Asylwerber über Krieg und Rassismus: „Wir können auch anders!“

Davood S. ist Asylwerber aus dem Iran. In seinem Leserbrief klagt er über die vielen Hürden, die Asylwerber_innen in den Weg gelegt werden und plädiert für ein solidarisches Miteinander, eine Beendigung der imperialistischen Kriege und rassistischen Ausgrenzung.
29. Juli 2016 |

Wer hat schon die Möglichkeit sein Geburtsdatum, seinen Geburtsort oder seine Eltern wählen zu können? Natürlich niemand. Trotzdem haben viele Menschen Probleme zu tragen, die sich um ihr Leben herum entwickelt haben und unter denen sie leiden. Diese Probleme betreffen besonders ihre Kinder, und können ein Weiterleben für ganze Generationen unmöglich machen.

Stellt sich hier die Frage: Warum? Nein! Die Frage lautet: Wie können wir den Menschen helfen, weiterhin ein gutes Leben zu führen, beziehungsweise wollen wir ihnen überhaupt helfen?

Aber helfen bedeutet nicht unbedingt etwas zu spenden oder zu opfern, sondern unsere Arme zu öffnen und die Menschen zu umarmen. Zu realisieren, dass sie Menschen sind, für die wir uns im Namen unserer Hilfsbereitschaft einsetzen müssen und beispielsweise mit ihnen auf Demonstrationen gehen.

Natürlich kann man sagen: „Das ist mir egal“. Doch wäre es das auch, wenn ich auf der anderen Seite (geboren) wäre? Die meisten Asylwerber_innen müssen mehr als 14 Monate warten, bis sie überhaupt eine Anhörung auf Asyl bekommen. Davor wissen sie nicht, wie es mit ihrem Leben weitergeht.

Fakt ist: Asylwerber_innen haben am Anfang viel Motivationen und Hoffnung. Aber es sind Menschen wie wir. Sie wollen ein Teil der Gesellschaft werden, etwas arbeiten oder zumindest etwas lernen, wie die deutsche Sprache, um wenigstens kommunizieren und sich bedanken zu können.

Deutschkurse sind nur ein weiteres Beispiel für die vielen Steine, die wir Flüchtlingen in den Weg legen. Normalerweise müssen sie sechs oder sieben Monate warten bis sie einen Deutschkurs bekommen. Die Anmeldelisten bei den Instituten sind voll. Es mangelt an Informationen. Wie sollen sie dorthin fahren? Was brauchen sie zur Anmeldung? Was kostet der Kurs? Wird der Kurs bezahlt oder müssen sie es privat zahlen? Manche haben Angst dorthin zu gehen, sich anzumelden, weil sie nicht wissen, ob der/die Sekretär_in sie versteht.

Während die Menschen warten, denken sie über die Bezahlung ihrer Fahrkarte und ihres Lebens nach. Aber die Liste zum Deutschkurs bleibt weiter voll, weil die Leute lernen wollen, ob jung oder alt, sie alle wollen kommunizieren können, sie sind motiviert.

Aber warum wollen die Menschen unbedingt hier leben? Ich erzähle eine kurze Geschichte von einem Iraner, der Friseur war. Er ist 34 Tage durch die Welt gereist, schlief auf Berggipfeln ohne Schlafsack, ohne warme Kleidung, lief kilometerweit zu Fuß. Sie haben richtig bemerkt, die Reise war keine Urlaubsreise, sondern eine Reise weg von all den Todesdrohungen. Er ist mit dem Leben davon gekommen.

Als wir in der Donau geschwommen sind, zu Hause mit der Familie gegessen oder am Wochenende Fußball geschaut haben, sind die Menschen in Syrien vor Fliegerbomben geflohen.

Meiner Meinung nach sind wir alle Menschen und alle gleich, unabhängig von Geburtsort, Herkunft, Muttersprache oder welche Geschichte unser Leben erzählt, wir alle wollen leben. Wir können natürlich Kriege führen und Menschen erschießen oder an einer Grenze erschießen lassen, aber wir können auch anders. Wir können zusammen das Leben feiern, ohne Eifersucht, ohne Egoismus, ohne Krieg, ohne Angst um die Zukunft unserer Kinder, ohne Rassismus.

Ich sage NEIN zu all den Ausgrenzungsmechanismen, all den Schwierigkeiten die hier noch in das Leben der Flüchtlinge kommen, NEIN zu allen Problemen, gegen die wir etwas tun könnten! Dagegen stehe ich aus Menschlichkeit mit einem JA zu all unseren guten Eigenschaften. Ich teile liebevoll meine Herzlichkeit, meine Freude und meine Nächstenliebe mit allen Menschen auf der ganzen Welt!

Davood S.
Asylwerber aus dem Iran

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.
Leser_innenbriefe spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider