Burschenbundball: Linz protestierte gegen (Polizei-)Faschismus

Muss der Kampf gegen Faschismus zuerst gegen die Polizei geführt werden? Die Linzer Polizei hat mit allerlei widerrechtlichen Mitteln versucht, den Burschenbundball – dort tummeln sich Burschenschaften, die als das Rückgrat des österreichischen Faschismus bezeichnet werden können – vor der öffentlichen Kritik durch eine antifaschistische Demonstration zu bewahren. Die Demonstration wurde trotz aller Schikanen durchgezogen und war mit über 1.000 Beteiligten ein voller Erfolg.
5. Februar 2017 |

Glücklicherweise ist der Versuch die Demonstration zu unterbinden gescheitert, aber er hat mit erschreckender Deutlichkeit gezeigt, wie schnell die Demokratie entsorgt wird, wenn die FPÖ einmal in der Regierung ist. In Linz und Oberösterreich sitzt die FPÖ in Regierungskoalitionen. Was die Linzer Polizei versucht hat, ist allerdings umso brisanter, als Innenminister Wolfgang Sobotka angekündigt hat, das Demonstrationsrecht grundlegend einzuschränken. Wollen wir Faschismus aufhalten, dann müssen wir offensichtlich auch den Staat erfolgreich bekämpfen. Seine Organe zeigen wenig Respekt für die Verfassung.

Tat-Elite des Nationalsozialismus

Alljährlich dürfen deutschnationale Burschenschafter in Prunksälen in Wien, Linz und Graz Bälle feiern, in Linz sogar unter dem Ehrenschutz der Johannes-Kepler Universität und des Oberösterreichischen Landeshauptmannes Josef Pühringer. Wer um den Charakter dieser Geheimorganisationen weiß, versteht wie wichtig ihnen diese Demonstration von scheinbarer Legitimität ist.

Foto: tryfotografie

Aus dem Lager für Nazi-Kriegsverbrecher unter Ehrenschutz in die Ballsäle umzuziehen, das war ein Winkelzug, der einer „Tat-Elite“ des Nationalsozialismus nur in Österreich, einer Demokratie mit antifaschistischer Verfassung, gelingen konnte. In den 1950er-Jahren, als die Burschenschafter ihre Bälle auszurichten begannen, waren sie noch mit Naziverbrechern durchsetzt. Heute sind die endlich tot, den Kriegsverbrechern aus den Reihen der deutschnationalen Burschenschaften wird aber nach wie vor gehuldigt. Sie stellen die Kader der FPÖ und sie halten den Kontakt zur internationalen rechtsextremen Szene.

Rache für Pegida

Das Bündnis Linz gegen Rechts ist zum Todfeind der oberösterreichischen Faschisten geworden. Es hat Pegida (kurz für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) schon bei seinen ersten Gehversuchen 2015 in Linz den Todesstoß versetzt. Damals versperrten die Linzer Antifaschist_innen Pegida den Weg und kesselten sie ein. Die Polizei konnte die Rassisten nur vor Schlimmerem bewahren, indem sie sie zum Bahnhof zurück eskortierten.

Der nächste Pegida-Aufmarsch wurde vom Verwaltungsgericht in Linz untersagt, unter Verweis darauf, dass sich am ersten Aufmarschversuch verurteilte Neonazis als Ordner betätigt hatten. Gewissen Polizisten aus der Linzer Polizei dürfte das so gestunken haben, dass sie nach Rache sannen. Sie haben unter Berufung auf das Urteil der Pegida-Neonazis gedroht die Demonstration gegen den Burschenbundball zu untersagen, wenn diese keine Liste mit den Namen und Geburtsdaten von 50 Ordner_innen vorlegen könnten. Das stinkt förmlich nach einem Rachefeldzug für alle antifaschistischen Aktionen der Vergangenheit. Denn gäbe es keine antifaschistischen Proteste, wären die Burschenschaften und damit der Nationalsozialismus, in Österreich längst vollständig rehabilitiert.

Sogar der aktuelle Bundespräsident Van der Bellen findet nicht Anrüchiges an den Burschenschafterbällen – eine echte Verhöhnung der Hunderttausenden, die ihm nur deshalb die Stimme gegeben haben um den deutschnationalen Burschenschafter Norbert Hofer zu verhindern.

Akademikerball-Demo: 4.000 zornig über Sobotkas Kriegserklärung

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Van der Bellens mangelndes Verständnis für die Gefährlichkeit des Neofaschismus in Österreich sollte uns daran erinnern, wie wichtig die antifaschistische Protestbewegung in den vergangenen Jahren war, und uns ein Mahnruf dafür sein, dass wir uns im Kampf gegen Faschismus weder auf den Staat noch auf die etablierten Parteien verlassen können. Faschismus wurde noch nie in den Parlamenten oder Gerichten besiegt, sondern immer auf der Straße.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.