Streiks in Spitälern: „Ich glaub schon, dass es besser wird, wenn wir streiken“

Knapp ein Viertel der Krankenhäuser Österreichs sind Ordensspitäler. Dort arbeiten circa 10.000 Menschen. Ende November 2022 streikten die Beschäftigten der Ordensspitäler Göttlicher Heiland, Herz-Jesu, Barmherzige Schwestern, Barmherzige Brüder, Speising und St. Josef. Vom Streik der Ordensspitäler berichtet die Ergotherapeutin Eva Promitzer-Graf in Gespräch mit Linkswende.
29. Dezember 2022 |

Eva: Ich arbeite im Herz-Jesu-Spital, einer orthopädischen Klinik gemeinsam mit etwa 300 anderen Beschäftigten. Bei der Betriebsversammlung wurde über die Streikbereitschaft abgestimmt. Nahezu 100 Prozent der Beschäftigten haben sich bei einer Befragung für einen Streik ausgesprochen. Nach den Verhandlungen hatten wir eine Betriebsversammlung und dann den Warnstreik. Zuvor gab es von den Arbeitgebern das Angebot von rund sieben Prozent, nicht einmal eine Inflationsabgeltung.

Was fordert ihr?

Unsere gewerkschaftliche Hauptforderung sind die bekannten „500 Euro gegen die Teuerung“. Ich denke, die Gewerkschaft vida macht das eigentlich besser, weil sie nicht über Prozente spricht. Die Lohnschere wird nämlich kleiner, wenn auch Niedrigverdienende 500 Euro bekommen, genau wie Ärzte. Für die Pflegerinnen und Pfleger sind 500 Euro pro Monat mehr natürlich relevanter. Der Handlungsbedarf in der Pflege ist riesig. Wir haben jetzt schon einen Pflegenotstand. Jetzt arbeiten sie schon mit Pool-Diensten, um in Stoßzeiten fehlendes Personal auszugleichen. Das Pflegepersonal kommt mit Nacht- und Wochenenddiensten nicht zur Ruhe. Bei uns geht es vor allem um Solidarität mit ihnen.

Warum sollen Ärztinnen und Ärzte im Spital auch 500 Euro mehr bekommen?

Im Krankenhaus verdienen sie weniger als Wahlärzte, haben dafür viel schlechtere Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen. Es gibt ohnehin schon zu wenige Kassenärzte. Es sollte schon attraktiv belohnt werden, dass sie die Arbeit machen. Ohne sie wäre unsere Zwei-Klassen-Medizin noch ärger. Aus Medienberichten sind mir Gefährdungsanzeigen, von anderen Krankenhäusern bekannt, mit der Abteilungen ihre Personalnot aufzeigen. Die Wartelisten für manche Therapien oder Behandlungen sind teilweise zwei Jahre. Der Gesundheitszustand verschlechtert sich in der Zwischenzeit und Leute verzweifeln. Die meisten können sich schnellere medizinische Versorgung beim Wahlarzt privat nicht leisten. Die Gesundheitsarbeitsplätze müssen generell besser bezahlt und attraktiver werden. Neue gute Jobs sollten geschaffen werden, dann würden mehr Leute da arbeiten.

Wie ist die Streikstimmung unter den Kolleg_innen?

Betriebsversammlungen waren früher mager besucht. Jetzt bei den letzten Malen waren alle, bis auf den Notdienst, dabei. Es waren bei uns auch alle OPs gesperrt und sämtliche Kolleginnen und Kollegen von allen Abteilungen dabei. Das Angebot der Arbeitgeber ist eigentlich eine Frechheit, vor allem für die vielen Schlechtverdiener_innen. Und im Gesundheitsbereich arbeiten sehr viele Frauen. Einmalzahlungen bringen sowieso wenig. Wenn das dann noch aliquot bei Teilzeit ausbezahlt wird, bleibt kaum was. Geld gibt es genug und ich glaub schon, dass es besser wird, wenn wir streiken. Der Reichtum ist halt zu ungerecht verteilt. Mit Erbschafts- und Reichensteuern ginge eine notwendige Ausfinanzierung von Pflege bis zu den Kindergärten. Die Solidarität untereinander ist in den letzten Jahren durch die vielen Krisen bei uns jedenfalls gewachsen und wir sind kampfbereit.