Schwarz-Blau hat keine Mehrheit für Rassismus und Sozialabbau

Das Wahlergebnis verschleiert, dass über 1,1 Millionen Menschen überhaupt nicht wahlberechtigt waren und sich fast 1,3 Millionen Menschen von keiner Partei vertreten fühlen. Bezieht man diese Menschen mit ein, kommen FPÖ und ÖVP nur auf schwache 38,6 Prozent.
21. Oktober 2017 |

„Fast 60 Prozent haben heute das FPÖ-Programm gewählt“, sagte der freiheitliche Parteichef Heinz-Christian Strache am Wahlabend. Das hätte er wohl gerne, stimmt aber nicht. Wir dürfen uns über die 57,4 Prozent für Schwarz-Blau nicht täuschen lassen. Schwarz-Blau hat kein Mandat für Rassismus und Sozialabbau. Zwei Faktoren bleiben im Wahlergebnis unberücksichtigt: Die Nicht-Wahlberechtigten und jene Menschen, die sich von keiner Partei vertreten fühlen, und die nicht oder ungültig gewählt haben. Bezieht man sie mit ein, kommen FPÖ und ÖVP nur auf 38,6 Prozent.

Über 1,1 Millionen Menschen waren laut Statistik Austria überhaupt nicht wahlberechtigt, obwohl sie oft schon jahrzehntelang hier in Österreich leben und arbeiten. Sie haben viele Pflichten, aber wenig Rechte, denn sie haben den falschen Pass. In Wien ist das jeder Vierte, in Ausländerbezirken wie Rudolfsheim-Fünfhaus sogar jeder Zweite. Nicht wahlberechtigt sind demnach 161.900 Menschen aus Deutschland, 102.000 aus Serbien, gefolgt von 97.700 aus der Türkei, 83.300 aus Bosnien und Herzegowina und 76.800 aus Rumänien und eine weitere Viertelmillion aus Kroatien, Ungarn, Polen, Afghanistan und der Slowakei.

Ein Drittel nicht wahlberechtigt oder Nichtwähler

Rund 1,3 Millionen Menschen fühlen sich von keiner Partei repräsentiert und gingen nicht zur Wahl. Weitere 51.000 Menschen haben ungültig gewählt. All diese Gruppen zusammen – die Nicht-Wahlberechtigten und Menschen, die nicht oder ungültig gewählt haben – bilden mit 32,7 Prozent (knapp 2,5 Millionen Menschen) den größten Block der über 16-Jährigen in Österreich. Die Zahlen im Detail:

Personen Ergebnis bezogen auf gültige Stimmen Ergebnis bezogen auf alle über 16 Jahre
nicht wahlberechtigt, nicht gewählt und ungültig 2.465.511 32,7%
    nicht wahlberechtigt 1.134.442 15,1%
    nicht gewählt 1.280.119 17,0%
    ungültig 50.950 0,7%
SPÖ 1.361.746 26,9% 18,1%
Schwarz-Blau 2.911.968 57,4% 38,6%
    ÖVP 1.595.526 31,5% 21,2%
    FPÖ 1.316.442 26,0% 17,5%
Weitere Parteien 796.215 15,7% 10,6%
    Grüne 192.638 3,8% 2,6%
    NEOS 268.518 5,3% 3,6%
    Liste Pilz 223.544 4,4% 3,0%
    Sonstige 111.515 2,2% 1,5%

Wahlergebnis nicht anerkennen

Wir dürfen annehmen, dass der Großteil der 1,1 Millionen Nichtwahlberechtigten für linke Parteien gestimmt hätte. Bei der Pass Egal Wahl von SOS Mitmensch haben sich knapp 1.900 Menschen ohne österreichischen Pass beteiligt, und es stimmten über 37% für die SPÖ, 32% für die Grünen, 12% für KPÖ+. Die FPÖ erhielt nur 2%. Gerd Valchars von der Universität Wien gegenüber der Wiener Bezirkszeitung. „Man kann Wahlkampf auf dem Rücken dieser Menschen austragen, ohne von ihnen bestraft zu werden – sie könnten ja auch keine Partei nicht wählen.“

Wir dürfen auch davon ausgehen, dass die Linke mehr von den 1,6 Millionen Nichtwähler_innen hätte mobilisieren können, als die Rechte, wenn sie mehr Kante gegen Rechts gezeigt hätte. ÖVP und FPÖ konnten fast alle Hofer-Wähler_innen vom Dezember 2016 für sich mobilisieren, nur 70.000 davon gingen nicht zur Wahl. Das Van der Bellen-Lager wurde hingegen demobilisiert, hier gingen 183.000 Menschen nicht zur Wahl. Zwei Drittel Van der Bellen ihre Stimme, um Norbert Hofer zu verhindern, das sind 1,6 Millionen Menschen. SPÖ und Grüne haben dieses Hauptwahlmotiv sträflich ignoriert.

Bezieht man die Wahlergebnisse nicht auf die gültigen Stimmen sondern auf alle Menschen, die in Österreich mindestens 16 Jahre alt sind, verringern sich die Stimmanteile der Parteien dramatisch. Der größte Block: Über 1,1 Millionen Menschen waren nicht wahlberechtigt, obwohl sie hier leben, und fast 1,3 Millionen Menschen fühlten sich von keiner Partei repräsentiert und sind nicht zur Wahl gegangen.

 

Die Zahlen beweisen, dass ÖVP und FPÖ keine Mehrheit in diesem Land haben, und sie zeigen das riesige Potenzial auf, dass wir für den Aufbau einer breiten und schlagkräftigen antirassistischen und antifaschistischen Bewegung haben. Wir haben die Mehrheit im Rücken und haben allen Grund dazu, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen. Es gibt kein Mandat der Bevölkerung für Rassismus und Sozialabbau.