Identitäre hinter Brandanschlag auf Himberger Flüchtlingsheim

„Identitäre“ steckten hinter einem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Himberg bei Wien, sie wurden erst kürzlich ausgeforscht. Dass die Tatverdächtigen nicht für versuchten Mord belangt werden sollen, ist eine Riesenschweinerei. Es verwundert aber nicht, die „Identitären“ sind in Polizei und bis in die Ministerien gut vernetzt.
10. Dezember 2019 |

Ein Brandanschlag, der 2016 auf ein Flüchtlingsheim im niederösterreichischen Himberg verübt wurde, wurde nun drei Jahre später aufgeklärt. Von den vier Tatverdächtigen sollen drei aus dem Umfeld der Identitären sein. Mit Molotowcocktails versuchten sie, das Gebäude, in dem zu dem Zeitpunkt um die 100 Menschen lebten, in Brand zu stecken. Zum Glück wurde bei dem Angriff niemand verletzt. Ein LKW in unmittelbarer Nähe wurde mit dem Wort „Phalanx“ beschmiert, was sich auf den Identitären-Onlineshop Phalanx Europa bezieht. Bei Hausdurchsuchungen konnten von der Polizei unter anderem Material der Identitären, verbotene Waffen und NS-Devotionalien festgestellt werden. Einer der Verdächtigen soll außerdem in Chats Bilder mit NS-Hintergrund verschickt haben, darunter auch ein Foto von einem Hakenkreuztattoo auf seiner Brust.

So gewaltvoll wie die Sprache der Identitären ist – denn sie verwenden häufig Kampf- und Kriegsmetaphern – verwundert es auch nicht, dass irgendwann den Worten auch Taten folgen. Genau deswegen ist es auch eine Sauerei, dass die vier jungen Männer nicht des versuchten Mordes beschuldigt werden (denn was sonst ist die Absicht, wenn man ein Gebäude mit 100 Menschen in Brand stecken will?), sondern nur der Brandstiftung und Sachbeschädigung. Was sind denn auch Menschenleben gegen eine verkohlte Hausmauer? Wenn man bedenkt, wie gut rechtsextreme Identitäre mit Politikern und Ministerien vernetzt sind, wird deutlich, dass dieser verharmlosende Umgang mit ihnen System hat.

FPÖ und Identitäre

Auch wenn die FPÖ sich gern mal halbherzig von Identitären distanziert, kann man die Verbindungen nicht abweisen. Ein Dossier der Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch zu diesen Verflechtungen fasst zusammen, dass bei mindestens 48 Personen aus der FPÖ direkt oder aus ihrem Mitarbeiterumfeld, direkter oder indirekter Kontakt nachgewiesen werden kann. Stefan Juritz, ehemaliger Obmann des Rings Freiheitlicher Jugend Deutschlandsberg und Chefredakteur der Tagesstimme, ist langjähriger Aktivist bei den Identitären.

Der persönliche Referent der ehemaligen FPÖ-Sozialministerin Hartinger-Klein, Dominic Keuschnig, hat ebenfalls Verbindungen zu Identitären-Chef Sellner und Co. Ihr Fachreferent Thomas Hüttner nahm mit Mitgliedern beim rechtsextremen Kongress Verteidiger Europas teil. Hartinger-Kleins Ehemann, ebenfalls FPÖ-Politiker, teilte sich mit der Burschenschaft Arminia Czernowitz die Villa Hagen, in der auch der Sitz der oberösterreichischen Identitären untergebracht war. In der Öffentlichkeitsarbeit des schwarzblauen Sportministeriums gab es einen Mitarbeiter, der auf “Identitären”-Demos mitmarschierte. Ein Mitarbeiter des Außenministeriums ließ sich in “Identitären”-T-Shirts ablichten. In Kickls Innenministerium wurde der ehemalige Chefredakteur des rechtsextremen Onlinemediums unzensuriert, Alexander Höferl, beschäftigt, der aus seiner Sympathie mit den Identitären kein Geheimnis macht.

Mario Eustaccchio (ganz links) umgeben von Identitären © Peter Palme Flickr

Laut SOS Mitmensch arbeitet im Team des blauen Nationalratsabgeordneten Christian Pewny ebenfalls eine “Identitäre”.
Wenn man sie nicht gerade bei sich im Ministerium arbeiten lässt oder ihnen Räume vermietet, lassen FPÖ-Politiker keine Gelegenheit aus, sie zu verteidigen oder sie zu verharmlosen. Strache bot den „Identitären“ immer wieder auf seiner Facebookseite eine Plattform, indem er ihre Beiträge teilte. In seinen Postings bezog sich Strache immer wieder mit dem Begriff „Bevölkerungsaustausch“ auf die rassistische Ideologie dieser Gruppe. Der Grazer FPÖ-Vizebürgermeister Mario Eustacchio sah trotz Sellners Verbindung zum Christchurch-Attentäter Tarrant keinen Grund, sich von der Gruppe zu distanzieren.

Vorgewarnt

Es gibt ebenfalls Hinweise, dass die Strafjustiz bei Sellner und seinen Anhängern gern mal ein Auge zudrückt: So soll dieser vor einer Wohnungsdurchsuchung vorab von Beamten gewarnt worden sein. Die Beamten haben mehrere Minuten vor Sellners Tür gewartet, obwohl sie aus der Wohnung Geräusche hören konnten.
Das sind keine sogenannten Einzelfälle mehr, sondern das ist ein klares Muster. Und da soll man sich noch wundern, dass die vier Brandstifter so glimpflich davonkommen?