Orbán: Feind der Demokratie und Vorbild für die Rechte

Ist der ungarische Premier Viktor Orbán Vorbild oder Feindbild? „Er kann beides sein, es kommt darauf an, welche politische Einstellung man hat“, schreibt uns Soma Balogh in einem Leserbrief.
9. Februar 2018 |

Der ungarische Ministerpräsident  Orbán war am 30. Jänner zu Besuch in Wien. Die Wiener Polizei verhinderte demokratische Proteste gegen ihn. Das ist eine unfassbare Sauerei, weil Orbán in Ungarn ein autoritäres System aufbaut, in dem andere Meinungen keinen Platz haben.

In der Zeitschrift News wurde gefragt: Ist Orbán Vorbild oder Feinbild? Das können alle Leute, auch die neue österreichische Regierung, selbst entscheiden. Er kann beides sein, es kommt darauf an, welche politische Einstellung man hat.

Es reicht, einen Blick auf Orbáns politische „Entwicklung“ zu werfen, und es wird deutlich, was für Orbán wichtig ist. Anfang der 90er war er ein prinzipientreuer Liberaler – bis circa 1993. Dann folgte ein langsamer Übergang und 1998 war er schon Premierminister von Ungarn – mithilfe seiner rechtskonservativen Politik. Heutzutage ist er grundsätzlich rechtskonservativ, mit vielen rechtsradikalen Motiven. Es ist jetzt schon klar, Viktor Orbán hat keine feste Überzeugung, keine Grundsätze. Die Macht ist für ihn nur wichtig, und er ergreift dafür alle Mittel.

Seit 2010 hat er die Demokratie in Ungarn abgebaut und stattdessen eine alternative Wahrheit für seine Wähler aufgebaut. In dieser alternativen Wahrheit gibt es keinen Platz für Argumente, verschiedene Meinungen oder überhaupt für Rationalität. Man muss alles glauben und dann funktioniert es. Orbán braucht immer einen oder mehrere Feinde, die sich nicht verteidigen können. (zum Beispiel György Soros, Flüchtlinge oder die Europäische Union) Und dann kommt in der besten Zeit die Hilfe von Sebastian Kurz, der in ein paar Themen mit Orbán einer Meinung ist und so die Position von Orbán in Ungarn verstärken kann.

In der Propaganda der Regierungspartei Fidesz ist die Rede von No-Go-Zonen in Städten der Europäischen Union (zum Beispiel in Berlin, in Paris oder Stockholm) und davon, dass die Menschen der Großstädte nicht mehr auf der Straße gehen können, weil sie sich vor den Flüchtlingen fürchten müssen (etwa in Wien!!!). Und viele Ungarn glauben ihm das, weil fast alle Medien in der Hand von Fidesz oder Freunden von Fidesz sind.

Die Frage stellt sich noch immer: Ist Orbán ein Feindbild oder Vorbild? Er ist sicher der Feind der Demokratie und der Werte, die in einer gerechten, toleranten und offenen Welt wichtig sind. Aber das wussten wir schon. Mich interessiert, was denkt Kurz darüber?

Soma Balogh
kommt aus Ungarn und studiert derzeit in Wien

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