Wofür wir stehen Revolutionäre Politik in Krisenzeiten

Warum wir eine Revolution brauchen

„Die Menschen können und sollen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und brauchen dafür weder Milliardäre, Manager noch Präsidenten, das ist unser Ausgangspunkt“


Linkswende versteht sich als revolutionäre Organisation, weil wir überzeugt sind, dass wir den Kapitalismus nur mit einer Revolution überwinden können. Vom Erkämpfen der Demokratie und der Menschenrechte in Frankreich 1789 und dem daran anknüpfenden erfolgreichen Sklavenaufstand in Haiti 1791, über die erste Machtübernahme der Arbeiter:innenklasse 1917 in Russland bis zum Sieg der antikolonialen Bewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg ziehen sich Revolutionen durch die Weltgeschichte. Sie sind keine Spezialität der Vergangenheit. 2011-2012 erschütterten Revolutionen den arabischen Raum und inspirierten Aufstände in der ganzen Welt. Eine Revolution gegen den Kapitalismus ist nicht unrealistisch, sondern die einzige Möglichkeit, mit den Krisen unserer Zeit von Krieg und Fluchtkatastrophen bis zu Klimawandel und Verarmung umzugehen.


Der technologische Fortschritt hat zu einer ungeheuren Konzentration von Reichtum in den Händen weniger Menschen geführt. Mittlerweile besitzen acht Männer mehr Vermögen als die ärmere Hälfte der gesamten Weltbevölkerung. (Oxfam 2017) Doch selbst der unfassbare Reichtum dieser Männer ist gering im Verhältnis zu der Finanzmacht der großen Banken und Vermögensverwalter. Der größte Vermögensverwalter der Welt, das Unternehmen Black Rock, verfügt über 10 Billionen US-Dollar. Das ist in etwa das gesamte Budget des österreichischen Staates mal 85.


Die Vermögenskonzentration hat dazu geführt, dass die Reichen innerhalb der bestehenden Gesetze unangreifbar geworden sind. Mit ihrer Finanzmacht können sie demokratische Wahlen beeinflussen oder verunmöglichen. Beispielsweise wurde der demokratisch gewählte sozialistische Präsident Chiles, Salvador Allende, 1973 durch einen von der CIA unterstützten Militärputsch ausgeschaltet. Der reichste Mann der Welt Elon Musk positioniert sich offen auf der Seite der globalen Rechten. Darum erleben wir aktuell dass die Demokratie erneut vom Bündniss Super-Reiche und Faschisten bedroht wird.


Die Erkämpfung der parlamentarischen Demokratie war einer der wichtigsten Erfolge der Arbeiter:innenbewegung. Als Revolutionär:innen müssen wir die Demokratie gegen die Angriffe von Kapital und Faschismus verteidigen. Gleichzeitig sollten wir uns aber auch bewusst sein, dass die aktuelle Demokratie nicht die „beste Regierungsform aller Zeiten ist“. Das grundlegende Problem der parlamentarischen Demokratie ist, dass sie auf der Trennung in eine ökonomische und politische Sphäre beruht. Während wir bei der Auswahl unserer Herrscher mitbestimmen dürfen, haben wir keine Möglichkeit, unseren Boss oder Manager zu wählen. Am Arbeitsplatz gehen die demokratischen Rechte verloren. Die Trennung von politischer und ökonomischer Sphäre bedeutet, dass die ungleiche Vermögenskonzentration und dadurch Macht in unserem System angelegt sind. Darum sollten wir die bestehende Demokratie nicht nur verteidigen, sondern für eine Demokratisierung der gesamten Gesellschaft eintreten. Das bedeutet zuallererst demokratische Mitbestimmung in ökonomischen Fragen.


Die Menschen können und sollen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und brauchen dafür weder Milliardäre, Manager noch Präsidenten, das ist unser Ausgangspunkt. Marx und Co. argumentierten jedoch, dass wir nicht nur die herrschende Klasse stürzen müssen, sondern dass sich die Menschen selbst ändern müssen. Marxist:innen meinten dies nicht in einem spirituellen, sondern in einem ganz praktischen Sinn. Die von Kapitalismus unterdrückten Menschen sind durch Sexismus, Rassismus, Nationalismus gespalten. Diese Spaltungen können nur im gemeinsamen Kampf, nicht durch moralische Vorträge, überwunden werden. Die Geschichte des Widerstandes ist voll von solchen Beispielen: Von den russischen Arbeiter:innen die 1917 in einem antisemitischen Land den Juden Leo Trotzki als ihren höchsten Vertreter wählten, über das Bündnis von Minenarbeitern mit der Gay Community im großen Bergarbeiterstreik 1984 bis zur Kooperation zwischen Muslimen und koptischen Christen während der Besetzung des Tahrir-Platzes in Ägypten 2011, von alltäglicheren politischen Aktionen wie Demonstrationen, Besetzungen und Streiks bis zur revolutionären Umwälzung der Gesellschaft– im Kampf, durch gemeinsame Praxis ändern Menschen ihre Überzeugungen. Menschen ändern sich, während sie aktiv daran gehen, ihre Umwelt zu verändern.

Weiterlesen….

