Frankreichs Front National: Ein Vorbild für die FPÖ?

Dem französischen Front National (FN) ist bei den Wahlen im März gelungen, was auch die FPÖ anstrebt: eine richtige Aktivistenmaschine aufzubauen.
1. Mai 2015 |

Eben weil der Front National in der Vergangenheit nicht über genügend fähige Basisaktivisten verfügte, hat er Regionalwahlen meist vernachlässigt. Bei den aktuellen Wahlen zu den Départements hat er bewiesen, dass er große Fortschritte beim Aufbau seiner Basis gemacht hat. Das ist eine gefährliche Entwicklung, denn faschistische Bewegungen dürfen von ihren ­­­Gegner_­innen nicht nur am Wahlerfolg gemessen werden, sondern vor allem an ihrer Fähigkeit einen funktionierenden Apparat aufzubauen. Wahlen sind für diesen Zweck nur eines von vielen Werkzeugen.

Leichtes Spiel für den FN

Die Grundlage für den Wahlerfolg des FN ist ganz klar festzumachen: Erstens werden die Folgen der Wirtschaftskrise auch von der Sozialistischen Partei (PS) auf die „kleinen Leute“ abgewälzt – sehr im Kontrast zu den großspurigen Wahlversprechen des Präsidenten François Hollande. Zweitens baut der FN auf einem Rassismus auf, der ganz vehement von der Mitte der Gesellschaft, auch von der PS verbreitet wird: Dem offenen Rassismus gegen die muslimische Bevölkerung.

Ex-Präsident Sarkozy polterte im Wahlkampf: „Wir sind ein im Christentum verwurzeltes Land, das einer Zivilisation angehört, der europäischen Zivilisation“ und „Wir wollen unsere Art zu leben beibehalten. Wer zu uns kommt, muss sich assimilieren, unsere Lebensart und unsere Kultur annehmen.“ Er forderte unter anderem: Schulkantinen sollten keine Schweinefleisch-freie Menüs für jüdische und muslimische Kinder anbieten und es sollte muslimischen Frauen verboten werden den Hidschab, einen Gesichtsschleier, an Universitäten zu tragen.
Manuel Valls, der linke Premierminister, beschimpfte am Abend der ersten Wahlrunde den Front National, nur um dann selbst Recht und Ordnung zu propagieren, und Sekularismus – ein Angriff auf Muslime.

Riesige Verluste der Linken

Im ersten Wahlgang hat der Front National 25,2% der Stimmen bekommen, im zweiten immerhin noch über 4 Millionen Stimmen, bzw. 22,2%. Gemeinsam mit den anderen rechten Listen, inklusive der UMP von Sarkozy, errangen die Rechten damit über zwei Drittel, bzw. 67,3% der Stimmen. Die Linke hat herbe Verluste einstecken müssen. Die PS von Regierungschef Francois Hollande hat 16,1% bekommen, zusammen mit allen anderen linken Listen, inklusive der Grünen, reichte es nur für 32,1%. Die Arbeiter_innen haben sich wegen der Fortsetzung der neoliberalen Politik von der PS abgewendet.

Rein technisch sieht das Ergebnis weniger dramatisch aus: Der FN hat kein einziges Département für sich entscheiden können, die ­Sozialist_innen von Hollande dagegen konnten in 33 der 101 Départements die Mehrheit holen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, welche Fortschritte der FN gemacht hat. Er hat über 4.000 Kandidaten aufgestellt und ist in 93% der Regionen angetreten. Er konnte in vielen neuen Regionen Wurzeln schlagen und vor allen Dingen ideologische Fortschritte erzielen. Die südfranzösische Stadt Béziers zeigt, wie der FN während der Wahlkampagne seine Mitglieder darauf trainiert, härtere Positionen zu beziehen. Im Sommer 2014 hievte der FN den parteilosen Bürgermeister Robert Ménard an die Macht. Dieser organisierte ein Treffen für jene, die der französischen Herrschaft über Algerien nachtrauern, und benannte eine Straße, deren Name dem Ende des Algerienkriegs gedachte, um und taufte sie nach einem General, der einen Putschversuch gegen die Unabhängigkeit Algeriens unternommen hat.

Der gewaltige Rechtsruck könnte sich auch bei den Präsidentschaftswahlen 2017 fortsetzen. Auch die Liste der Konservativen mit Sarkozys UMP errang in 66 Départements die Führung.

Faschistische Fortschritte

Faschismus schreitet voran, wenn es ihm langsam gelingt die Gesellschaft zu prägen und solidarische Haltungen in die Defensive zu drängen. Wenige Wochen vor den Wahlen bildeten Aktivisten des Front National gemeinsam mit Bauern im Département Tarn bewaffnete Milizen, die mit Gewalt ein Protestcamp blockierten, das sich gegen den Bau eines Staudamms formiert hatte. Nur wenige Tage später unterstützten Hafenarbeiter aus der CGT-Gewerkschaft FN-Mitglieder dabei, Umweltschützer_innen anzugreifen.

Der Front National zeigt vor, wie bei Wahlen gewonnene Massenunterstützung in eine echte Bewegung umgesetzt werden kann. Wir werden erleben, wie die FPÖ das Beispiel wiederholt, wenn die österreichische Linke die Warnung nicht ernst nimmt.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.