Aufstand der Jugend: Klimastreiks mischen Politik in Österreich auf
Eine neue Generation junger Menschen hat genug von der etablierten Klimapolitik. Sie finden sich mit der Zerstörung unseres Planeten nicht länger ab und nehmen die Politik in die Mangel. Die jungen Menschen werden die antikapitalistische Bewegung radikal verändern.
Nachdem sich am 24. Jänner 35.000 Schüler_innen an einem Klimastreik in Brüssel beteiligten, konnte das Bündnis Act For Climate Justice am Sonntag darauf mehr als 100.000 Menschen gegen den Klimawandel mobilisieren. Über 50.000 Menschen beteiligten sich dann am 3. Februar beim am Klimastreik in der Schweiz. In Deutschland hebt die Bewegung auch schon ab. Der ORF hat die Wucht der Bewegung erkannt und eine gute Übersicht über die Proteste veröffentlicht.
Klimastreiks am 15. März, Aktionstag am 5. April
In Wien organisierte die Initiative Fridays For Future (Freitage für die Zukunft) am Heldenplatz bereits acht Klimastreiks mit jeweils rund 100 Menschen. Völlig überrascht vom Zulauf waren die Initiatorinnen Anika und Luisa Dafert in Salzburg. Letzten Freitag streikten dort 150 Schülerinnen und Schüler für das Klima. In Linz waren es bereits 200 am Taubenmarkt. Überall schießen Initiativen aus dem Boden, die alle unterstützen sollten: Innsbruck, Graz, Linz, Salzburg und Wien.
System Change, not Climate Change, Fridays For Future und Students for Climate Action, Rettet die Lobau – Natur statt Beton, Extinction Rebellion, Linkswende jetzt und weitere Initiativen bereiten für den 5. April einen Aktionstag mit Streiks am Vormittag und Demonstration am Abend vor. Bereits am 15. März werden in über 40 Ländern auf allen Kontinenten Menschen für Klimagerechtigkeit streiken. Treffpunkt in Wien ist um 10 Uhr am Heldenplatz unter dem Motto „Jetzt nehmen wir die Zukunft in die Hand“. Die Organistor_innen sind kämpferisch: „Die derzeitigen Entscheidungsträger*innen handeln nicht schnell genug. Sie setzen die Zukunft von uns jungen Menschen aufs Spiel.“
Rechte werden panisch
Losgetreten hat die Protestwelle die 16-jährige schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg rund um den Klimagipfel in Katowice. Thunberg hat zuletzt die Politik am Weltwirtschaftsgipfel in Davos ordentlich aufgemischt. Sie sagte: „Ich will eure Hilfe nicht, ich will nicht, dass ihr voller Hoffnung seid. Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre.“
Die Rechten griffen sie dafür in widerlichster Weise an. Die Rechercheplattform FPÖ fails dokumentierte ein ekelhaftes Posting von Marcel Spörk, Burschenschafter der Marko-Germania Graz, Aktivist bei den Identitären und dem Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ), in dem dieser Greta mit der Tochter von Joseph Goebbels verglich. Der Standard sammelte weitere grausige Kommentare.
Bewegung radikalisiert sich
Der Zorn kommt nicht von irgendwoher. Eine neue Studie des Pew Research Centers zeigt, dass weltweit zwei Drittel der Menschen (67 Prozent) den Klimawandel als die primäre Bedrohung für unsere Sicherheit und unseren Wohlstand sehen. 2013 waren es noch 56 Prozent. Eine aktuelle market-Umfrage bestätigt, warum vor allem die Jugend aufbegehrt: Während 60 Prozent aller Österreicher_innen Angst vor dem Klimawandel und dessen Auswirkungen haben, sind es bei den Unter-30-Jährigen 74 Prozent.
2012 ergab eine Umfrage der Allianz Versicherung unter 14- bis 24-Jährigen (heute also 21 bis 31 Jahre alt), dass fast die Hälfte der Jugendlichen beim Thema Klimawandel Angst, Hilfslosigkeit und Traurigkeit, aber auch Wut verspüren. Überwältigende 86 Prozent machten die Industrie, 68 Prozent die Politiker dafür verantwortlich.
Jetzt ist Jugend am Zug
Die Wut auf die etablierte Politik zieht sich durch die Proteste. In Belgien haben die streikenden Schüler_innen Umweltministerin Joke Schauvliege gestürzt. In Berlin buhten Schüler_innen den deutschen CDU-Energieminister Peter Altmaier beim Klimastreik aus. Ein Sprecher rief ihm zu: „Wir sind hier, weil Sie ihre Arbeit nicht ordentlich machen!“ Altmeier war so empört, dass er sich zu seinem Berater umdreht und ihm vor laufenden Kameras sagt, was für eine „Scheißidee“ es war, zum Protest zu kommen. Unter Jubelrufen der Protestierenden und mit Polizeischutz sucht er schließlich das Weite.
Drohungen der Schulleitungen mit Sanktionen beantworten die Schüler_innen mit umso mehr Entschlossenheit. „Ich geb nen Scheiß auf den Verweis!“ war da etwa auf Schildern beim Klimastreik mit 1.300 Schüler_innen in Passau zu lesen. Die Wut auf die Politik wird weiter steigen. Zuletzt wurde bekannt, dass die ÖVP-FPÖ-Regierung die Klimaforschung an der Universität für Bodenkultur (BOKU) beschränken will. Die Machthaber in Österreich und der Welt sollen vor dieser neuen Generation zittern. Wir werden wohl bald öfter den Spruch hören: „Was macht der Regierung Dampf? Klassenkampf, Klassenkampf!“