Arbeiter:innenklasse ist die Mehrheit

Global betrachtet ist die Arbeiter:innenklasse heute um ein Vielfaches größer als zu Marx‘ Lebzeiten. Das bedeutet, die objektiven Möglichkeiten für eine Revolution sind viel besser


Wir brauchen eine Revolution, um eine gerechtere Welt zu schaffen. Die Arbeiter:innenklasse ist der entscheidende Faktor, um diese Revolution zu erreichen. In öffentlichen Diskussionen wird oft argumentiert, dass es die Arbeiter:innenklasse nicht mehr gibt. Global betrachtet ist die Arbeiter:innenklasse heute um ein Vielfaches größer als zu Marx‘ Lebzeiten. Seit 2013 lebt über die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Dazu kommt die globale Ausbreitung des Kapitalismus, sowie die massenhafte Integration von Frauen in die Lohnarbeit. Das bedeutet, die objektiven Möglichkeiten für eine Revolution sind heute viel besser als zu Marx‘ Zeiten.


Obwohl Marxist:innen davon ausgehen, dass nur die Arbeiter:innenklasse eine Revolution anführen kann, bedeutet das nicht, dass sich unsere Politik nur um wirtschaftliche Fragen dreht. Der „Ökonomismus“, die reine Fokussierung auf ökonomische Fragen, ist eine verheerende Schwäche mancher linker Strömungen. Die Arbeiter:innenklasse war nie ein monolithischer Block, der sich nur für „Brot und Butter“-Themen interessierte. Kämpfe um Wahlrechte, Frauenbefreiung oder gegen Krieg waren zentrale Kämpfe in der Geschichte der Arbeiter:innenbewegung. Marxismus zielt darauf, in der individuellen Unterschiedlichkeit der Arbeiter:innenklasse das gemeinsame Element zu betonen: Wir alle werden vom Kapital ausgebeutet.


Für Marx gehörten all jene Menschen, die dazu gezwungen waren, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, und ihre Angehörigen, zur Arbeiter:innenklasse, weil sie keine andere Möglichkeit hatten, Geld zu verdienen. Ob die Arbeitskraft in einer Fabrik zur Produktion von Waren eingesetzt wird oder in einer Schule, um neue Arbeiter:innen auszubilden, ist auf abstrakter Ebene irrelevant. Die Wirtschaft ist im Kapitalismus nicht nach unseren Bedürfnissen, sondern nach jenen des Profits organisiert, darum ist die konkrete Form der Arbeit von sekundärer Bedeutung. Ausbeutung bedeutet, dass Arbeiter:innen für ihre Arbeit weniger Geld erhalten, als sie Wert produzieren. Dieser Prozess ist unabhängig vom Willen der einzelnen Unternehmer. Denn nur Unternehmer, die ihre Arbeitskräfte erfolgreich ausbeuten, können im Konkurrenzkampf überleben. Neben Ausbeutung ist Konkurrenz der bestimmende Faktor im Kapitalismus. Marx Analyse zeigt, die Ungerechtigkeit des Kapitalismus ist systematisch und kein Fehler des Systems.


Marx‘ Analyse zeigte, dass die Arbeiter:innenklasse kollektiv ausgebeutet wird. Entscheidend ist jedoch, dass sie sich dieser Situation bewusst wird. Wenn eine einzelne Arbeiterin nicht zur Arbeit geht, kann sie gefeuert werden, wenn sich die gesamte Belegschaft weigert, dann ist der Chef in der schwächeren Position. Gewerkschaften und Sozialdemokratie waren ein entscheidendes Mittel, diese kollektive Kraft der Arbeiter:innenklasse sichtbar zu machen. Beides sind Institutionen, die darauf setzen, den Kapitalismus zu reformieren. Solang eine starke Arbeiter:innenbewegung existierte und der Kapitalismus floriert hat, konnte Reformismus funktionieren. Man denke an die zwei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg. Aktuell erleben wir das Gegenteil. Die reformistischen Versprechungen funktionieren nicht mehr, weil es keine Profite zum Umverteilen gibt. Darum brauchen wir radikalere Strategien als Reform. Gewerkschaftliche Organisation und Streiks sind ein entscheidender, erster Schritt im Kampf gegen den Kapitalismus. Reformistische Gewerkschaften werden auf die aktuellen Krisen jedoch keine Antwort finden können. Dafür brauchen wir auch einen revolutionären Pol in den Gewerkschaften. Als Marxist:innen treten wir dafür ein, dass die Menschen, welche den Wohlstand produzieren, auch über die Verteilung bestimmen dürfen.

Weiterlesen…

FPÖ eine im Kern faschistische Partei

Der erste Bundesparteiobmann der FPÖ war der SS-Offizier Anton Reinthaller. Der Politikwissenschaftler Anton Pelinka klassifizierte: die FPÖ als „die indirekte Nachfolgepartei der NSDAP“.


Für uns ist die FPÖ nicht einfach eine rechte oder rechtspopulistische, sondern eine im Kern faschistische Partei. Dass nach 1945 wieder eine faschistische Partei zur stärksten Kraft in Österreich werden konnte, ist eine echte Bedrohung. Wir dürfen jedoch nicht in Panik verfallen, noch leben wir in keinem faschistischen Regime. Wir können noch legal kämpfen. Historisch konnten sich die faschistischen Parteien nicht einfach an die Macht wählen lassen. Ihre Politik der vollständigen Zerschlagung der Demokratie war viel zu radikal, als dass sie innerhalb der bestehenden Gesellschaft durchgesetzt werden konnte. Faschismus benötigte neben dem respektablen Arm einer Parlamentspartei auch eine außerparlamentarische Straßenbewegung. Diese hatte die Aufgabe, die politischen Gegner durch Straßenterror einzuschüchtern. Unter Kickl ist die FPÖ dem außerparlamentarischen Rechtsextremismus so nahe wie nie. Er verteidigte die Identitären als „NGO von rechts“ und sprach auf dem Treffen „Verteidiger Europas“. Während der Corona-Pandemie beteiligte sich die FPÖ an den Protesten, zu denen auch verurteilte Rechtsextreme wie Gottfried Küssel aufriefen.


