Klimazerstörung fordert schon jetzt tausende Tote

Der Sommer 2017 hat uns einen Vorgeschmack gegeben, wie die globale Zukunft im Anthropozän aussehen kann. Extreme Hitze, Stürme und Hochwasser werden zunehmen. Diese Katastrophen sind weder unvorhersehbar noch unvermeidbar.
12. September 2017 |

Starker Regen in Freetown löste am 14. August in Sierra Leone einen tödlichen Bergsturz des Mount Sugar Loaf aus, der hunderte Menschen unter sich begrub. Bis 20. August wurden an die 500 Tote geborgen, weitere 600 Menschen waren weiterhin vermisst.

Zur selben Zeit setzten in Südasien außergewöhnlich starke Monsun-Niederschläge riesige Landflächen unter Wasser, in Bangladesch ist ein Drittel des Landes überflutet. Millionen Menschen sind in Indien, Pakistan, Nepal und Bangladesch von den Überschwemmungen betroffen. 2.100 sind bereits in den Fluten gestorben. Das Hochwasser löst Erdrutsche aus, beschädigt Straßen und Stromleitungen und zerstörte bisher zehntausende Haushalte, riesige Agrarflächen und 18.000 Schulen. 1,8 Millionen Kinder haben dadurch derzeit keinen Zugang zu Bildung.

Im Golf von Mexiko braute sich Ende August ebenfalls ein Sturm zusammen, der in kurzer Zeit zu einem Hurrikan der Stärke vier (genannt „Harvey“) wurde und über Texas niederging. In manchen Teilen Houstons sind in weniger als einer Woche rund 1270 Millimeter Regen heruntergekommen, das ist mehr als die Stadt normalerweise in einem Jahr erlebt und in etwa das Doppelte des durchschnittlichen Jahresniederschlags in Wien.

Klimawandel ist bemerkbar

Auch wenn bei Hochwasser viele Faktoren zusammenwirken, spielt der Klimawandel eine entscheidende Rolle, meint Kevin Trenberth vom National Center for Atmospheric Research: „Der Klimawandel ist ein Teil davon und das Risiko erhöht sich wegen des Klimawandels.“ Auch wenn die Anzahl der Hurrikane in Zukunft möglicherweise abnehmen wird, werden die Stürme an Intensität gewinnen.

Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasser aufnehmen, was stärkere Niederschläge verursacht. Dabei können schon kleine Zunahmen an Intensität der Stürme enormen Schaden anrichten. Trenberth geht davon aus, dass im Fall von „Harvey“ ca. 30 Prozent des Regenwassers der globalen Erwärmung zugerechnet werden können. In niedrig gelegenen Gegenden verschlimmert zudem der global ansteigende Meeresspiegel die Sturmfluten.

Eine aktuelle Studie der TU Wien belegt auch für Europa einen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und Hochwasserereignissen. Insbesondere sorge die Erderwärmung dafür, dass sich der Zeitpunkt der Überschwemmungen verschiebe. Durch die verkürzten Schneefallzeiten und die frühere Schneeschmelze in Nordeuropa trete in Skandinavien und im Baltikum Hochwasser heute einen Monat früher auf, als in den 1960/70er-Jahren.

In England und Norddeutschland hingegen verschiebe sich der Zeitpunkt um rund zwei Wochen nach hinten. In der Alpenregion, wo Hochwasser vorwiegend im Sommer vorkommen, habe es kaum zeitliche Verschiebungen gegeben. Stattdessen habe die Intensität und Häufigkeit der Überschwemmungen deutlich zugenommen.

Erhitzung der Atmosphäre

Die stärkere Verdunstung durch die Erwärmung der Atmosphäre sorgt nicht nur für heftigere Niederschläge, sondern führt auch dazu, dass trockene Gebiete noch trockener werden. Es wird erwartet, dass bis 2020 rund 60 Millionen Menschen in Afrika südlich der Sahara aufgrund der Wüstenbildung gezwungen sein werden, in den Norden zu migrieren.

Durch die größere Verdunstung steigt auch die Brandgefahr deutlich. In Folge einer Hitzewelle haben diesen Sommer Waldbrände große Teile Südeuropas und Kanadas verwüstet. In der kanadischen Provinz British Columbia haben Feuer fast 900,000 Hektar Vegetation zerstört. In Grönland, das derzeit zu 80 Prozent mit Eis bedeckt ist, hat ein heißer und trockener Sommer das Jahr 2017 zu einem Brand-Rekordjahr gemacht. In Europa sind diesen Sommer dreimal so viele Waldbrände wie sonst aufgetreten. Besonders Italien, Kroatien, Spanien und Griechenland hatten damit zu kämpfen. In Portugal waren 2,000 Menschen in einem Ring aus Flammen eingeschlossen, 60 Personen sind im Feuer gestorben.

Die Toten dieses Sommers sind eine Warnung an die Menschheit. Schon jetzt fordert der Klimawandel tausende Menschenleben und die Zahl wird noch ansteigen. Entscheidungsträger, die jetzt nichts unternehmen, um den Klimawandel einzudämmen, nehmen diese Toten bewusst in Kauf.