Frauen gegen den Krieg: Inessa Armand

Inessa Armand wurde sowohl von Stalins Geschichtsfälschern als auch von den westlichen fast gänzlich aus der Geschichte gelöscht. Nach der großen russischen Revolution von 1917 war das anders. Sie war so bekannt, dass man ihre Rolle in der Revolution klein- und schlechtreden musste. Sie wurde zu Lenins Anhängsel degradiert und kein Artikel über sie kam ohne der peinlichen Frage aus: Haben sie oder haben sie es nicht getan?
8. März 2023 |

Inessa Armand kam 1874 in Paris als Tochter einer französischen Opernsängerin und eines russischen Aristokraten zur Welt und wuchs in Moskau bei ihrer Großmutter auf. Ihre Politisierung begann sie als Feministin. 1901 untersagten ihr die Behörden den Betrieb einer Mädchenschule. Sie eröffnete danach eine Unterkunft für die ärmsten Moskauer Frauen – die Prostituierten. Bald erkannte sie, dass mehr politische Rechte für Frauen alleine noch nicht genug wären. Das ganze politische und ökonomische System müsste umgekrempelt werden, damit die Fortschritte für die Frauen dauerhaft wären.

Inessa hatte zu der Zeit schon drei Kinder, verließ ihren Mann und lebte mit seinem jüngeren Bruder Vladimir Armand zusammen. Beide Brüder blieben ihr treue Freunde bis zum Tod. 1901, mit 28 trat sie den revolutionären Sozialisten bei und ging in den Untergrund. Sie war längst eine selbstbewusste Revolutionärin bevor sie Lenin kennenlernte, und auch dann alles andere als sein „Girl Friday“ (Allroundsekretärin), als das sie ihr Biograph Ralph Carter Elwood betitelte. Sie stritt heftig und ernsthaft mit ihm, wenn sie nicht einer Meinung waren, etwa beim Friedensabkommen von Brest Litovsk. Armand beherrschte vier Sprachen, war weltgewandt und reiste mit vier Kindern. Das machte sie zur perfekten Schmugglerin von Parteikorrespondenz und Dokumenten aus dem Exilland Schweiz nach Russland.

Im Laufe der ersten russischen Revolution von 1905 wurde Inessa verhaftet, aber ihr Ex-Ehemann Alexander konnte sie aus dem Gefängnis holen. Nach einer zweiten Verhaftung 1907 wurde sie verurteilt und in den hohen Norden Russlands verbannt. Nach einem Jahr gelang ihr die Flucht und sie ging in die Schweiz. Dort pflegte sie ihren an TBC erkrankten Geliebten Vladimir, der wenige Wochen später in ihren Armen starb. 1911 übernahm sie Koordinierung aller Aktivitäten der Bolschewiki außerhalb Russlands. Sie wurde noch einmal verhaftet, als sie 1912 nach Russland reiste um in der Führung dort zu arbeiten. Wieder gelang der Unbeugsamen die Flucht. Und es war vermutlich sie, die 1912 den Stein ins Rollen brachte, eine erste Zeitschrift für Arbeiterfrauen zu produzieren. Über die Frauenzeitschrift „Rabotnitsa“ hatten die Bolschewiki wenig später entscheidenden Einfluss auf den Ausbruch und Verlauf der russischen Revolution von 1917. Es waren die hungrigen und wütenden Frauen Petrograds, die am Weltfrauentag von 1917 mit ihren Protesten die Revolution auslösten.

Bevor die Revolution ausbrach schien alles verloren. Die SPD, das Juwel der sozialistischen Internationale verriet alle Prinzipien und unterstützte Deutschlands Kriegstreiberei. Sozialistische Kriegsgegner_innen wurden eingesperrt. In der Situation spielten Armand und eine kleine Gruppe Entschlossener eine zentrale Rolle in Aufbau der Opposition zum Ersten Weltkrieg, der dann 1917 und 1918 durch Revolution und Soldatenaufstände beendet wurde. Im revolutionären Russland spielte sie eine wichtige Rolle in der Etablierung von Kantinen, Kinderkrippen und Wäschereien, die es Frauen erst ermöglichten ihre neue Freiheit zu gestalten. Sie lancierte die Frauenzeitung „Kommunista“. Die fünfte Ausgabe trug ihren Nachruf. Armand starb am 23. September 1920 an Cholera.