Neonazis haben Freunde in der Justiz
Die Grazer Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren gegen Kader der Neonazibewegung „Identitäre“ eingestellt. Laut einer Anzeige von vier jungen Antifaschist_innen haben im Jänner 2016 sechs Neonazis eine Gruppe von vier jungen Antifaschist_innen überfallen, ausgerüstet mit Teleskopschlagstock und Quarzhandschuhen. Einer hatte einen Mundschutz, wie ihn Boxer verwenden, getragen.
Die Neonazis sollen ihre Opfer ausspioniert, verfolgt und sie nach einer Demonstration am Weg zu ihrem Auto überfallen haben, lautete der Vorwurf in der Anzeige. „Er hat mir beide Hände um den Hals gelegt und mich gewürgt“, schilderte eine junge Frau, der es gelang, Bilder des Überfalls auf ihrem Handy festzuhalten.
Täter eindeutig identifiziert
Dank dieser Aufnahmen konnten die Angreifer identifiziert werden. Sie gehören wie gesagt zu der Gruppe der „Identitären Bewegung Österreichs“, einer relativ jungen Neonazi-Bewegung, deren Anführer aus der berüchtigten rechtsextremen Burschenschaft „Olympia“ und dem Umfeld des Neonazi-Führers Gottfried Küssels kommen. Die Olympia war zwischen 1962 und 1973 verboten worden, weil „sie als organisatorisches Zentrum des neonazistischen Südtirol-Terrors fungiert hatte“, dem an die 30 Menschen zum Opfer fielen, schreibt Hans-Henning Scharsach in seinem Buch Strache – Im braunen Sumpf.
Staatsanwalt Florian Farmer ließ die Anklage mit der zynisch anmutenden Begründung fallen, man wollte den Antifaschisten keine „erhöhte Glaubwürdigkeit“ zusprechen und nannte deren Verletzungen „nicht zuordenbar“. Die bestens vernetzten Neonazis haben nämlich ihrerseits Anzeige erstattet und die vier Linken wurden ebenfalls als Täter geführt. Eigentlich ein unfassbarer Skandal, der in einem Land mit einer antifaschistischen Verfassung zu einer Verfassungskrise führen sollte. Bis auf einzelne lobenswerte Medienberichte ist aber gar nichts geschehen.
Entnazifizierung
Und das ist der Punkt: Man kann und darf sich im Kampf gegen den Faschismus nicht auf die Justiz verlassen, und schon gar nicht in Österreich, wo niemals ein Bruch zwischen Nationalsozialismus und Zweiter Republik stattgefunden hat, wo Nazirichter sich einfach ein rotes oder schwarzes Parteibuch besorgt haben, im Amt blieben und dort ihre Nachfolger aufgebaut haben.
Besonders der Justizapparat ist bis heute durchsetzt von deutschnationalen Burschenschaftern. Es gibt zwar Versuche, die Justiz zu säubern, aber sie dürften genauso viel wert sein, wie der Antifaschismus in der Verfassung.
Justizminister Wolfgang Brandstetter will nach einem anderen Skandalurteil vom Februar dieses Jahres mit Wertekursen für eine „verstärkte Bewusstseinsbildung“ bei angehenden Richtern und Staatsanwälten sorgen. Das hat sicher für heiteres Lachen bei den Burschenschaftern gesorgt.
Aula-Skandal
Der Anlass ist ein Höhepunkt unter den „braunen“ Urteilen der jüngsten Zeit. In einem Artikel des freiheitlichen Magazins Aula wurden die Überlebenden des Konzentrationslagers Mauthausen als „Landplage“ und „Massenmörder“ beschimpft. Überlebende hätten nach ihrer Freilassung „raubend und plündernd, mordend und schändend“ das „unter der ‚Befreiung‘ leidende Land“ geplagt.
Eindeutige nationalsozialistische Propaganda – sollte man meinen. Der grüne Nationalratsabgeordnete Harald Walser erstattete Anzeige gegen den Autoren Manfred Duswald und gegen den „Schriftleiter“ der Aula, Martin Pfeiffer.
Die Grazer Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein, und ließ unverhohlen Zustimmung zur Aula-Diktion durchblicken: „Es ist nachvollziehbar, dass die Freilassung mehrerer tausend Menschen aus dem Konzentrationslager Mauthausen eine Belästigung für die betroffenen Gebiete Österreichs darstellte.“ Weiters heißt es: „Dies ist auch nach der allgemeinen Lebenserfahrung nachvollziehbar, da sich unter den Inhaftierten (unbestritten) Rechtsbrecher befanden.“
Der Historiker und Lagerexperte Bertrand Perz meinte, die Staatsanwaltschaft setze hier „eigentlich die NS-Propaganda fort“. Es gibt bisher weder ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Staatsanwalt oder sonstige personelle Konsequenzen. Man darf der Justiz im Kampf gegen Faschismus nicht vertrauen!