Faschismus stand nach den Schrecken des NS-Regimes vor mehreren Problemen. Erstens war er so verhasst, dass faschistische Parteien sich tarnen mussten. Zweitens war die politische Lage nach 1945 in Europa relativ stabil, ein Bürgerkrieg in weiter Ferne. Die Möglichkeiten für eine faschistische Massenpartei waren demnach begrenzt. Im faschistischen Lager setzte eine Form der Überwinterungspolitik ein und der ungeduldige Flügel organisierte individuellen Terrorismus. Diese Form der Überwinterungspolitik mit teilweise abdriften in den Rechtsterrorismus zeigt sich in der Geschichte der FPÖ.


Der Ursprung der FPÖ liegt im Nazi-Kriegsverbrecher Lager Glasenbach. Hier organisierten Nazis erste Zirkel, aus welchen 1949 der VDU, die Vorgängerpartei der FPÖ gegründet wurde. 1956 benannte sich der VDU in FPÖ um und ihr erster Bundesparteiobmann wurde der SS-Offizier Anton Reinthaller. Der Politikwissenschaftler Anton Pelinka klassifizierte treffend: „die FPÖ ist die indirekte Nachfolgepartei der NSDAP“.. Anfangs versuchte sich die FPÖ noch einen liberalen Anstrich zu verpassen. Über die Jahrzehnte kam das Braun jedoch immer offener zum Vorschein. Bereits die Umbenennung von VDU in FPÖ wurde von Zeitgenossen als rechter Putsch klassifiziert. Nach der ersten schwarz-blauen Regierung wurde Haiders „Buberlpartie“ durch stramme deutschnationale Burschenschafter ersetzt. Diese Burschenschaften, haben sich auch nach 1945 nie aus „den Traditionen des Nationalsozialismus“ gelöst, stellt der Autor Hans-Henning Scharsach fest. Burschenschaften, wie bspw. der Olympia, kommt die Aufgabe des Bindeglieds zwischen der FPÖ und dem rechtsextremen Straßenterror zu. Nicht nur führende FPÖ-Politiker wie Martin Graf oder Harald Stefan waren in ihren Reihen aktiv, sondern auch rechtsextreme Terroristen, u.a. Günther Kümel, dieser ermordete 1965 den antifaschistischen Aktivisten Ernst Kirchweger, oder Norbert Burger. Dessen Bombenterror tötete an die 30 Menschen in Südtirol.


Im 21. Jahrhundert erleben wir die Rückkehr multipler Krisen in die kapitalistische Gesellschaftsordnung. Immer weniger Menschen glauben, dass es ihren Kindern besser gehen wird als ihnen selbst. Die Coronapandemie war für die FPÖ eine Generalprobe. Zum ersten Mal seit 1945 konnte sie echte Massenproteste anführen. Revolutionär:innen stehen vor einer Doppelaufgabe. Einerseits müssen wir nach dem Motto „Lasst Nazis nicht regieren und niemals aufmarschieren“ mit breiten und radikalen Protesten die FPÖ überall, wo sie auftritt, konfrontieren und das Erstarken einer faschistischen Straßenbewegung verhindern. Zweitens müssen wir zeigen, dass es eine solidarische linke Antwort auf die Krisen unserer Zeit gibt. Wir müssen für antifaschistische Proteste mit Sozialdemokraten oder Grünen zusammenarbeiten, aber wir dürfen uns dabei nicht der Illusion hingeben, dass die etablierten Parteien eine Antwort auf den wiederkehrenden Faschismus haben könnten.

Weiterlesen…

und Stille Machtergreifung: Hofer, Strache und die Burschenschaften von Hans-Henning Scharsach

Solidarität mit Muslim:innen

Anti-Muslimischer Rassismus ist die Pauschalantwort auf alle Probleme in Österreich. Dadurch wird die Bevölkerung gespalten, und die Herrschenden haben einen Ausweg, um von ihren Versagen abzulenken.


Anti-Muslimischer Rassismus ist der gesellschaftlich akzeptierte Rassismus unserer Zeit. Von Trumps Einreiseverbot für Muslim:innen, dem FPÖ-Wahlkampfslogans „Abendland in Christenhand“ oder „Freie Frauen statt Kopftuchzwang“ bis zu den liberalen Diskursen über das Verbot das Kopftuch in Gerichten oder Schulen zu tragen, die Palette ist endlos. Anti-Muslimischer Rassismus ist in Österreich die Pauschalantwort auf alle gesellschaftlichen Probleme. Von Bildung bis Sozialpolitik, kaum ein politisches Thema, beidem Rechte und Liberale nicht Muslim:innen als Ursache für die Probleme ausmachen. Dadurch wird die Bevölkerung nicht nur gespalten, sondern die Herrschenden haben einen leichten Ausweg, um von ihrem Versagen abzulenken. Antimuslimischer Rassismus ist nicht nur weithin akzeptiert, selbst Teile der Linken leugnen, dass es sich bei den Anfeindungen von Muslim:innen um Rassismus handelt.


