FPÖ-Vizekanzler Strache würdigt San Diego-Attentat

Nur sechs Wochen nach dem schrecklichen Blutbad im neuseeländischen Christchurch verübte ein rechtsradikaler Terrorist, dieses Mal auf eine Synagoge in San Diego in den USA, ein weiteres Attentat. Er rechtfertigte seine Tat als Akt gegen den angeblichen „Bevölkerungsaustausch“. Nur wenige Stunden darauf verteidigte FPÖ-Vizekanzler Strache den Begriff und startete die Kampagne zur EU-Wahl „Tauschen wir die EU-Asylchaoten aus, bevor sie UNS austauschen“.
29. April 2019 |

Am Samstag, 27. April, kurz vor 20:30 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, erschoss in der kalifornischen Kleinstadt Poway, wenige Kilometer nördlich von San Diego, der Rechtsradikale John T. Earnest mit einem halbautomatischen Maschinengewehr in einer Synagoge eine 60-jährige Jüdin und verletzte weitere. Die Gewalt des Wortes, die permanente rassistische Hetze, mündete in die Gewalt der Tat. Nur eine Ladehemmung verhinderte ein größeres Massaker.

Wie schon der Christchurch-Terrorist Brenton Tarrant oder der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik rechtfertigte Earnest (er bezog sich selbst auf Tarrant) seinen Anschlag als notwendig gegen den „Bevölkerungsaustausch“. In seinem Manifest bezichtigte er die „Juden“, sie würden Politiker und Organisationen finanzieren, „die die Masseneinwanderung nutzen, um die europäische Rasse auszutauschen“. Jeder Jude wäre verantwortlich für den „geplanten Genozid“, so Earnest, deshalb hätten sie „nichts anderes als die Hölle verdient“.

Verschwörungstheorie

Nur wenige Stunden nach dem Attentat veröffentlichte die Kronenzeitung am Sonntag ein Interview mit FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, in dem dieser die Verschwörungstheorie des „Bevölkerungsaustausches“ verteidigte: „Das ist ein Begriff der Realität. Wir wollen nicht zur Minderheit in der eigenen Heimat werden.“ Das ist nichts anders als eine nachträgliche Würdigung des Attentats. Prompt erhielt Strache dafür Applaus vom Führer der „Identitären“, die dieselbe Mär vom „Großen Austausch“ herbei fantasieren (wir haben die Verschwörungstheorie bereits an anderer Stelle widerlegt).

© Screenshot Twitter


Kurz darauf bekräftigte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker nochmals, wer den „Bevölkerungsaustausch“ negiere, betreibe eine „glasklare Realitätsverweigerung“. Strache legte auf Facebook nach: „Tauschen wir daher auch auf europäischer Ebene die unverantwortlichen linken EU-Willkommenskulturpolitiker und Zuwanderungsfanatiker aus, bevor diese die eigenen europäischen Völker bzw. Bevölkerungen ausgetauscht haben.“ Am Montag verbreiteten die Freiheitlichen über sämtliche Social Media-Kanäle wie Facebook und Whatsapp die gleiche Botschaft zur EU-Wahl: „Tauschen wir die EU-Asylchaoten aus, bevor sie UNS austauschen!“

Wegbereiter des Terrors

Die FPÖ schürt munter dieselbe Verschwörungstheorie weiter, wonach irgendwelche, meist jüdischen Eliten angeblich in einem geheimen Plan die „autochthone Bevölkerung“ gegen Muslime austauschen. Bereits vor einem Jahr sprang die FPÖ auf die Kampagne des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán auf. Gegenüber der Presse meinte Johann Gudenus, es gebe „stichhaltige Gerüchte“, wonach der jüdische Milliardär George Soros daran beteiligt sei, „Migrantenströme nach Europa zu unterstützen“. Soros habe einige NGOs finanziert, die „für die Massenmigration nach Europa mitverantwortlich“ seien, denn diese sei „nicht zufällig in dem Ausmaß passiert“, so Gudenus damals.

Nichts anderes schrieben Tarrant und Earnest in ihren Manifesten. Die FPÖ hatte den ideologischen Finger mit am Abzug. Und niemand kann sagen, er habe es nicht gewusst. Wer am 26. Mai FPÖ wählt, gibt seine Stimme für eine Ideologie, die Nazi-Terrorismus hervorbringt. Einer Partei, die antisemitische Karikaturen verbreitet und die Migrant_innen und politische Gegner in NS-Diktion als „Ratten“ diffamiert. Das starre Beharren der FPÖ auf den Verschwörungstheorien um den „Bevölkerungsaustausch“ kann ihr zum Verhängnis werden, wenn wir ihr einen Strick daraus drehen und weiter die Nazikeule schwingen.

Veranstaltungstipp
David Albrich, Autor von „Das Braunbuch FPÖ“ und „Faschismus in der Regierung“, spricht über den Faschismus des 21. Jahrhunderts.
Infos auf marxismuss.at
Wann? Sonntag, 12. Mai 13:15-14:30 Uhr
Wo? Amerlinghaus, Stiftgasse 8, 1070 Wien