Käthe Kollwitz

Käthe Kollwitz zählt zu den bekanntesten deutschen Künstler_innen des 20. Jahrhunderts. Ihr eigenes Schaffen beschreibt sie mit den Worten: „Der Künstler ist meist ein Kind seiner Zeit. Meine Entwicklung fiel in die Zeit des frühen Sozialismus.“ und: „Ich will mit meiner Kunst etwas bewirken.“
27. November 2017 |

Erstmals einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde Käthe Kollwitz mit ihrem Radierzyklus „Ein Weberaufstand“, mit dem sie 1898 an der „Großen Berliner Kunstausstellung“ teilnahm. Angeregt durch die Uraufführung von Gerhart Hauptmanns Drama „Die Weber“ und in Anlehnung an den schlesischen Weberaufstand 1844, der vom preußischen Militär blutig niedergeschlagen wurde, setzte sie sich darin mit den katastrophalen Arbeitsbedingungen der Weber in den 1890er-Jahren auseinander.

Es verwundert deshalb nicht, dass ihr vom deutschen Kaiser, Wilhelm II., eine Auszeichnung dafür verwehrt wurde. Auch davor beschäftigte sich die Künstlerin mit den Lebensbedingungen der Arbeiterklasse, erste Werke dazu entstanden in Bezug auf Emile Zolas Roman Germinal, der von einem Aufstand französischer Bergarbeiter handelt.

Elend des Proletariats

„Ein Weberaufstand“, eine Lithografie von Käthe Kollwitz

Die 1867 im preußischen Königsberg (heute Kaliningrad) geborene Grafikerin und Bildhauerin war schon früh entschlossen, Künstlerin zu werden. Unterstützt von den Eltern erhielt sie eine umfangreiche künstlerische Ausbildung und konzentrierte sich v.a. auf Radierungen, Zeichnungen, Holzschnitte und Lithografien. 1891 heiratete sie den Armenarzt Karl Kollwitz und zog mit ihm ins Berliner Arbeiterviertel Prenzlauer Berg. Häufig begleitete sie Karl bei seinen Patientenbesuchen und lernte so die Lage der Arbeiterfamilien in den Elendsvierteln kennen. Tief erschüttert vom gesehenen Leid des Proletariats machte sie diese Erfahrungen zum Hauptthema ihrer künstlerischen Arbeit; sie brachte Unterdrückung und Ausbeutung, Krankheit, Hunger und Tod auf Papier.

Doch Käthe Kollwitz beschränkte sich nicht auf die bloße Darstellung der sozialen Missstände. Nachdem im Jahr 1914 der jüngere ihrer beiden Söhne, Peter, in Flandern dem ersten Weltkrieg zum Opfer fiel, wandte sie sich verstärkt dem Sozialismus zu. Zwar gehörte sie nie einer Partei an, sie verstand sich aber selbst als Sozialistin und trat mit ihrer künstlerischen Kritik immer mehr an die Öffentlichkeit.

Sie arbeitete für die Internationale Arbeiterhilfe (IAH) und wurde 1919 zum ersten weiblichen Mitglied und Professorin der Preußischen Akademie der Künste ernannt. Sie unterstützte einen Aufruf des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) zu einer Zusammenarbeit von KPD und SPD und entwarf zahlreiche politische Plakate. Darunter ein Aufruf der KPD für die Abschaffung des Abtreibungsverbots, ein Aufruf zu „Nie wieder Krieg“ und eine Spendenaufforderung für „Deutschlands hungernde Kinder“.

Zensur durch Nazis

1932 unterzeichnete sie den „Dringenden Appell“ des ISK zum Aufbau einer vereinigten Arbeiterfront gegen den erstarkenden Nationalsozialismus, der öffentlich plakatiert wurde, und verlor daraufhin ihre Professur, ihr Atelier und somit die finanzielle Grundlage, als Künstlerin zu arbeiten. In weiterer Folge wurde ihr Werk als „entartete Kunst“ klassifiziert, was 1936 in einem Ausstellungsverbot mündete. 1940 starb Karl Kollwitz, 1943 musste Käthe Kollwitz vor der Bombardierung Berlins nach Nordhausen in Thüringen flüchten. Dort starb sie 1945 wenige Tage vor dem so ersehnten Kriegsende.

Feminismus

Die Künstlerin beschäftigte sich auch intensiv mit der gesellschaftlichen Rolle der Frau. In ihren meist schwarz-weißen Bildern fokussierte sie sich einerseits auf starke Frauen, die beispielsweise in der Reihe „Ein Weberaufstand“ mit hochgereckten Fäusten den Zug streikender Arbeiter_innen anführen. Andererseits zeichnete sie auch gebrochene, vom sozialen Elend überwältigte Frauen und fing deren Trauer und Verzweiflung ein. Oft sind es Mütter, die um ihre im Krieg gefallenen Söhne trauern.

Lorraine Hansberry

Lorraine Hansberry

Für ihren eigenen Sohn Peter entstand die Skulptur „Trauernde Eltern“. Nach der Ermordung Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs durch Mitglieder der Freikorps im Jänner 1919 widmete sie Liebknecht einen Holzschnitt und schrieb in ihr Tagebuch: „Niederträchtiger, empörender Mord an Liebknecht und Luxemburg.“

Käthe Kollwitz war eine außergewöhnliche Frau und Künstlerin, die nach eigenen Wegen suchte, gegen die Ungerechtigkeit, die Armut und die von Menschen gemachten Katastrophen ihrer Zeit anzukämpfen. Sie fand diesen Weg in der Kunst.