Das Selbstverständnis von Linken als antireligiös missversteht die eigene Geschichte. Genauso wie wir Staatsreligionen als Unterdrückungsmechanismus immer kritisiert haben, waren wir immer solidarisch mit Menschen, wenn sie aus religiösen Motiven das herrschende Unrecht kritisierten. Vom Anführer der deutschen Bauernkriege Thomas Müntzer bis Malcolm X. wurden religiöse Menschen immer wieder zu Heldengestalten der Linken. Die Linke kritisierte Religion, wenn sie die Herrschaft stabilisierte. Marx erklärte in seinem Text „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“, dass Religiosität oft eine Reaktion auf die Ungerechtigkeit der realen bestehenden Welt war. Ob sie dabei die Herrschaft stabilisierte oder angreift, ergab sich nicht aus der Religion selbst, sondern aus den gesellschaftlichen Umständen.


Insbesondere seit 9/11 erleben wir, wie der Islam zum wichtigsten Feindbild des westlichen Imperialismus wurde. Die Vorstellung eines „Kampfs der Kulturen“ dient dazu, die militärischen Auseinandersetzungen zwischen westlichem Imperialismus und Befreiungsbewegungen zu ideologisieren. Islamistischer Terrorismus wird dadurch nicht mehr als brutale Antwort auf eine brutale Weltordnung begriffen, sondern mit der angeblichen Gewaltverherrlichung des Islams erklärt. Das dieser Zugang Unsinn ist, weiß jeder der einmal in die Bibel geschaut hat. Gewalt spielt hier immer eine Rolle. Wer den islamistischen Terror bekämpfen will, sollte gegen die imperialistische Weltordnung kämpfen, anstatt seine Zeit mit Religionskritik zu verschwenden.


In dieser Frontstellung erklären Konservative und Rechte Muslim:innen in Österreich quasi zu Agenten des globalen Kulturkampfes. Das Kopftuch wird nicht einfach als religiöses Symbol gesehen, das man tragen oder nicht tragen kann, sondern als Ablehnung der „westlichen“ Kultur samt Demokratie interpretiert. Diese Identifikation von religiösen Menschen mit einer Seite in einem politischen Konflikt hat Ähnlichkeiten mit dem historischen Antisemitismus. Jüdinnen und Juden wurden im 20. Jahrhundert nicht nur zu Sündenböcken für alles gemacht, sondern die Rechten interpretierten sie als heimatlose Gestalten, die gleichermaßen für den Kommunismus und den Kapitalismus verantwortlich waren. Wer Muslim:innen heute automatisch als Kämpfer:innen für eine andere „Kultur“ identifiziert, folgt derselben Logik.


Ein Großteil der österreichischen Bevölkerung und insbesondere der Arbeiter:innenklasse sind heute in unterschiedlichem Ausmaß religiöse Muslim:innen. Uns solidarisch an ihre Seite zu stellen, ist nicht nur eine moralische Pflicht. Wenn wir uns als Linke weigern, gemeinsam mit den Opfern von Rassismus für eine andere Welt zu kämpfen, dann haben wir den Kampf um eine sozialistische Gesellschaft verloren, bevor er überhaupt angefangen hat.

Weiterlesen…

Trans-Frauen sind Frauen

Es gab vorkapitalistische Gesellschaften, in welchen der Trennung in Mann und Frau weniger bzw. keine Bedeutung zukam. Es war der Kolonialismus, welcher die strikte Unterscheidung Mann/Frau global durchsetzte.


Die Frauen- und LGBTIQ+-Bewegung haben in den vergangenen Jahrzehnten Fortschritte gefeiert. Die Entkriminalisierung von Homosexualität und Schwangerschaftsabbruch, das Recht unabhängig vom Mann arbeiten zu gehen und vieles mehr. Mit den Erfolgen der Faschisten kommen diese Fortschritte unter Beschuss. Der Hass auf Trans-Personen dient als Auffangbecken für die faschistische Neuformierung. In Österreich konnten die Versuche von Nazis, katholischen Fundamentalisten und rechter Online-Subkultur unter der Führung der FPÖ eine anti-LGBTIQ+ Bewegung aufzubauen bisher aufgehalten werden. Hunderte Antifaschist:innen stellten sich 2023 vor Dragqueen-Lesungen und besiegten die faschistischen Mobilisierungen.


Für die Rechten ist der Hass auf Trans-Personen ein Aufbauprojekt, sie wollen alle Erfolge der LGBTIQ+ und Frauenbewegung zerschlagen. Selbst innerhalb der Linken und der feministischen Bewegung erleben wir Unterstützung für die Angriffe auf Transpersonen; unter dem Scheinargument des Schutzes von Frauen. Dieser Teil der Linken versteht Geschlecht primär biologisch und schließt Trans-Personen durch diesen Zugang aus ihren Kämpfen aus.


Historisch gesehen war die Definition von Geschlecht anhand biologischer Merkmale immer ein Ausgangspunkt des politischen Konservatismus. 1918/1919 bekämpften Konservative und Rechte das Frauenwahlrecht mit sexistischen Spekulationen über die natürliche Überemotionalität von Frauen im Unterschied zum klaren Verstand der Männer. Einige Jahrzehnte später wurde pseudowissenschaftlich ein angeblich geringerer IQ von Frauen ins Rennen geführt, um Forderungen nach gleichem Lohn zu bekämpfen. Neben der Kritik am unwissenschaftlichen Biologismus setzte die Linke darauf, Geschlecht von der Geschlechtsrolle (Sex von Gender) zu trennen.


