Mutterkreuz und „Dienst am Volk“: Die FPÖ-Frauenpolitik

Die Frauenfeindlichkeit der Burschenschafter-Partei FPÖ hat Tradition. Die Deutschnationalen haben die Frauenbewegung von Beginn an verteufelt und bekämpft.
29. März 2018 |

100 Jahre ist es her, dass Millionen von Frauen und Männern das allgemeine Frauenwahlrecht in Österreich erkämpft haben. Am 27. November 1918, elf Jahre nach der Einführung des allgemeinen Männerwahlrechts, hatte die Frauenbewegung eines ihrer wichtigsten Ziele erreicht.

Einige Jahre zuvor, als 1911 der erste internationale Frauentag begangen wurde, war das Frauenwahlrecht eine zentrale Forderung, neben gleichem Lohn bei gleicher Arbeitsleistung, dem Acht-Stunden-Tag, Arbeitsschutzgesetzen, ausreichendem Mütter- und Kinderschutz und der Straffreiheit von Abtreibungen.

Erster Frauentag 1911: „Proletarierinnen marschieren voran!“

Erster Frauentag 1911: „Proletarierinnen marschieren voran!“

Ein Jahrhundert später rückt der Traum von Lohngleichheit angesichts der rückschrittlichen „Frauen an den Herd“-Politik von Schwarz-Blau noch weiter in die Ferne. Mit der Einführung des 12-Stunden-Tages ist außerdem eine wichtige Errungenschaft der Arbeiter_innenbewegung, der Acht-Stunden-Tag, unter Beschuss.

Die schwarz-blaue Koalition hat deutschnationale Burschenschafter in die höchsten Ministerämter gebracht, deren Frauenbild nahtlos an jenes der Nazis anschließt. Als zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die proletarische Frauenbewegung Schwung aufnahm, waren es die Deutschnationalen, die die Frauen­emanzipation aufs Schärfste verurteilten und bekämpften.

Weltfrauentag

Die Frauenbewegung des 20. Jahrhunderts wurde angeführt von Arbeiterinnen. Dem ersten Weltfrauentag gingen beeindruckende Streiks von Textilarbeiterinnen voran, die in den USA und Europa gegen die elendigen Lebens- und Arbeitsbedingungen protestierten.

In Wien kam es 1893 in drei Textilfabriken zum ersten organisierten Frauenstreik, der drei Wochen lang dauerte. 1917 lösten Frauenstreiks am Weltfrauentag in Russland die Februarrevolution aus, die binnen weniger Tage den Zaren stürzen konnte.

1933 ließ Hitler den Frauentag verbieten und führte stattdessen den Muttertag ein. Das hinderte Frauen nicht daran, am 8. März 1933 zu feiern. Kommunistinnen riefen unter dem Motto „Wir machen unsere Schlafzimmer sauber“ dazu auf, rote Bettlaken als Bekenntnis zum Frauentag aus den Fenstern zu hängen.

Auch in den Jahren danach wurden am 8. März immer wieder illegal Flugblätter verteilt und Versammlungen abgehalten. Sogar in Konzentrationslagern und Zuchthäusern wurde der Tag von Frauen durch das Tragen winziger roter Bindfäden begangen.

Alldeutsche Bewegung

Hitlers Frauenbild und Familienpolitik orientierte sich an der Ideologie der deutschnationalen oder alldeutschen Bewegung um Georg von Schönerer, durch die er inspiriert wurde.

Das Frauenbild des RFJ ist so sexistisch wie das ihrer ideologischen Väter © Screenshot Facebook

Die Alldeutschen haben den radikalen Antisemitismus geprägt und die ideologische Grundlage geschaffen, die bis heute die Burschenschaften und die FPÖ dominiert. Ihr Symbol war die blaue Kornblume, die in den dreißiger Jahren als Ersatz für das Hakenkreuz diente und von FPÖ-Politikern bis vor kurzem stolz im Parlament getragen wurde.

Für die Alldeutschen bedeutete die Frauenbewegung den Untergang der „deutschen Rasse“. Sie schimpften über den „Emanzipationskoller der entarteten Weiber“ und prangerten die „Entmutterung der Frauen“ an. Der „Hammer – Zeitschrift für soziale Reform und alldeutsche Politik“, befürchtete den „Beginn eines Rassenchaos…, einer Rassenvermischung, die zur Entartung führt und alles gesunde Menschentum zu vernichten droht“.

Ähnlich jammert der Burschenschafter Werner Kuich, der von der FPÖ als Uni-Aufsichtsrat vorgeschlagen wurde, in dem Text „Vorschläge für ein burschenschaftliches Weltbild“ vom „drohenden Tod unseres deutschen Volkes“. Für diesen „Volkstod“ macht er Migrantinnen verantwortlich, die schon in viel jüngerem Alter gebären würden als andere Frauen und dadurch das „deutsche Volk“ zur Minderheitsbevölkerung machen würden.

Auch Strache forderte in dieser Tradition eine „geburtenorientierte Politik“ um heimische Familien zu ermuntern, das Volk gegen Migrant_innen zu verteidigen. Das FPÖ-nahe Blatt „Aula“ warnte davor, dass Ausländer „die Gebärmutter als Waffe der Invasion“ einsetzen würden.

Mutterkreuz

„Gesunde Eltern – gesunde Kinder!“ Das reaktionäre Frauen- und Familienbild der Nazis ist bis heute fest in den Köpfen der Deutschnationalen verankert.

