Seien wir unrealistisch und fordern wir das Naive: mehr Geld für Bildung!

Die neue uniko-Präsidentin Sonja Hammerschmid will weitere Hürden für Studierende umsetzen. Widerstand von unten ist nötig, um die neuen Verschlechterungen zu verhindern.
11. Januar 2016 |

Gleich in ihrer Antrittspressekonferenz forderte Sonja Hammerschmid, Präsidentin der Universitätenkonferenz (uniko), weitere Zugangsbeschränkungen, nämlich die kapazitätsorientierte Studienplatzfinanzierung: „Wir brauchen Zugangsregelungen.“ Diese seien ihr wichtig, weil sie wolle, „dass die Studierenden die bestmögliche Ausbildung bekommen“, erklärte sie im Interview mit dem Standard.

Weiters sagte sie: „Ich verstehe nicht, warum gerade die Studierendenvertreter sagen, sie wollen offene Zugänge … Es ist völlig unrealistisch, dass mit einem Schlag so viel mehr Ressourcen in die Lehre fließen, dass die Betreuungsverhältnisse passen. Das ist naiv.“ Anstatt den eigenen Wunsch nach „bestmöglicher Ausbildung“ ernsthaft zu verfolgen, das heißt eine Ausfinanzierung der Unis anzustreben, gibt sie lieber gleich klein bei und opfert die Möglichkeiten auf Bildung für jene, die durch Zugangsbeschränkungen von den Unis fern gehalten werden.

Ausfinanzierung einziger Weg

Hammerschmids Strategie bestärkt die Regierung in ihrer aktuellen, neoliberalen Bildungspolitik anstatt sie unter Druck zu setzen. Um tatsächliche Verbesserungen zu erreichen, bedarf es zusätzlicher Mittel. Daran führt kein Weg vorbei. In diesem Sinn: Seien wir unrealistisch und fordern das Naive!

Hammerschmids Strategie bestärkt die Regierung in ihrer aktuellen, neoliberalen Bildungspolitik anstatt sie unter Druck zu setzen.

Zu Recht kritisierte die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) das Präsidium der uniko. „Gleich zu Beginn vor dem Ministerium einzuknicken“, meinte ÖH-Vorsitzender Philip Flacke, „ist ein großer Fehler.“ Seine Aufforderung an die uniko hinsichtlich der Ausfinanzierung der Universitäten, „mit den Studierenden an einem Strang zu ziehen und nicht gegen sie zu arbeiten“, wird wohl auf taube Ohren stoßen. Vielmehr ist es notwendig, zusätzlich zum Kampf um mehr Geld für die Unis, auch den Widerstand gegen weitere Zugangsbeschränkungen aufzubauen.

Die aktuellen Aussagen von Hammerschmid und ihrem Vize Oliver Vitouch zeigten abermals, wo die Fronten dieser Kämpfe verlaufen. Letzterer beteuerte: „Wenn man die aktuelle Studierendenzahl mit den Kosten pro Studienplatz multipliziere und eine zu große Summe herauskomme, müsse man die Studierendenzahl eben verringern.“ Das Wissenschaftsministerium dürfe sich nicht „vor Furcht unter dem Tisch verkriechen“. Tatsächlich verkriechen sich die Rektor_innen! Es ist ein Trugschluss, die Studierendenzahl zu reduzieren anstatt auf der anderen Seite der Gleichung die Mittel zu erhöhen.

Soziale Selektion

Zugangsbeschränkungen verstärken die soziale Selektion – eine Realität vor der Hammerschmid nicht die Augen verschließen kann, auch wenn sie beteuert, sie selbst sei „das beste Beispiel dafür, dass man als Arbeiterkind studieren kann.“ Sie studierte von 1986 bis 1995 – ohne Studiengebühren, ohne Zugangsregelungen und mit einem besseren Betreuungsverhältnis. Seit den 1980er-Jahren hält das Wachstum der Hochschulausgaben mit jenem der Studierendenzahlen nicht mehr Schritt und die realen Ausgaben pro Studierendem nehmen seither ab.

Das Kaputtsparen des Bildungssystems: Ein Rückblick

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Dies macht deutlich, dass es an der Finanzierung der Universitäten mangelt. Die Einführung von Zugangsbeschränkungen ist eine Strategie, die die soziale Selektion erhöhen wird. Schon jetzt ist der Anteil von Akademikerkindern an den Hochschulstudierenden 2,5 mal so hoch, wie es ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entspricht. Aufnahmetests werden diese Schieflage nicht verbessern, sondern im Gegenteil, die Diskriminierung bildungsferner Schichten beim Wechsel von der Schule auf die Uni noch weiter ausdehnen. Dies gilt es zu verhindern! Dazu müssen wir Widerstand gegen die Regierung und, wie nun offenkundig wurde, auch gegen die Rektor_innen, aufbauen.

Hammerschmid ist von der Wissenschaft ins Management gewechselt, weil es sie frustriert habe, wenn Experimente nicht aufgegangen sind. Frustrieren wir sie und sorgen wir dafür, dass ihr bildungspolitisches Experiment, weitere Zugangsbeschränkungen einzuführen, nicht aufgeht!

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.