Angefangen von Friedrich Engels Werk über die Ursprünge von Familie, Privateigentum und dem Staat, gibt es eine Reihe marxistischer Werke, die zeigten, wie spezifische Geschlechtsrollen spezifischen Klassengesellschaften entsprachen. Nach Engels‘ Analyse ist die klassische Kleinfamilie erst nach der Sesshaftwerdung entstanden und galt ihm als die „weltgeschichtliche Niederlage des weiblichen Geschlechts“. Die Bedeutung der Kleinfamilie für den Kapitalismus liegt auch daran, dass die Sorge und Erziehungsarbeit gratis auf Frauen verteilt wird.


Es gab jedoch vorkapitalistische Gesellschaften, in welchen der Trennung in Mann und Frau weniger bzw. keine Bedeutung zukam. Es war der europäische Kolonialismus, welcher die strikte Unterscheidung Mann/Frau global durchsetzte. Die Kritik an dieser strikten Trennung kann sich auf naturwissenschaftliche Forschung beziehen. Beispielsweise kann anhand DNA-Chromosom-Analysen gezeigt werden, dass Geschlechtsspezifika komplexer sind als ein Mann oder Frau-Schema.


Wichtiger als die naturwissenschaftliche Argumentation über Geschlecht ist jedoch die individuelle Selbstwahrnehmung von Trans-Personen. Wie alle Menschen entwickeln auch Trans-Personen ein Selbstverständnis von Geschlecht, welches in ihrem Fall nicht mit dem ihnen gesellschaftlich zugeschriebenen Geschlecht zusammen fällt. Es gibt keinen Grund, Menschen die Freiheit abzusprechen, ihr Geschlecht selbst zu definieren. Trans-Frauen sind Frauen, Trans-Männer sind Männer. Darum müssen wir als Marxist:innen gemeinsam mit Trans-Personen für Gleichberechtigung und Selbstbestimmung kämpfen.

Weiterlesen…

Warum wir Ökosozialist:innen sind

Die Klimakrise ist die schlimmste Katastrophe der Menschheit im 21. Jahrhundert. Der Kapitalismus treibt die Klimakrise nicht nur voran, sondern wird durch sie noch brutaler.


Die Klimakrise ist die schlimmste Katastrophe der Menschheit im 21. Jahrhundert. Der Kapitalismus treibt die Klimakrise nicht nur voran, sondern wird durch sie noch brutaler. Der Klimawandel betrifft zwar die gesamte Menschheit, jedoch sitzen wir nicht alle im selben Boot. Während in Pakistan Straßenarbeiter:innen bei steigenden Rekordtemperaturen von bis zu 50 Grad lebendig gegrillt werden, sitzen die Multimilliardäre in gekühlten Bunkern. Schon jetzt sterben in Österreich mehr Menschen an Hitze als im Straßenverkehr. Es sind besonders arme, alte, immunschwache Personen, die unter den tödlichen Folgen leiden. In seinem Buch Survival of the Richest (Überleben der Reichsten) berichtet der Journalist Douglas Rushkoff von Gesprächen, die er mit Milliardären über den Klimawandel führte. In keinem dieser Gespräche fragten die Milliardäre, was sie tun könnten, um den Klimawandel zu verhindern. Das Einzige, worüber sie sprechen wollten, war, wie sie ihn überleben könnten. Bunkeranlagen oder gleich Besiedelung eines anderen Planenten. Elon Musks geplante Eroberung des Mars passt in diese Logik.


Es geht bei der Klimakrise nicht nur um einen rasanten Anstieg der Durchschnittstemperaturen, sondern darum, dass sich die gesamte Lebensgrundlage der Menschheit in den kommenden Jahrzehnten verändern wird. Die menschliche Zivilisationsgeschichte fand im geologischen Zeitalter des Holozäns statt. Dieses Erdzeitalter zeichnete sich durch relative stabile Bedingungen aus. Innerhalb der Wissenschaften wurden neun planetare Grenzen definiert, welche die Stabilität des Holozäns ermöglichten. Zu diesen Neun gehören u.a. der Klimawandel, die genetische Vielfalt der Biosphäre, die Veränderung der natürlichen Landmasse usw. Sechs dieser neun planetaren Grenzen sind bereits überschritten, was bedeutet, dass sich die Erde nicht mehr in einem stabilen Gleichgewicht befindet. So theoretisch abstrakt diese wissenschaftlichen Definitionen klingen, so brutal ist ihre Realität. Von Hungerkatastrophen über Extremwetterereignisse bis zur Unbewohnbarkeit breiter Teile der Erde reichen die Auswirkungen.


Jedoch sind nicht die einzelnen Menschen an der Klimakrise schuld, sondern ein kapitalistisches System, in welchem die Natur nur als Mittel zur Profitmaximierung verstanden wird. Das neue geologische Zeitalter nach dem Holozän, das Anthropozän, begann mit dem Kapitalismus. Zwar veränderten Menschen auch zuvor ihre Ökosysteme, jedoch nur im regionalen Rahmen. Erst durch den Kapitalismus wurde die gesamte Umwelt dem Prinzip der Verwertung unterworfen. Marx beschrieb diesen Prozess in seinem Hauptwerk, dem Kapital, als „unheilbaren Riss“ im Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur. Die Natur wird im kapitalistischen System nicht als Grundlage des menschlichen Lebens gesehen, sondern als bloßes Mittel zur Profitproduktion. Dies sieht man insbesondere seit den 1950ern, den Jahren mit dem Beginn der„großen Beschleunigung.“ Angetrieben durch zwei Weltkriege und die Systemkonkurrenz zwischen Kapitalismus und sowjetischem Staatskapitalismus explodierte der Bedarf nach Ressourcen. Die Durchschnittstemperatur stieg an, der Meeresspiegel erreichte Höchststände, und das Massensterben von unterschiedlichsten Tier- und Pflanzenarten begann.


