Black Panthers und Gay Liberation Front: Unite and fight!
Im Jahr 1968 tobte der Vietnamkrieg – und dagegen entstand in den USA eine riesige Antikriegsbewegung. Sie verstärkte die Entwicklung und das Aufblühen anderer Bewegungen von Unterdrückten, die für die Gleichberechtigung von Frauen, Homosexuellen sowie für gleiche Rechte von schwarzen und weißen Menschen auf die Straße gingen.
Neben der Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King bildeten sich auch radikalere Gruppierungen wie jene um Malcolm X und die Black Panthers. Letztere wurden von Huey Newton 1966 gegründet, und wurden, in den Augen der US-Regierung, zu einer ernsten Gefahr.
Als vier Jahre später die Straßenproteste so groß waren, dass den Politikern die Kontrolle der Geschehnisse aus den Händen zu gleiten drohte, reagierten sie mit brutaler Gewalt: Aktivist_innen wurden vom FBI umgebracht, verfolgt und eingesperrt.
Die hohen Kautionen für die Freilassung von Black Panthers Mitgliedern trieb die Organisation langsam aber sicher in den finanziellen Ruin. Während die damalige Linke die Black Panther immer mehr im Stich ließ, fasste der Panther David Hilliard einen Entschluss und rief Jean Genet an.
Geschichte eines Revolutionärs
Jean Genet war einer der am offenkundigsten auftretenden und authentischsten Homosexuellen in einer Zeit, in der Homosexualität verpönt war und als Krankheit angesehen wurde. Er engagierte sich in der revolutionären Linken in Frankreich. Als Waisenkind kämpfte er sich als Dieb und sich prostituierender Transvestit in den Slums von Frankreich und Spanien durch.
Seine Jahre im Gefängnis verbrachte er mit Schreiben von Texten und Theaterstücken, bis andere Schriftsteller sein Talent erkannten und seine Freilassung organisierten. Während viele seiner Schriften von homosexuellen Beziehungen handelten, schrieb Genet 1958 auch ein Stück namens „Les Negres“, in dem es um die Rache von Schwarzen an ihren Peinigern geht und alle Rollen ausschließlich von schwarzen Schauspieler_innen besetzt wurden.
Wie Angela Davis es ausdrückte: „Wegen dieses Stücks betrachteten wir ihn als einen Verbündeten“. Nachdem David Hilliard Jean Genet um Hilfe gebeten hatte, dauerte es keine Woche, bis er eine dreimonatige Tour durch die USA begann, um Spenden für die Black Panthers zu sammeln.
Aufstand von der Straße
Als sich die Gay Liberation Front 1969 nach den Ereignissen von Stonewall, wo sich LGBTs gegen die Polizei gewehrt hatten, manifestierte, hatte die LGBT innerhalb der breiteren Bewegung Schwierigkeiten, anerkannt zu werden. Viele Linke mit stalinistischem oder maoistischem Hintergrund sahen Homosexualität als spießbürgerlichen Zeitvertreib und als Abartigkeit an.
Es waren die Black Panthers, die die Vorgänge um das Stonewall Inn beobachteten und sich mit der Bewegung identifizieren konnten. Diese beiden Organisationen hatten eines gemeinsam – sie hatten ihre Basis nicht in der industriellen organisierten Arbeiter_innenklasse, sondern unter der unorganisierten Arbeiter_innenklasse von der Straße und aus den Ghettos.
Sie wurden einerseits von ihren Bossen ausgebeutet, andererseits litten sie aufgrund ihrer Hautfarbe und/oder ihrer sexuellen Orientierung noch unter Diskriminierung auf dem Arbeitsplatz oder in der Öffentlichkeit.
Gegenseitige Unterstützung
Im Zentrum der Stonewall-Aufstände standen die Aktivist_innen Sylvia Rivera und ihre Freundin Marsha P. Johnson. Gemeinsam gründeten die beiden STAR – Street Transvestites Action Revolutionaries (Straßentransvestiten für revolutionäre Aktionen).
STAR besetzten ein leeres Gebäude, um junge obdachlose Transvestiten von der Straße aufzunehmen.Es war 1971 bei einer Versammlung von revolutionären Gruppen, als Sylvia Rivera zum ersten Mal auf Huey Newton traf, der ihr erklärte, dass er Gruppen wie GLF und STAR als revolutionär ansah.
Der Black Panthers-Anführer betonte in einer Rede an seine Genoss_innen am 15. August 1970 wie wichtig es ist, bei revolutionären Versammlungen Frauenbefreiungsbewegungen und die Gay Liberation Front mit an Bord zu haben. „Wir dürfen nicht diese rassistische Einstellung anwenden, die die weißen Rassisten gegenüber uns haben, weil wir schwarz und arm sind. Die Frauenbefreiungsbewegung und die Gay Liberation Front sind unsere Freunde, unsere potentiellen Verbündeten, und solche brauchen wir so viele wie möglich.“, legte Newton seinen Kamerad_innen nahe.
Prinzip der Einheitsfront
Obwohl viele Black Panthers zu Beginn mit Homosexualität nichts anfangen konnten, hielt sie das nicht davon ab, mit der LGBT zusammenzuarbeiten. Es ist dieses Prinzip der Einheitsfront, welches damals und auch heute für jede Bewegung große Bedeutung hat. Lässt man sich von jedem kleinen Meinungsunterschied spalten, hat man keine Chancen auf Erfolg. Durch gemeinsamen Aktivismus, gemeinsam erlebte Erfahrungen, können Differenzen wie sexuelle Orientierung oder Religion überwunden werden. So geschah es mit den Black Panthers und der Gay Liberation Front.