Polizist schießt auf Asylwerber und Krone gibt Asylverein zum Abschuss frei

Am Abend des 5. Februar stürmte die Polizei eine Asylunterkunft in St. Johann im Pongau und schoss auf einen minderjährigen Asylwerber. Der 17-jährige aus Afghanistan war schon länger in psychiatrischer Behandlung und drohte, sich mit einem Messer umzubringen. Die Kronenzeitung fälschte die Geschichte und gab den Flüchtlingshilfsverein per Luftbildkarte zum Abschuss frei. Krone-Leser beklagen, dass der Polizist „verfehlt“ hätte und fordern „besseres Schusstraining“.
7. Februar 2018 |

Die Betreuer einer Flüchtlingsunterkunft für jugendliche Asylwerber in St. Johann im Pongau riefen am Abend des 5. Februar die Polizei zu Hilfe, weil ein Bewohner drohte, sich selbst zu töten. Der 17-jährige Afghane war bereits seit längerem in psychiatrischer Behandlung. Salzburg24  berichtete: „Als die Beamten eintrafen, saß der Afghane im Büro auf einem Schreibtisch und hielt das Messer in der Hand. Sie forderten ihn auf, dieses wegzulegen, doch der Jugendliche fuchtelte mit der Waffe weiter herum.“

Anstatt die Situation zu beruhigen, attackierte einer der Beamten den jungen Mann mit Pfefferspray, woraufhin dieser aufsprang, sich das Messer mehrmals in den Bauch stach und einer der Polizisten auf den Asylwerber schoss – und Gott sei Dank verfehlte.

Niemanden bedroht

Der Leiter der Unterkunft, Georg Winkler, sagte im Gespräch mit Salzburg24 unmissverständlich: „Der Jugendliche hat niemanden bedroht.“ Weder seien Bewohner noch Betreuer von dem Burschen bedroht worden. Der Afghane leide an einer schweren posttraumatischen Störung. Winkler: „Er ist schon länger psychiatrisch in Betreuung und bekommt Medikamente.“ Bisher habe das Zusammenleben gut funktioniert. „Wir würden ihn wieder aufnehmen. Es gibt im Haus keine Stimmung, die das ausschließt“, sagte Winkler.

Eine involvierte Person, die vertraulich bleiben wollte, bestätigte Linkswende jetzt, dass der junge Mann schon länger Selbstmordgedanken gehabt habe und bemängelte: Die Polizei sei einfach mit zwölf Beamten hereingestürmt und habe gleich geschossen.

Mordaufrufe in der „Krone“

Diese Geschichte fälschte die Kronenzeitung schamlos. Die Redakteure Matthias Lassnig, Christoph Budin und Manuela Kappes verschweigen in ihrem Artikel „Polizei schoss auf bewaffneten Asylwerber“ nicht nur, dass der Schutzsuchende psychische Probleme hatte, sondern sie verdrehen die Geschichte zu: „Ein Jugendlicher aus Afghanistan (17) bedrohte erst andere Mitbewohner und Betreuer mit einem Messer.“ Als hätte er nur ein Ziel gehabt, schreiben sie: „Mit der Waffe in der Hand ging er trotz eines Pfefferspray-Einsatzes unbeirrt auf die Beamten zu.“ Die rechtsradikale Plattform „unzensuriert“ übernahm diese Erzählung im exakten Wortlaut.

Damit nicht genug. Die Kronenzeitung gab den Flüchtlingsverein zum Abschuss frei und veröffentlichte dessen Adresse samt Luftbildkarte. Seit Dienstagabend sind direkt darunter Mordaufrufe und unzählige Aufforderungen für „besseres Schießtraining“ zu lesen: „Warum hat der Schuss verfehlt?“, „Die Polizei sollte Schusstraining à la USA trainieren!“, „In den USA würde er heute begraben werden“, „Geschossen und verfehlt… traurige Story!“, „Mehr Zielwasser für die Polizei – hoffentlich hört das Anfassen mit Samthandschuhen auf“ oder „Minister Kickl, bitte den Worten Taten folgen lassen“.

Die Kronenzeitung hat die Kommentare bis zum Erscheinen dieses Artikels nicht gelöscht (Mittwoch, 7. Februar, 22:35 Uhr). Das Boulevardblatt wandelt auf den Spuren der deutschen NPD, die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) als neonazistisch eingestuft wird. Die NPD veröffentlichte erst kürzlich eine Karte mit Adressen und Telefonnummern von Asylunterkünften in Berlin.