Als Ökosozialist:innen müssen wir uns mit der Tatsache abfinden, dass uns die Kapitalistenklasse einen zerstörten Planeten überlassen hat. Darum geht uns die Zeit aus. Wir müssten jetzt mit einem geplanten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und der Errichtung einer auf erneuerbare Energien ausgelegten Infrastruktur beginnen. Genauso braucht es die Organisation der Wirtschaft nach den Kriterien einer Produktion nach Bedürfnissen bei möglichst geringem CO₂-Einsatz. Wir müssen aber auch sehen, dass die Katastrophe in einer demokratisch-solidarischen Welt besser zu überleben ist als in einer kapitalistisch nationalstaatlichen. In solch einer solidarischen Welt werden wir alle Flüchtlinge aufnehmen und gut unterbringen. Wir müssen neue klimaneutrale Städte errichten, die Lebensmittelproduktion umgestalten und generell Ressourcen energieschonend und bedürfnisorientiert einsetzen.

Weiterlesen…

Massengrab Mittelmeer ist EU-Politik

Mit der Bedrohung des Klimawandels und der immer größer werdenden Fluchtkatastrophen erleben wir, wie sich die EU-Politik von einem Sterben lassen zum aktiven Töten von Flüchtlingen wandelt.


Die Europäische Union ist der heilige Gral des Linksliberalismus. Friedensnobelpreisträgerin, Einigerin Europas, Bollwerk gegen die extreme Rechte, Überwindung des Nationalismus; das und vieles mehr schreiben Journalist:innen genauso, wie sozialdemokratische oder grüne Politiker:innen der EU zu. Bundespräsident Van der Bellen kritisierte die FPÖ vor allem für ihre EU-Kritik. Seine Hauptforderung an Kickl ist, dass Österreich in der EU bleiben muss. Auch innerhalb der radikaleren Linke begegnet man oft einer positiven Bezugnahme auf die EU.


Das Fehlen einer offeneren linken EU-Kritik bedeutet, dass sich die extreme Rechte als einzige Anti-Establishment-Kraft darstellen kann. Viele Leute, insbesondere Arbeiter:innen, verbinden mit der Europäischen Union eine permanente Verschlechterung ihres Lebensstandards. Die EU steht für Teuerung, schlechtere Arbeitsplätze, Korruption und undemokratische Institutionen. Neoliberalismus, der sukzessive Abbau sozialer Rechte, ist tief in den Strukturen der EU verwurzelt. Der Vertrag von Maastricht legt die Staatsverschuldungsquote der EU-Mitgliedstaaten auf 3 Prozent fest, dadurch ist eine keynesianische, pro-gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik unmöglich. Die keynesianische Wirtschaftspolitik der 60er-Jahre erlaubte, dass Staaten durch Verschuldung Jobs schaffen können. Der Vertrag offenbarte auch den antidemokratischen Charakter der EU. Als sich die französische Bevölkerung 2005 in einer Volksabstimmung gegen den Vertrag aussprach, ignorierte die EU die Abstimmung und erklärte den Vertrag für gültig.


2015 wurde in Griechenland die Linkspartei Syriza mit der Hoffnung, die brutale Sparpolitik der EU zu beenden, an die Macht gewählt. Wiederum wurde in einer Volksabstimmung die EU-Schuldenpolitik abgelehnt. Wieder weigerte sich die EU, das Ergebnis zu akzeptieren und zwang Griechenland zu einem noch brutaleren Sparkurs.


Auch die Vorstellung der EU als Friedensbündnis ist falsch. Geopolitisch ist die EU untrennbar mit dem Militärbündnis NATO verbunden. Die EU zielte nicht auf Frieden, sondern auf die Einigung Europas unter amerikanischer Vorherrschaft ab, gegen Russland bzw. die Sowjetunion. Nationalismus sollte durch die EU nicht überwunden werden, sondern auf eine gesamteuropäische Grundlage gestellt werden.


Die Brutalität der europäischen Einigung ist an den Außengrenzen Europas ersichtlich. Jedes Jahr sterben tausende Flüchtlinge im Mittelmeer. Frontex ist die EU-Organisation, welche für die Flüchtlingsabwehr zuständig ist. Das Budget von Frontex explodierte seit 2015 von 143 Millionen auf mittlerweile über 800 Millionen. Die gigantischen Ressourcen werden nicht nur für die Hightech-Überwachung des Mittelmeers eingesetzt. Frontex rüstet lokale Milizen entlang der Sahelzone aus, welche die wenigen Oasen überwachen. Das Ergebnis: Flüchtlinge aus dem Süden Afrikas verdursten zu Tausenden in der Sahara. Von der systematischen Verweigerung, Asylanträge anzunehmen, über Folter entlang der Balkanroute, Schüsse auf Flüchtlinge an der griechisch-türkischen Grenze bis zur Zusammenarbeit mit Sklavenhändlern und Diktatoren in Afrika, die Liste der Menschenrechtsverbrechen von Frontex ist schier endlos.


Gerade im Kontext des Klimawandels und der immer größer werdenden Fluchtkatastrophen erleben wir, wie sich die EU-Politik von einem Sterben lassen zum aktiven Töten wandelt. Die Forderung „Nieder mit allen Grenzen“ muss für die Linke eine Positionierung gegen die EU beinhalten.

