Kanada: „Liberale“ Regierung terrorisiert Klimaaktivisten und Journalisten

Schwerbewaffnete Polizeieinheiten verhafteten am Donnerstag mehrere Klimaschutz-Aktivist_innen im Norden der kanadischen Provinz British Columbia und bedrohten Journalist_innen. Indigene Gruppen blockierten den Bau der Coastal GasLink Pipeline (CGL), die quer durch das Land der Wet’suwet’en führen soll.
8. Februar 2020 |

Die kanadische Polizei startete am 6. Februar eine neue Offensive gegen Umweltschützer_innen im Norden der Provinz British Columbia. Die Royal Canadian Mounted Police (RCMP) rückte mit Sturm- und Scharfschützengewehren bewaffnet und schweren Bulldozern gegen ein Protestlager der indigenen Bevölkerung der Wet’suwet’en vor, verhaftete sechs Aktivist_innen und bedrohte mehrere Journalist_innen. Sie sollen den Weg für den Bau der Coastal GasLink pipeline (CGL) frei räumen.

 „Hier ist ganze eine gottverdammte Armee“, sagte Woos, oberster Häuptling der Wet’suwet’en, gegenüber CBC News. „Sie tragen Waffen, sie tragen Einsatzausrüstung. Sie sehen aus, als würden sie in einen Krieg ziehen.“ Die Polizei ging dabei rigoros gegen kritische Journalist_innen vor. Die Canadian Association of Journalists (CAJ), die Vereinigung der Journalisten in Kanada, bestätigte mehrere Fälle, in denen die Polizei Medienvertreter_innen an Ort und Stelle mit der Verhaftung drohte.

„Schande über die RCMP! Schande über die Kolonisatoren!“, riefen Bewohner_innen des Protestlagers, wie VICE vor Ort berichtet hat. Sie widersetzen sich der gerichtlichen Anordnung auf Evakuierung ihres Landes.

Die First Nations, die Ureinwohner_innen Kanadas, wehren sich seit Jahren gegen Pipeline-Projekte, die Öl und Erdgas aus der Provinz Alberta an die Westküste für den Export auf den Weltmarkt bringen sollen. Pipelines, die mitten durch ihr Land führen, wie eben die vier Milliarden Euro teure und 670 Kilometer lange CGL Pipeline für Flüssigerdgas (LNG). Die Fernleitung ist ein Projekt des fossilen Großkonzerns TC Energy (vormals TransCanada Corporation), der 2018 einen Reingewinn von 3,2 Milliarden Euro erwirtschaftete.

Recht und Ordnung

Bereits im Jänner 2019 führte die Polizei eine Razzia im Protestcamp des Clans der Gitimd’en durch und verhaftete 14 Aktivist_innen. Die Sicherheitskräfte hatten dabei Schussfreigabe für tödliche Waffen, wie interne Polizeiberichte zeigen, die dem britischen Guardian zugespielt wurden. Nur wenige Tage später hielt Kanadas Premierminister Justin Trudeau von der Liberalen Partei eine Lobeshymne auf die CGL Pipeline. Er verteidigte den brutalen Polizeieinsatz gegenüber CBC Radio: „Wir sind ein Land, in dem das Recht herrscht.“

Die wirtschaftsliberale Regierung Kanadas macht der fossilen Industrie den Hof. Sie fördert insbesondere den extrem umweltschädlichen Abbau von Ölsanden um den Fluss Athabasca in Alberta. Bei der Produktion fallen dreimal so hohe Treibhausgasemissionen an, ganze Landstriche werden großflächig wie bei einem Tagebau umgegraben und die regionalen Gewässer werden durch einen enormen Wasserverbrauch und Abwasser in Mitleidenschaft gezogen.

Fossile Komplizenschaft

Dennoch schrieben österreichische Zeitungen nach der Wiederwahl Trudeaus im Herbst 2019: „Kanada: Ein Sieg für den Klimaschutz“. Trudeau gilt im Klimaschutz immer noch als „Everybody’s Darling“ in weiten Teilen der Europäischen Union (EU), insbesondere beim Kohlesünder Deutschland. Die deutsche Botschafterin in Kanada, Sabine Sparwasser, kündigte nach Trudeaus Wahl an: „Wir werden im Klimaschutz sehr eng und energisch zusammenarbeiten.“

Mehrere hundert Menschen protestierten in Solidarität mit den Wet’suwet’en in Montreal gegen das Vorgehen der Polizei. Foto: Climate Justice Montreal

Kanada zeigt, dass der Klimaschutz, den die Mächtigen meinen, nur eine hohle Phrase ist, und dass sie bereit sind, tödliche Gewalt zur Verteidigung des fossilen Kapitalismus einzusetzen. Die Arbeiter_innen müssen den Herrschenden im Bündnis mit indigenen und unterdrückten Bevölkerungsgruppen die Kontrolle entreißen, damit echter Umweltschutz erkämpft werden kann.