USA: Explodierende Streikzahlen für mehr Corona-Schutz am Arbeitsplatz

Seit den 1980er Jahren gab es in den USA nicht mehr so viele Streiks wie derzeit. Die Arbeiter_innen kämpfen für ihre Sicherheit und fordern Gefahrenzulagen. Eine neue Plattform, Payday Report, vernetzt die Kämpfe.
22. Juni 2020 |

Wenn es nach US-Präsident Trump ginge, soll trotz Corona weiter auf engstem Raum zusammengearbeitet werden, ohne Schutzkleidung und angemessene Bezahlung. Als Antwort bekommt er landesweite Arbeitskämpfe. In bisher über 190 Streiks fordern sie: „Schützt eure Arbeiter_innen!“

Schon seit Längerem steigen die Streikzahlen in US-Betrieben an; 2019 verzeichnete mit einer Beteiligung von über 500.000 Arbeiter_innen an größeren Streiks die höchste Zahl seit den 80er Jahren. Seit Anfang März beschleunigt sich diese Entwicklung rasant. Weil mit dem Corona-Lockdown für viele die Not sehr akut ist, brechen vermehrt spontane „Wildcat“-Streiks (Streiks ohne gewerkschaftliche Organisierung) aus. So z.B. in mehreren Call Centern der Firma CapTel im Bundesstaat Wisconsin. Mit dem Lockdown stieg das Arbeitspensum, jedoch nicht die Löhne. Da die Bosse nicht einlenkten, riefen mehrere dutzend Angestellte zur Arbeitsniederlegung auf – innerhalb kürzester Zeit erstritten sie bezahlte Pausen, einen „Anerkennungsbonus“ von 300 Dollar und einen Lohnzuschlag von 2 Dollar je Stunde.

Einen weiteren Erfolg konnten die Arbeiter_innen in der Fleischverpackungsindustrie, wo besonders beengte und unhygienische Zustände herrschen, erringen: Sie stellten sich dem direkten Angriff Trumps – der ankündigte, mit allen Befugnissen der Regierung dafür zu sorgen, dass die Fleischindustrie nicht eingeschränkt werde – entgegen und erstreikten die Schließung einiger Werke.

Die Macht der Arbeiterinnen

In der Öffentlichkeit werden diese Arbeitskämpfe weitgehend ignoriert, auch weil kleinere regionale Medien derzeit nur eingeschränkt berichten. Dafür wurde eine neue Plattform gegründet, der Payday Report. Auf einer interaktiven Karte wird die „COVID-19 Streikwelle“ dokumentiert und laufend ergänzt. Mit einem Klick auf die eingezeichneten Streik-Punkte erscheinen Details zum jeweiligen Kampf. Auch auf Wikipedia werden die weltweiten Streiks im Zusammenhang mit Corona gesammelt. Der Gründer der Plattform, Mike Elk, will damit nicht nur informieren, sondern auch Motivation für weitere Kämpfe liefern und zeigen, dass die Arbeiter_innen nicht alleine sind. „Wenn die Arbeiter_innen erst einmal realisieren, welche Macht sie haben, werden sie das nicht mehr vergessen“, so Elk. Die Erklärung für den Anstieg der Kämpfe sieht er darin, „dass die Arbeiter_innen traditionell Angst haben, zu streiken, weil sie Angst haben, dann ihre Jobs zu verlieren. Jetzt haben sie Angst, ihr Leben zu verlieren“. Aber sie wollen nicht länger ihr Leben für Konzerne aufs Spiel setzen. Diese Streikwelle wird nicht so schnell abebben.