Die FPÖ an Sozialpolitik zu messen, verharmlost sie

Es ist ein fataler Fehler, die FPÖ nur wegen ihrer wirtschafts- und sozialpolitischen Grundsätze anzugreifen oder wegen ihrer Haltung zur EU. Die Freiheitlichen teilen ihre wahren Grundsätze nicht gerne mit der Öffentlichkeit, ihr oberstes Prinzip ist Machteroberung!
27. Juni 2017 |

Wer denkt, man könne die FPÖ wirksam bekämpfen oder gar zähmen, indem man ihre Sozialpolitik aufs Korn nimmt, der unterliegt einem schwerwiegenden Irrtum. Was die FPÖ wirklich vom ganzen Spektrum anderer Parteien in Österreich unterscheidet, ist ihre weitgehend verborgene ideologische Ausrichtung. Man kann diese als radikal deutsch-nationalistisch bezeichnen, und zwar nicht im Sinne eines Deutschnationalismus des 19. Jahrhunderts, als deutschnational gleichbedeutend war mit Gegnerschaft zum deutschen Feudalismus mit seiner notorischen Rückständigkeit.

Unterschätzte Ideologie

Die Deutschtümelei der FPÖ ist Post-Nazidiktatur-Deutschnationalismus, ein Beharren auf einer Ideologie, die im Holocaust geendet hat, im verheerendsten Krieg aller Zeiten und der menschenverachtendsten Diktatur, die je gewütet hat.

Für diese Treue zum Nationalsozialismus gibt es massenweise Belege. Anton Pelinka hat die FPÖ als die „indirekte Nachfolgepartei der NSDAP in Österreich“ bezeichnet. Die Haltung wird zwar nicht wirklich versteckt, allerdings wird sie von den Gegnern der FPÖ auch nicht breitgetreten.

Man weiß zwar, dass viele ihrer Politiker in dieser Tradition stehen, aber man streitet ab, dass sie Faschismus als politisches Projekt betreiben. Schließlich benimmt sich die FPÖ als Partei nicht so, wie man es nach den historischen Erfahrungen von einer faschistischen Partei erwarten sollte. So baut sie etwa keine militant rassistische und gewerkschaftsfeindliche Straßenbewegung auf und keine paramilitärischen Verbände.

Kreide gefressen

Es findet tatsächlich eine Debatte unter Antifaschist_innen statt, ob eine Partei, deren Führungsmannschaft zum Großteil aus deutschnationalen Burschenschaftern besteht, etwas anderes sein kann, als eine faschistische Partei, und Entwarnung ist die vorherrschende Reaktion darauf.

Wir sind anderer Meinung, wenn wir auch sehen, dass die FPÖ viele der Kriterien nicht erfüllt, die sie zweifellos als faschistisch gelten lassen würden.

Zum Beispiel hätten wir erwartet, dass sie sich viel weniger um die Sorgen der österreichischen Eliten kümmert, und weiter fundamentale Oppositionspolitik betreibt. Sie hat kürzlich ein Bekenntnis zur EU abgelegt und biedert sich förmlich als künftiger Koalitionspartner an. Damit setzt die FPÖ-Führung viel aufs Spiel, es könnte sie zerreißen. Schließlich hat sie Elemente in sich, wie die Mitglieder der Identitären oder ihren Jugendorganisationen, die so reagieren werden, wie Strache und Konsorten auf die Regierungsbeteiligung ab dem Jahr 2000 reagiert haben, mit einem Putsch!

Faschismusnähe unverzeihlich

Für die Wähler_innen ist die Frage weniger theoretisch, ihnen reicht es zu wissen, dass eine Partei mit dem Faschismus liebäugeln könnte, und sie lehnen sie konsequent ab. Norbert Hofer hat das erfahren müssen, als eine immer breitere Öffentlichkeit es wahrgenommen hat, dass die FPÖ mit der blauen Kornblume tatsächlich ein Symbol des Nationalsozialismus im Parlament zur Schau getragen hat. Leider ist diese Tatsache nicht zum Allgemeinwissen geworden, aber es hat Hofer so sehr geschadet, dass er schließlich entnervt versucht hat, sich vom Tragen der Kornblume zu verabschieden.

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Deshalb ist es taktisch gesehen, vorerst egal, ob die FPÖ den Weg einer faschistischen Partei durchhält. Dass sie aus dieser Tradition kommt und dass ihren führenden Politikern eine Nähe zum Nationalsozialismus nachgewiesen werden kann, ist für die Wahlen das entscheidende Merkmal der FPÖ, nicht ihr unsoziales Wirtschaftsprogramm und nicht ihre wankelmütige Haltung zur EU.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.