Wie können wir den Rechtsruck stoppen?
Der Rechtsextremismus ist in den meisten europäischen Ländern auf dem Vormarsch. Doch in Österreich hat er eine neue, bedrohliche Quantität und damit auch Qualität erreicht. Deutlich mehr als 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler würden derzeit der FPÖ ihre Stimme geben. Beim zweiten Durchgang der Bundespräsidentenwahl hat sich fast die Hälfte der Bevölkerung für den blauen Kandidaten – einen deutschnationalen Burschenschafter und Fremdenfeind – ausgesprochen. Dass die Motive der Hofer-Anhängerschaft vielfältig waren und nur zum Teil in einer Parteibindung bestehen, ist ein schwacher Trost.
Der eher überraschende und sehr knappe Sieg für den grünen Liberalen Alexander van der Bellen hat die Strache-FPÖ trotzdem getroffen, weil sie den Erfolg von Norbert Hofer schon als sicher annahm. Ermöglicht wurde dieser Sieg durch eine unglaublich breite und engagierte Bewegung, zu der die linken und antifaschistischen Organisationen viel beigetragen haben. Auch die Regierungsumbildung auf SPÖ-Seite, vor allem die Kanzlerschaft des durchaus populären Christian Kern, macht der freiheitlichen Führung keine Freude. Umso mehr, als sich die opportunistische Rot-Blau-Fraktion rund um Landeshauptmann Hans Niessl auf Bundesebene nicht durchgesetzt hat.
Ob die teilerneuerte SPÖ-ÖVP-Regierung eine Entwicklung einleiten kann, die einen FPÖ-Bundeskanzler nach der nächsten Nationalratswahl (es muss nicht der angeschlagen wirkende HC Strache sein) verhindert? Die Chancen dafür stehen nicht besonders gut. In der Flüchtlingspolitik lässt auch Bundeskanzler Kern den Hardlinern aus dem Innen- und Verteidigungsministerium freie Hand – eine Steilvorlage für die FPÖ. Wirtschaftspolitisch zieht zwar die Konjunktur langsam an, was im Wesentlich auf die Steigerung des Konsums durch die Lohnsteuerreform und die Flüchtlinge zurückzuführen ist. Dass Kern durch ein ambitioniertes staatliches Investitionsprogramm (etwa im Wohnbau) diesen Aufschwung binnen ein bis zwei Jahren so verstärken kann, dass die Arbeitslosigkeit deutlich zurückgeht, ist allerdings wenig wahrscheinlich.
In beträchtlichen Teilen der Bevölkerung herrscht eine intolerante, misstrauische, neiderfüllte und autoritäre Stimmung vor, die Nationalismus und Rassismus samt diversen Verschwörungstheorien sehr begünstigt. Die Spitze dieses Eisbergs ist die dramatisch zunehmende rechtsextreme und rassistische Kriminalität.
Was können nun linke und antifaschistische Organisationen tun, um den Rechtsruck zu stoppen und mittelfristig umzudrehen? Zunächst: Nicht nur gemessen an ihrer Größe und ihren Ressourcen tun sie schon eine ganze Menge. Problematisch ist freilich die Aufsplitterung, teilweise auch ein Hang zum Sektierertum. Was bei der Bundespräsidentenstichwahl gelungen ist, sollte auch sonst gelingen: sich auf gemeinsame Projekte zu einigen und diese mit Nachdruck zu verfolgen. Am besten sollten die Kräfte in dauerhaften gemeinsamen Netzwerken zusammengefasst und eingesetzt werden. Wer meint, er verfüge über Patentrezepte zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und werde auch allein erfolgreich bei ihrer Anwendung sein, ist zweifellos eines: auf dem Holzweg.
Robert Eiter
Sprecher des Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus in Oberösterreich
Vorstandsmitglied des Mauthausen Komitees Österreich