AG-Nazi-Skandal blieb ohne Folgen: Die versemmelte ÖH-Wahl
Nach dem Nazi-Skandal am Wiener Juridicum hätte die ÖVP-Studentenfraktion AktionsGemeinschaft (AG) eigentlich in hohem Bogen aus sämtlichen Studienvertretungen fliegen müssen. In Whatsapp- und Facebook-Gruppen posteten Mitglieder der AG und der Jungen ÖVP (Sebastian Kurz war noch immer deren Obmann) antisemitische, islamfeindliche und sexistische Propaganda. Ein Aschehaufen wurde etwa so kommentiert: „Leaked Anne Frank nudes“ (Anne-Frank-Nacktfotos durchgesickert).
Zwar verlor die AG die Hälfte ihrer Mandate an der rechtswissenschaftlichen Fakultät an den Verband sozialistischer Student_innen (VSStÖ). Dass die AG bundesweit mit 26,4 Prozent ihr Ergebnis von der vorigen Wahl halten konnte, ist allerdings ein kleiner Skandal für sich und ihren politischen Gegner_innen geschuldet. Die Wochenzeitung Falter legte mit der Aufdeckung des Nazi-Skandals eine Woche vor der Wahl den anderen Fraktionen einen Elfmeter auf, aber anstatt diesen zu verwerten, spielten sie in der eigenen Spielhälfte Verstecken.
Kampf statt Vertretung
An der Universität Wien wurde man fast ausschließlich von motivierten AG-Aktivist_innen angesprochen. Wollte man etwas vom VSStÖ, musste man ihre Leute in der „roten Hütte“ suchen und bekam – erst als man selbst nachfragte, wofür man denn stehe – ein Programmheft in die Hand gedrückt: „Lies das!“ Es war der unpolitischste Wahlkampf seit langem: Flunkyball, Spritzertrinken mit Bürgermeister Häupl, Hipsterturnbeutel, Glückskekse.
Die linken Fraktionen waren auf den Protesten der letzten Monate nirgends oder kaum sichtbar. Kein Wunder, dass die AG ihr Ergebnis halten konnte und die Wahlbeteiligung auf einen historischen Tiefstand von nur 24,5 Prozent fiel. Es reicht nicht, ein paar Wochen vor der Wahl aufzutauchen, sich mit Goodies Stimmen zu kaufen und sich dann wieder zu verkriechen. Dazu muss die Linke schon Teil der täglichen politischen Kämpfe sein.