Mit dem Islamhass muss Schluss sein

Antimuslimischer Rassismus hat den Boden für den Aufstieg der Rechtsextremen gedüngt. Der Terroranschlag von Christchurch mit 50 Toten ist eine direkte Folge davon. Es muss Schluss sein mit dem Schüren von Hass gegenüber Muslimen und Musliminnen.
16. April 2019 |

Es ist nicht verwunderlich, dass es einen so deutlichen Bezug des faschistischen Massenmörders von Christchurch auf Österreich gibt. Er bewunderte offenbar die heimische faschistische Bewegung und besonders den Anführer der Identitären, Martin Sellner. Sellner und seine österreichischen Kumpane gelten als besonders einflussreich in der internationalen Szene der neuen Rechten. Sie sind in einem Land groß geworden, in dem Islamfeindlichkeit zur völligen Selbstverständlichkeit geworden ist.

FPÖ motiviert Rassisten

Wie der bekannte Politologe und Islamophobie-Forscher Farid Hafez in einem Interview über die alarmierende Steigerung islamfeindlicher Attacken erinnert, war Österreich schon von einem starken islamfeindlichen Diskurs geprägt, bevor die extreme Rechte an die Macht gekommen ist. Aber seither haben Rassisten das Gefühl, sie hätten mit der FPÖ einen Schutzherrn bekommen. So riss jemand einer Frau das Kopftuch herunter und drohte ihr: „Wenn unser Präsident an der Macht ist, wirst du es sowieso runternehmen müssen.“ In einem anderen Fall sagte der Angreifer: „Du wirst nicht mehr lange im Land sein, weil jetzt die FPÖ an der Macht ist, und die werden dich sowieso rausschmeißen.“

Es gibt viel mehr solcher Übergriffe und ihre Zahl steigt permanent an. Man spürt förmlich, wie mit der FPÖ an der Macht die Hemmungen bei Rassisten ins Bodenlose purzeln. Kopftuchtragende Frauen berichten, dass sie sich ganz genau aussuchen, wo sie in U-Bahnstation stehen, niemals alleine vor den Gleisen, am besten mit dem Rücken zur Wand.

Treibhaus für Rechte

Aber dieses rassistische Klima hat neben den schrecklichen Folgen für die muslimische Bevölkerung eben auch konkrete politische Auswirkungen. Rechte Bewegungen gedeihen so richtig darin, allen voran die FPÖ und die „türkise Bewegung“ von Sebastian Kurz. Wie der Politologe Peter Filzmaier treffend polemisiert hat, führt Kurz wirklich jedes Problem auf den Islam oder Muslime zurück: Er würde wahrscheinlich sogar in der Verkehrspolitik behaupten, „das Problem sind Burkaträgerinnen, die illegal in zweiter Spur vor den Islam-Kindergärten parken.“

Und in Österreich funktioniert das so besonders gut, weil die rechten Regierungsparteien von den Oppositionsparteien dazu sogar noch Zustimmung bekommen. Farid Hafez im Interview: „Als die Regierung vor wenigen Monaten sieben Moscheen geschlossen hat, mit der Behauptung, diese würden politischen Islam verbreiten, hat die Opposition dazu gesagt, das sei die erste vernünftige Initiative der Regierung. In Österreich ist Islamophobie hegemonial. Um es mild auszudrücken, es gibt keine Opposition von den Oppositionsparteien.“

In die Schranken weisen

Von den rechten Parteien erwarten wir ohnehin nicht, dass sie ihre islamfeindliche Politik einstellen – Terrorattacken hin oder her – dieser Rassismus leistet ihnen gute Dienste. Aber die Oppositionsparteien sollten alleine schon aus politischen Erwägungen Widerstand gegen diese zynische Politik leisten. Ein Blick nach Ungarn müsste reichen, um ihnen klar zu machen, wie sehr die extreme Rechte die Politik in einem solchen hasserfüllten Klima zu ihren Gunsten gestalten kann.

Umgekehrt zeigt ein Blick in die USA, dass Widerstand gegen Rassismus dem Präsidenten Grenzen aufzeigen kann und der Linken einen Aufschwung ermöglicht. Auch Wiens ehemaliger Bürgermeister Michael Häupl hat dank eines Flüchtlings- und Muslimen-freundlichen Wahlkampfs bei den letzten Wahlen alle Erwartungen übertroffen.

Mythos zertrümmern

Es ist in Österreich selbst für oppositionelle NGOs und linke Organisationen nicht selbstverständlich, dass sie sich schützend vor die muslimische Bevölkerung stellen. Das ist eine Schande, und es ist politisch dumm. Denn wir haben bewiesen, was wir mit solidarischen Protestbewegungen erreichen können. Die rechtsradikale Bewegung Pegida haben wir von den Straßen gefegt, weil wir uns ihnen gemeinsam mit muslimischen Organisationen in den Weg gestellt haben. Rechtsextreme leben vom Image der Stärke und können nur dort gedeihen, wo man ihnen nicht konsequent und massenhaft Widerstand leistet.

Elif Adam (geb. Öztürk) von der Dokustelle (für Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus) sagte schon zwei Jahre vor dem Attentat von Christchurch: „Ich denke, dass man das stoppen muss. Denn wenn man da nicht stoppt, wenn man da nicht sagt, Stopp, es geht nicht mehr, dann möchte ich nicht dran denken, was alles passieren kann. Wir kennen es aus der Geschichte.“

Veranstaltungstipp
Karin Wilfingseder und Carla Amina Baghajati sprechen über Strategien gegen antimuslimischen Rassismus beim Kongress Marx is Muss. Infos auf marxismuss.at
Wann? 10.-12. Mai 2019
Wo? Amerlinghaus, Stiftgasse 8, 1070 Wien