Weiterlesen…

Israel: Das koloniale Siedlerprojekt

Israel war die falsche Antwort auf die Verbrechen des Holocausts. Vereinfacht ausgedrückt ließ man die Palästinenser:innen für die Verbrechen der Deutschen zahlen

Für uns ist Solidarität mit den Palästinenser:innen ein bestimmendes Thema unserer Politik. Dass sich als Antwort auf den Genozid in Gaza 2024 auch in Österreich eine starke Palästina-solidarische Bewegung formierte, war ein historischer Fortschritt in der außerparlamentarischen Linken. Jahrzehntelang wurde innerhalb der deutschsprachigen Linken jede Solidarität mit Israel als Antisemitismus verunglimpft. Und das in einem Land, indem die Nachfolgepartei der NSDAP Wahlen gewinnt.


Israel war die falsche Antwort auf die Verbrechen des Holocausts. Vereinfacht ausgedrückt ließ man die Palästinenser:innen für die Verbrechen der Deutschen zahlen. Schon die Gründung des israelischen Staates offenbarte die koloniale Siedlerlogik des Zionismus. Hunderttausende Palästinenser:innen wurden aus ihrer Heimat vertrieben und in Flüchtlingslagern zusammengepfercht. Israel folgte der Logik aller kolonialen Siedlerprojekte. Um Platz für eine neue Bevölkerung zu schaffen, muss die einheimische Bevölkerung unterdrückt und vertrieben werden. Diese israelische Politik der Vertreibung und Auslöschung radikalisiert sich seit der Staatsgründung. Die Siedlerbewegung eroberte immer neues Land für den israelischen Staat und zerstörte somit jede Möglichkeit auf eine Zwei-Staaten-Lösung.


Die offensichtliche und brutale Unterdrückung der Palästinenser:innen führte dazu, dass sich Unterdrückte auf der ganzen Welt mit ihrem Kampf nach Unabhängigkeit solidarisieren: Von den Aufständen der schwarzen US-Bevölkerung während „Black Lives Matter“ zu den Anti-Regime-Protesten während der arabischen Revolutionen 2011/12 bis zu den Klimaprotesten: „Es kann keine Klimagerechtigkeit auf besetztem Land geben“.


Die Brutalität der israelischen Politik kann nicht getrennt von der globalen imperialistischen Logik verstanden werden. Immerhin ist Israel auf die bedingungslose Unterstützung mit Geld und Waffen durch Europa und insbesondere die USA angewiesen. Der Grund für die amerikanische Unterstützung Israels ist weder Solidarität mit Jüdinnen und Juden noch die ökonomische Macht israelischer Lobbyverbände in den USA. Viel eher fungiert Israel für den US-Imperialismus als „unsinkbarer Flugzeugträger im Nahen Osten“. Durch das Bündnis mit Israel können die USA in der geopolitisch bedeutsamen Region Macht projizieren. Als Marxist:innen verstehen wir Imperialismus als ein System, indem der ökonomische Wettbewerb zwischen Kapitalverbänden und dem politischen Wettbewerb um staatlichen Einfluss miteinander verschmelzen. Die USA sind in diesem Spiel die führende Macht, welche auf dem gesamten Globus Herrschaft projizieren kann.


Als Linkswende unterstützen wir für das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ und solidarisieren uns darum mit allen nationalen Befreiungsbewegungen. Das bedeutet aber keine kritiklose Solidarität. Erfolgreiche nationale Befreiungsbewegungen führten nicht zur Abschaffung des Kapitalismus und zur Errichtung des Sozialismus. Meistens führten sie in autoritäre, Pro-kapitalistische Regime. Man denke an Irland oder Algerien. Gegen einen rein nationalen Fokus von Befreiungsbewegungen stehen wir für die internationale Solidarität der Arbeiter:innenklasse. Die Abschaffung der nationalen Unterdrückung ist aus dieser Perspektive nur ein erster Schritt hin zur Abschaffung der ökonomischen Unterdrückung.

Weiterlesen…

Das Scheitern der Sowjetunion

Durch die Konkurrenz am Weltmarkt setzten sich die kapitalistischen Prinzipien auch in der Sowjetunion durch. Darum kategorisieren wir die Sowjetunion als staatskapitalistischen Staatenbund.


Marx forderte: „Die Befreiung der Arbeiter:innenklasse kann nur das Werk der Arbeiter:innenklasse selbst sein.“ Wir verstehen Sozialismus in diesem Sinne als Sozialismus von unten, der nur aktiv durch die Masse erkämpft , und nicht von Parteien oder revolutionären Anführern proklamiert werden kann.


Das wichtigste Beispiel für solch eine Revolution von unten war die Russische Revolution 1917. In Russland gelang es der Arbeiter:innenklasse 1917 im Bündnis mit Soldaten und Bäuerinnen und Bauern, die alte Herrschaft zu stürzen und den Ersten Weltkrieg zu beenden. Im ganzen Land hatten die einfachen Leute in Versammlungen demokratische Räte gebildet, welche anstelle der alten Herrschaft treten sollten. Im Unterschied zum Parlament waren diese Rätedelegierten jederzeit abwählbar, ihren Wähler:innen direkt verantwortlich und durften nicht mehr als einen Durchschnittslohn verdienen. In beeindruckender Geschwindigkeit veränderten die Räte Russland. Der Acht-Stunden-Tag wurde eingeführt, Fabriken unter Arbeiter:innenkontrolle gestellt, es blieb jedoch nicht nur bei ökonomischen Reformen. Die Räte legalisierten Homosexualität genauso wie Abtreibung. Die mächtige orthodoxe Kirche wurde enteignet und anderen Religionsgemeinschaften gleichgestellt. Unterdrückten Volksgruppen wurde ein Recht auf Loslösung von Russland zugesprochen und der vom Zarenreich geschürte Antisemitismus bekämpft.