1906 forderte ein alldeutscher Autor in der Flugschrift OSTARA eine „Dienstzeit für junge Mädchen“, „in der sie lernen, sich nach anderen zu richten, zu schweigen und zu gehorchen“. Die Frau sollte sich auf ihre Aufgabe als Mutter zurückbesinnen. Ihr kam die Aufgabe zu, die Rasse zu erhalten, Arbeitskräfte und heldenhafte Soldaten zu liefern.

Zur Belohnung für ihren Dienst am „deutschen Volk“ wurden ab 1939 die kinderreichsten „deutschen Mütter“ mit dem Mutterkreuz ausgezeichnet: ab vier Kindern in Bronze, ab sechs in Silber und für acht und mehr Kinder in Gold.

Daran anknüpfend ist in dem von Norbert Hofer herausgegebenen Buch „Für ein freies Österreich“ von einem natürlichen „Brutpflegetrieb“ des weiblichen Geschlechts die Rede. Es heißt: „Der vom Thron des Familienoberhaupts gestoßene Mann sehnt sich unverändert nach einer Partnerin, die, trotz hipper den-Mädels-gehört-die-Welt-Journale, in häuslichen Kategorien zu denken imstande ist, deren Brutpflegetrieb auferlegte Selbstverwirklichungsambitionen überragt.“

Gegen die Selbstverwirklichung in Form von Bildung schimpften auch schon die Alldeutschen. Das weibliche Streben nach Bildung wurde abschätzig als „Bildungsfusel“ und „Wissensplunder“ bezeichnet. In Schönerers Zeitschrift, den „Unverfälschten Deutschen Worten“ heißt es, die Frau solle sich auf ihre Aufgabe in der Küche besinnen: „Wir haben unsere Volksgesundheit, die in weit höherem Maße, als man gemeinhin annimmt, vom Kochtopf abhängt, in die Hände und die Vernunft unserer Hausfrauen gelegt.“

Rassismus

Erst relativ spät, im Jahr 1897, wurden die Universitäten in Wien, Graz, Innsbruck, Prag, Krakau, Lemberg und Czernowitz für Frauen geöffnet, und dann auch nur die Philosophische Fakultät. Drei Jahre später folgten Medizin und Pharmazie, Jus erst 1919. Studienbewilligungen mussten an teuren Privatinstituten erworben werden.

Aufgrund der Bildungs- und Frauenfeindlichkeit der katholischen Kirche stammte der Großteil der Studentinnen zunächst aus jüdischen Familien, wo Bildung einen hohen Stellenwert hatte. Diese gut ausgebildeten Frauen engagierten sich verstärkt für die Frauenbefreiung und standen der Sozialdemokratie nahe.

Unter den Deutschnationalen galt der Kampf für Frauenemanzipation zunehmend als jüdisch und sozialdemokratisch. Die emanzipierte Frau wurde als „Zwitter“ gesehen, „antideutsch und voll jüdischen Geistes“.

Lanz von Liebenfels (Herausgeber der Zeitschrift OSTARA) riet den deutschen Männern, folgende Frauen zu meiden: „studierte Weiber oder Mädchen öffentlicher Stellung, Mädchen, die sich gerne in der Gesellschaft und auf der Straße zeigen, die von der Hauswirtschaft und der Küche nichts verstehen, Theaterschwärmerinnen, Sportdamen, Mädchen aus Orten mit Militärgarnisonen. Dagegen bevorzuge man: häusliche, peinlich reinliche, bescheidene, anspruchslose, dem Manne untertane und treue Mädchen, die schon in ihrem Äußeren den Zuchtmuttertypus der heroischen Frauenrasse erkennen lassen.“

Als im Juni 1911 in Stockholm ein internationaler Kongress für das Frauenstimmrecht mit rund tausend Teilnehmerinnen stattfand, wurde über die internationale Solidarisierung unter den Frauen geschimpft. Es sei eine „Perversität“ dass „deutsche Frauen“ die Frauen der „Hottentotten“ als ihre Schwestern sehen würden und ihnen näher stünden als dem „deutschen Mann“.

Der radikale Ursprung des Frauentags

Der radikale Ursprung des Frauentags

1912 wurde in Wien der Frauentag abgehalten und dort das Frauenwahlrecht gefordert. Der „Hammer“ rief zum Eintritt in den „Deutschen Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation“ auf und forderte, dass das Wahlrecht dem Mann vorbehalten bleiben muss, da es der weiblichen Natur widerspreche. Die Frau sei nicht geeignet für die politischen Kämpfe, die mit dem Wahlrecht einhergehen würden.

In einem ähnlichen Ton erklärte auch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky einmal die geringe Frauenquote im Parlament: Der harte Polit-Job eigne sich eben weniger für Frauen, die „mehr darauf aus sind, zu gefallen“ und „mehr Zeit für die Frisur und Kosmetik“ verwenden.

Die FPÖ knüpft, wie Hans-Henning Scharsach in „Stille Machtergreifung“ schreibt „nahtlos an die Familienpolitik der Nazis an“. Ihre Frauenfeindlichkeit und ihr Rassismus gehen Hand in Hand und können nur gemeinsam bekämpft werden. Heute muss der Kampf für Frauenbefreiung gleichzeitig ein Kampf gegen die sexistischen und rassistischen Angriffe auf Muslime und Flüchtlinge sein.

 

Veranstaltungstipp: Das Eröffnungspodium des Kongresses Marx is Muss diskutiert Strategien im Kampf gegen Schwarz-Blau. Infos auf marxismuss.at

Wann? 4.-6. Mai 2018

Wo? Amerlinghaus, Stiftgasse 8, 1070 Wien