Putsch in Niger stürzt pro-westlichen Präsidenten

Im Niger wurde geputscht. Doch keine der Großmächte – oder die verfeindeten Militärgruppen in dem westafrikanischen Land – sind an den einfachen Menschen interessiert.
12. September 2023 |

Ein Putsch in Niger in Westafrika ist ein schwerer Schlag für den Imperialismus. Der »Sicherheitskorrespondent« der BBC, Frank Gardner – immer ein verlässlicher Führer für das Denken des britischen Staates – sagte: »Der westliche Einfluss in der Region schrumpft wie ein Wasserbecken in der Trockenzeit.«

Präsident Mohamed Bazoum wurde am Mittwoch von seiner eigenen Präsidentengarde in einem Staatsstreich festgenommen, der von einem Großteil der Armee unterstützt wurde. Am nächsten Tag versammelten sich Hunderte von Menschen in Niamey, der Hauptstadt Nigers, und schwenkten russische Flaggen.

Abdourahmane Tchiani führte den Aufstand an, indem er Bazoum in seiner Residenz verbarrikadierte und seinen Rücktritt forderte.

Tchiani trat am Freitag kurz im Fernsehen auf und erklärte, er habe die Macht im Land übernommen. Jewgeni Prigoschin, Chef der russischen Wagner-Gruppe, begrüßte den Putsch und bot den neuen Machthabern die Dienste seiner Söldnergruppe Wagner an.

Im Gegenzug für viel Bargeld hatte der jetzt gestürzte Bazoum den westlichen Streitkräften begeistert erlaubt, im Land zu operieren. Außerdem versprach er der Europäischen Union (EU), die Durchreise von Flüchtenden auf dem Weg nach Europa zu erschweren.

Westliche Bündnisse

Die britische Regierung, die Diktaturen in ganz Afrika und der Welt unterstützt, erklärte diese Woche, sie wolle »die inakzeptablen Ereignisse beenden und die vollständige und rasche Wiederherstellung der demokratisch gewählten Institutionen Nigers sicherstellen«.

Niger hatte im vergangenen Jahr eine Resolution der Vereinten Nationen (UN) unterstützt, in der Russlands Einmarsch in der Ukraine verurteilt wurde, während viele afrikanische Länder dies nicht taten.

Frankreich hat einen großen Stützpunkt in Niamey und Deutschland hat nigrische Soldat:innen ausgebildet. Die USA unterhalten zwei Drohnenbasen, eine davon in der Nähe der Wüstenstadt Agadez, und 1.100 Soldat:innen im Land.

US-Außenminister Antony Blinken bietet Bazoum immer noch seine »unerschütterliche Unterstützung« an und warnte diejenigen, die ihn festhalten, dass »Hunderte von Millionen Dollar an Unterstützung« in Gefahr seien. Aber das ist ein Pfeifen im Wind. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Bazoum wieder in sein Amt eingesetzt wird.

Im Februar startete die EU eine »militärische Partnerschaftsmission«, um die Ausbildung von Truppen derselben Armee zu unterstützen, die den Putsch unterstützt hatte, und erklärte sich im März bereit, 35 Millionen Pfund (etwa 40,7 Millionen Euro) zur Verfügung zu stellen.

Atomare Interessen in Niger

Der Westen wollte Niger nutzen, um seinen Einfluss in der Region auszuweiten und Russland und China fernzuhalten. Niger produziert etwa fünf Prozent des weltweiten Urans, das für die Kernenergie von entscheidender Bedeutung ist, exportiert es jedoch vollständig nach Frankreich, das 70 Prozent seines Stroms aus Kernkraftwerken bezieht.

Josep Borrell, der Chefdiplomat der EU, traf Bazoum – und möglicherweise einige der Aufständischen – erst vor 23 Tagen.

Bei dieser Reise lobte Borrell Niger als einen »Hort der Stabilität«. »Niger ist ein solider, verlässlicher Partner, sowohl politisch als auch in Bezug auf die Sicherheit«, sagte Borrell. »Und wir unterstützen Präsident Bazoum mit aller Kraft.«

Wie die Zeitung Financial Times berichtet, »hatten die aufständischen Spezialkräfte zum Leidwesen Borrells andere Pläne«.

Die Unruhen in Niger folgen auf Putsche in den Nachbarländern Mali und Burkina Faso in den Jahren 2021 und 2022, die den westlichen Einfluss in der Region um die Sahara-Wüste schwächten.

In Mali hat das neue Regime nach dem Staatsstreich von 2021 die französischen Truppen ausgewiesen und einen Vertrag mit Wagner-Mitarbeitenden unterzeichnet.

Ibrahim Traore, Präsident von Burkina Faso, sagte am Freitag auf einer Sitzung des Russland-Afrika-Gipfels: »Afrikanische Länder haben jahrzehntelang unter einer barbarischen und brutalen Form des Kolonialismus und Imperialismus gelitten, die man als moderne Form der Sklaverei bezeichnen könnte. Ein Sklave, der nicht für seine Freiheit kämpft, ist jedoch keinerlei Nachsicht wert. Die Führer der afrikanischen Staaten sollten sich nicht wie Marionetten in den Händen der Imperialisten verhalten.«

Arbeiter:innen haben keine imperialistischen Freunde

Doch Putins Imperialismus oder der der Gruppe Wagner bieten keine positive Alternative zur westlichen Intervention. Niger ist eines der ärmsten Länder der Erde. Gleichzeitig hat es die jüngste Bevölkerung der Welt mit einem Durchschnittsalter von 14,8 Jahren.

Imperialismus und Kapitalismus bieten den Menschen in Niger nichts außer Armut, Unterdrückung und Klimachaos. In diesem Monat wurde Niger von einer schweren Hitzewelle heimgesucht.

Wissenschaftler:innen zufolge steigen die Temperaturen in Niger anderthalb Mal schneller als im Rest der Welt.

Keine der großen Mächte – oder die verfeindeten Militärgruppen in Niger – interessieren sich für die einfachen Menschen.