Die russische Arbeiter:innenklasse hatte unter der Führung von Lenin und Trotzki die Russische Revolution in der Hoffnung auf die Weltrevolution gemacht. Ein ökonomisch rückständiges Land wie Russland benötigt technologische Unterstützung moderner Staaten zum Aufbau des Sozialismus. Diese Hoffnung war keine Utopie. In Deutschland, Italien und Österreich kam es 1918/1919 zu revolutionären Umstürzen. Diese Umstürze konnten den Ersten Weltkrieg beenden. Jedoch gelang es den sozialdemokratischen Parteien dieser Länder, die Revolutionen in geordnete Bahnen zu lenken. In Kombination mit militärischer Repression wurde die Weltrevolution verhindert.


Dazu kam, dass ausländische Mächte wie die USA, England, Deutschland und Japan einen Bürgerkrieg gegen die russischen Arbeiter:innen anheizten. Auch wenn die russischen Revolutionär:innen 1922 den Bürgerkrieg schließlich gewannen, war der Preis unfassbar hoch. Das Land war zerstört, die industrielle Arbeiter:innenklasse physisch ausgelöscht, die revolutionären Räte geschwächt. In den kommenden Jahren traten Parteifunktionäre an die Stelle von gewählten Arbeiter:innen. Diese Bürokratie ermöglichte Stalins Machtübernahme.


Stalin wollte nur mehr „Sozialismus in einem Land“ und nicht mehr die Weltrevolution. Die internationalen kommunistischen Parteien wurden zu Werkzeugen der sowjetischen Außenpolitik. Tausende führende Revolutionär:innen der ersten Generation, wie Leo Trotzki, wurden in Stalins Auftrag ermordet. Stück für Stück zerschlug Stalin die revolutionären Errungenschaften. Gleichzeitig musste die sowjetische Staatsführung am Weltmarkt erfolgreich sein. Einerseits, um militärisch wehrfähig gegen andere Staaten zu sein. Andererseits, um den Luxuskonsum der Bürokraten zu ermöglichen. Durch die Konkurrenz am Weltmarkt setzten sich die kapitalistischen Prinzipien auch in der Sowjetunion durch. Darum kategorisieren wir die Sowjetunion als staatskapitalistischen Staatenbund, nicht als sozialistisch.
Auch wenn die Russische Revolution scheiterte, bleibt sie ein wichtiges Lehrbeispiel für Sozialist:innen. Sie zeigt, wie schnell eine revolutionäre Bewegung ein Land umgestalten kann. Binnen Monaten wurden mit jahrhundertealten Vorurteilen gebrochen. Genauso ist sie jedoch auch ein Beleg dafür, dass der politische Kampf nach der Revolution weitergeht.

Weiterlesen…

Organisier dich bei Linkswende

Wir sind kein Diskussionsverein. Genau so wenig wollen wir nur warten, bis der richtige Moment für eine Revolution gekommen ist, und dann losschlagen. Viel eher geht es uns darum, schon jetzt in allen gesellschaftlichen Konfliktfeldern zu intervenieren und eine starke außerparlamentarische Bewegung aufzubauen. Wir stehen in Österreich nicht nur vor dem Problem einer immer mächtiger werdenden faschistischen Bewegung, sondern erleben auch, dass die radikale Linke gesamtgesellschaftlich geschwächt ist. Diesen Zustand können wir nur durch politische Praxis, nicht durch das Hoffen auf mediale Aufmerksamkeit oder parlamentarische Wahlerfolge, verändern.


Unsere Theorie, dass eine Revolution nur durch die Massenaktivität der Arbeiter:innenklasse, nicht stellvertretend durch Milizen oder Parteien erreicht werden kann, ist dabei der zentrale Grundsatz unserer praktischen Aktivitäten. Darum organisieren wir regelmäßige Infotische, bei denen wir über unsere Ideen diskutieren wollen. Nach dem Grundsatz der größtmöglichen Einheit arbeiten wir für Demonstrationen mit allen Menschen und Gruppen zusammen, ohne unsere politischen Grundsätze aufzugeben. Von Besetzungen für Palästina, über antifaschistische Blockaden von Nazi-Aufmärschen, bis zu Protesten für die Forderung nach einer ökologischen Wirtschaft und Streiks für bessere Arbeitsbedingungen, wollen wir überall aktiv sein, wo Menschen gegen die herrschenden Ungerechtigkeiten kämpfen.


Wir sagen auch, dass wir als Revolutionär:innen die besten Reformisten sein müssen. Jede verhinderte Abschiebung, jedes Gesetz, das den globalen CO₂-Ausstoß mindert, ist aus dieser Perspektive ein Fortschritt. Um solche „Reformen“ zu erkämpfen, müssen wir viele und radikal sein. Genauso vergessen wir beim Kampf um Reformen nicht, dass wir den Kapitalismus grundsätzlich abschaffen müssen. Dafür organisieren wir uns und diskutieren wöchentlich über die Aufgaben der radikalen Linken in diesem reaktionären Land.


Wenn du unserer Politik so weit zustimmst, dann organisiere dich bei Linkswende und kämpfe mit uns für eine sozialistische Welt.