Streikbereit: Starke Stimmen aus den Kindergärten und Horten
Der Pädagog:innenmangel und Burnouts sind auf Transparenten und in Gesprächen vordergründig: „Wir sind einem evangelischen Kindergarten und unser Team ist momentan nicht so groß, weil wir sehr viele Krankenstände haben – typisch zur Eingewöhnungszeit der neuen Kinder. Den Personalmangel merken wir sehr. Wir sind heute da, um etwas zu bewirken, damit der Personalmangel und die Arbeitsbedingungen besser werden. Damit wir mehr für die Kinder da sein können, so wie es eigentlich sein sollte.“ Karin Wilflingseder, Vorsitzende der Themenplattform Elementar-, Hort- und Freizeitpädagogik, kritisiert die zuständigen Politiker wüssten von vorherigen Gesprächen und Aktionen um das Problem des Pädagog:innenmangels und argumentieren damit sogar noch ihre Untätigkeit bezüglich Gruppengröße und Personal-/Kinderschlüssel. Das bedeute, es gingen noch mehr überforderte Pädagog:innen oder sie kämen nach der Ausbildung nicht in den Beruf. Systemrelevante Assistent:innen ersetzen häufig das fehlende Fachpersonal.
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Die Assistentin Irene sagt: „Ohne uns wären viele Gruppen längst geschlossen, aber der Gehaltszettel ist echt frustrierend.“ Ihre Kolleg:innen von den Wiener Kinderfreunden ergänzen: „Wir sind da, weil sich dringend was ändern muss. Es kann so nicht weitergehen! Es ist einfach gerade wirklich mistig und gesundheitsgefährdend für alle Beteiligten. Und ich rede jetzt nicht von Viren und Bakterien, sondern tatsächlich von den Rahmenbedingungen, die uns alle krank machen und ins Burnout treiben. Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen. Das heißt, wir brauchen erstens mehr Personal. Das heißt, der Job muss attraktiver werden. Wir brauchen einen kleineren Betreuungsschlüssel. Wir brauchen mehr Geld, das in die Elementarpädagogik investiert wird. Es geht immerhin um unsere Zukunft, um die Kinder. Wir sind keine Tanten, bei denen man Kinder einfach abgibt, sondern Bildungspersonal.“
Einsturzgefahr: Alles muss sich dringend ändern!
Der Maria-Theresien-Platz ist knackevoll. Vor der Bühne steht Camillo, der Betriebsrat-Stellvertreter vom Verein Student:innenkinder. Er macht deutlich: „Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen, bessere Löhne und die Strukturen müssen auch verbessert werden. Es wird seit Jahren gekämpft, aber es scheint nicht richtig dort anzukommen, wo man uns zuhören sollte. Deswegen sind wir hier. Und es ist nicht das letzte Mal, sie werden uns wieder haben wenn sie nicht tun, was wir brauchen. Unsere Bedingungen müssen verbessert werden. Egal ob bei der Ausbildung, in der Arbeit oder bei jenen, die in Pension gehen. Es muss einfach anders werden, als es jetzt ist.“
Eine erfahrene Pädagogin der Kinder in Wien stimmt zu und meint: „Ich bin heute hier, weil die Rahmenbedingungen schon seit Jahrzehnten geändert gehören, und es in den Bundesländern völlig unterschiedlich ist. Das ergibt am wenigsten Sinn, und es geht immer nur um Schule und Uni. Es wird ausgeblendet, dass wir in der Elementarpädagogik alles aufbauen. Das kann es einfach nicht sein! Es muss bei uns investiert werden. Es ist absolut richtig, wenn man sagt, die Politiker reden immer nur. Es sollten noch mehr zusammenfinden. Ich finde auch, die Kindergärten der Stadt Wien sollten dabei sein. Alles sollte stillstehen. Dann kann die Politik einmal schauen, wie alles zusammenhängt.“
Inklusion braucht Qualität in den Gruppen, nicht Quantität
Kolleg:innen der Sankt Nikolausstiftung erzählen vom Kindergarten- und Hortbereich. Inklusion ist ein brennendes Thema. Man will der Regierung mitgeben, dass weniger Kinder in den Gruppen sein sollten und mehr Unterstützung für sie nötig sei. Es heißt, auch Kinder mit besonderen Bedürfnissen bestmöglich zu fördern und dazu fehlt in erster Linie das Personal. Eine von ihnen bringt es auf den Punkt: „Gut ausgebildete Pädagoginnen wären fein. Notfalls soll durch Assistentinnen wenigstens etwas mehr Unterstützung in die Gruppen kommen, weil Assistentinnen auch sehr wertvoll sind. Das Gehalt könnte natürlich mehr sein, keine Frage. Das allerwichtigste ist aber, dass wir mehr Unterstützung in den Gruppen bekommen.“ Die meisten Kundgebungsteilnehmer:innen sagen, dass es sie nicht wundert, dass bei den aktuellen Rahmenbedingungen die Berufseinsteiger:innen schnell wieder aus der Branche aussteigen.
