflikt mit der Staatsgewalt gerieten, diese Erfahrung.

Polizei für die Herrschenden

Es ist ein Ausdruck von Klassenkampf, dass die Polizei im Fokus der Aufstände steht. Sie ist dazu da, die Interessen der herrschenden Klasse durchzusetzen. Weltweit sind es Polizisten, welche die Menschen, die ihre Rechte einfordern, verprügeln, mit Tränengas einnebeln und niederschießen. In den Ausschreitungen entlädt sich die lange aufgestaute Wut. Und gleichzeitig schwingt die Hoffnung auf ein besseres Zusammenleben mit. Aus den von Demonstrant_innen erkämpften selbstverwalteten Zonen, wie z.B. in Seattle, erreichen uns elektrisierende Berichte über das „Gefühl von Befreiung und Gemeinschaft“ in den Polizei-freien Arealen. Die Menschen wollen nicht länger ihr Leben für die Profite einiger weniger aufs Spiel setzen. Es ist Zeit, die Herrschenden – wie die Statuen ihrer Vorbilder – vom Sockel zu stoßen und gemeinsam mit diesem System der tödlichen Ungerechtigkeit in die Geschichte zu verbannen.