Die SPÖ, das Recht auf Selbstbestimmung und das Kopftuch

Laut der Anti-Rassismus-Stelle ZARA häufen sich rassistisch motivierte Übergriffe. Besonders betroffen davon sind kopftuchtragende Frauen. Ein Kopftuchverbot kann keine Lösung sein, sondern würde die Diskriminierung noch verstärken.
5. April 2018 |

„Was ist der Unterschied zwischen Juden und Türken?“ Diese „Scherzfrage“ stellte vor einigen Jahren ein Lehrer in der Oberstufe eines Wiener Gymnasiums im Geschichtsunterricht. Die Antwort gab der Lehrer selbst: „Die Juden haben es schon hinter sich.“ Dr. Sonia Zaafrani, Obfrau der Initiative für ein diskriminierungsfreies Bildungswesen (IDB), berichtet davon, und auch, dass dies keine Konsequenzen nach sich zog.

Der Pädagoge hat wohl einen ähnlichen Humor wie jener Neonazi, der an die Mauern der Gedenkstätte Mauthausen sprayte: „Was unseren Vätern war der Jud, ist uns die Moslembrut.“ Die Hetze der Regierungsparteien und ihrer Burschenschafter ist bekannt und wird von anständigen Menschen verabscheut.

Die Wiener SPÖ war bisher, unter Bürgermeister Häupl, eher der antirassistische Flügel in der SPÖ. Die neue SPÖ-Landesparteisekretärin, Barbara Novak, sprach sich nun für ein Kopftuchverbot an Schulen aus.

Novak argumentierte, wie die rechten FPÖ/ÖVP-Recken, mit der Frauenbefreiung per Gesetz. Das Selbstbestimmungsrecht der Frauen zählt da nicht viel. Egal ist auch, dass weder der Stadtschulrat noch einzelne Schulen aufgrund des Staatsgrundgesetzes solche Verbote aussprechen dürfen.

„Schutz vor Diskriminierung“

Zaafrani erklärt dazu im Mosaikblog: „Natürlich würde ein solches Verbot die Kriterien institutioneller Diskriminierung erfüllen. Für die Betroffenen wäre es fatal. Wir wissen, dass die überwältigende Mehrheit von Musliminnen in Österreich das Kopftuch freiwillig trägt. Gerade in der Pubertät würde der Zwang, das Kopftuch abzulegen, bedeuten, einen Teil der eigenen Persönlichkeit abzulegen. Das kann sich negativ auf die Persönlichkeitsentwicklung auswirken… Wenn man in einer solchen Situation ein Kopftuchverbot fordert, dann macht man genau das Falsche. Was wir eigentlich brauchen, ist ein Schutz vor Diskriminierung – für Musliminnen genauso wie für Menschen mit Behinderung, schwule und lesbische Schüler_innen und alle, die ausgegrenzt werden.“

Widerstand gibt es auch in der Wiener SPÖ. Ein offener Brief der „Sektion 8“ warnt: „Es steht einer sozialdemokratischen Partei nicht gut zu Gesicht, Ausgrenzungspolitik zu betreiben.“ Die Lehrerin Laura Fuchs-Eisner schrieb: „Der Versuch, die FPÖ von rechts zu überholen, geht – immer wieder – nach hinten los“. Die FPÖ reibt sich die Hände, die Betroffenen leiden darunter.

Bierdosen auf Schüler_innen

Petra Klier, Obfrau von Isma (Verein zur Erhaltung privater Schulen), berichtete uns: „Auf der Meidlinger Hauptstraße ist zum Beispiel einmal eine Passantin mitten durch eine Schulklasse durchgegangen und hat ein Mädchen geohrfeigt. Das Mädchen war geschockt, wurde im Spital behandelt. Die Polizei hat sich gegen die Anzeige der Pädagoginnen verweigert. Die hartnäckige Lehrerin und eine Begleitlehrerin brauchten 20 Minuten, um die Anzeige durchzusetzen. Es sind auch schon Bierdosen auf uns geworfen worden.“

Erst kürzlich bestätigte auch eine OECD-Studie, dass Schüler mit Migrationshintergrund öfter Schulängste haben. Rassistische Erfahrungen verletzen, traumatisieren und haben eine negative Wirkung auf den Bildungserfolg.

Es braucht mehr Diversität beim Lehrpersonal für interkulturelle, sprachliche Kompetenzen im Unterricht statt Bekleidungsverbote. Islamfeindlicher Rassismus trifft aber nicht nur Migrant_innenkinder – obwohl der Islam seit 1912 in Österreich als Religionsgemeinschaft staatlich anerkannt ist.

Muslime besonders betroffen

Die Anti-Rassismus-Stelle ZARA hat im Jahr 2017 einen Höchststand an gemeldeten Vorfällen verzeichnet. Antisemitismus hat laut ZARA im Jahr 2017 zugenommen, auch gab es einen Anstieg an NS-Symbolen im öffentlichen Raum. Beobachtet wird seit dem Sommer 2015, dass Online-Hass und -Hetze sich am häufigsten gegen Musliminnen und Muslime sowie Geflüchtete richten.

In den letzten Jahren trifft der Hass besonders Frauen mit Kopftuch. ZARA-Geschäftsführerin Claudia Schäfer bestätigt: „Sie werden in nahezu allen Lebensbereichen diskriminiert, sei es, dass sie im öffentlichen Raum beschimpft und tätlich angegriffen werden oder dass ihnen Leistungen, Arbeitsplätze oder Dienste verwehrt werden.“

Rassismus nachzugeben, wie es Frau Novak tat, ist weder ein Stimmenmagnet in Wien, noch hilft es den Frauen. Vielmehr macht es die ewiggestrige Burschenschafterpartei FPÖ salonfähig. Sozialdemokrat_innen sollten wissen, es sind reiche Männer mit Krawatten, nicht Frauen mit Kopftüchern, die die Gesellschaft zerstören!