Eine Gruppe von Angestellten der Wiener Kinderfreunde aus dem 11. Bezirk ist mit selbstgemachten Schildern gut ausgestattet. Eine der Pädagog:innen sagt: „Wir sind heute hier, um uns für unsere Rechte einzustehen, weil wir bessere Rahmenbedingungen und Gleichheit brauchen, ein Bildungsrahmensystem für ganz Österreich. Vor allem brauchen wir dringend mehr Personal um den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Pauschal kann ich sagen, dass wir komplett unterbezahlt sind. Wir müssen wesentlich mehr Bildungsarbeit machen als uns meist zugedacht wird. Es braucht wesentlich mehr Qualitätsmanagement. Wenn das bei uns im Team nicht passt, dann geht’s den Kindern nicht gut. Wir bilden die Generationen für die Zukunft aus. Da geht es wahnsinnig viel um Menschlichkeit und um faire Arbeitsverhältnisse am Arbeitsplatz.“
Streikbereit gegen den unsinnigen Fleckerlteppich
Ein gutes Gesetz für alle steht seit Jahren aus. Mit Trillerpfeifen soll die Politik aufgeweckt werden. Eine Kollegin von der Diakonie kritisiert: „Es kann nicht sein, dass es einfach bundesweit komplett anders ist. Wir sind ein kleines Land. In Vorarlberg wird besser bezahlt und es gibt mehr Ferien. Wir haben fast durchgehend offen und bekommen schlechter bezahlt. Auch bei der Ausbildung muss einfach flächendeckend alles einheitlich gemacht werden.“ Eine lautstarke Gruppe stellt sich vor: „Wir sind vom Träger der Sankt Nikolausstiftung und wir sind streikbereit. Wir wollen mehr Gehalt, dass wir mehr Personal in den einzelnen Gruppen haben. Wir haben sehr viele Kinder, die erhöhten Förderbedarf brauchen. Das Bildungssystem in Österreich wird zu wenig unterstützt und das zeigt sich vor allem in der Elementarpädagogik – und dann an unseren Kindern im Endeffekt.“
Astrid vom Verein Student:innenkinder arbeitet im Hort. Warum sie hier ist, kann sie leicht erklären: „Weil sich in den letzten Jahre nie wirklich etwas Relevantes verändert hat, und man viel mehr Druck machen muss. Was jetzt schon mal sehr gut ist, ist, dass wir jetzt einfach in der Arbeitszeit und nicht nur Samstagen protestieren. Wir müssen noch mehr Druck aufbauen und dürfen nicht lockerlassen. Es ist eine gute Stimmung hier und ich hoffe, dass wir gemeinsam weiter kämpfen bis unsere Forderungen umgesetzt werden.“ Das versprachen die Gewerkschaftsvertreter:innen von der GPA und der Vida von der Bühne aus und die Betriebsrät:innen unterbrechen die Betriebsversammlungen am 2. Oktober nur anstatt sie zu beenden. Dieser Arbeitskampf geht weiter und das ist gut so!