F*CK HOFER niveaulos? Hört auf, immer so brav zu sein!

„Fuck“, ja darf man das denn sagen? Richard findet es in einem Leserbrief erschreckend, wie Teile der Linken auf eine Demonstration gegen die Verharmlosung der FPÖ reagierten.
20. Dezember 2016 |

Die F*CK HOFER-Demo hat mir eines deutlich gezeigt: Wir haben ein großes Problem in der Linken. Damit meine ich nicht die Neue Linkswende und ihre bitter nötige Konfrontation eines Präsidentschaftskandidaten, der öffentlich Nazi-Symbole trägt, sondern die extrem defensive Haltung der Gegner dieser Demo. Bereits kurze Zeit nach der Ankündigung des Protests gab es einen massiven Shitstorm gegen diese Demo. Einerseits empörte man sich über den provokanten Demo Titel „F*CK HOFER“, andererseits hatte man Angst, die Konfrontation eines Faschisten am Tag vor der Wahl könnte demselben in die Hände spielen.

Brav oder frech?

Nun zum ersten Vorwurf des „niveaulosen“ Demotitels: Ich finde es erschreckend, wenn sich Menschen, die sich als links verstehen, über harmlose Wörter wie „Fuck“ empören. Haben wir wirklich alle schon vergessen was links sein einmal bedeutet hat? Kann sich niemand mehr an die 68er-Jahre erinnern, wo Linke nackt auf Tische geschissen haben, „Fuck the system“ brüllten, Fahnen verbrannten, und damit noch gewaltige Massen erreichten? Damals wurden sie von konservativen Moralaposteln dafür heftig attackiert, heute übernehmen Menschen, die sich als links verstehen die Aufgabe der Konservativen von früher.

Eine Linke die sich derart brav gibt, braucht sich nun wirklich nicht zu wundern, dass sie von niemanden mehr als Rebellion oder Protest, sondern als Teil des Establishments wahrgenommen wird, während sich die FPÖ absurderweise als Anti-Establishment-Partei hochspielen kann.

Umarmen oder Konfrontation?

Und zum zweiten Vorwurf: Antifaschisten dürfen also tatsächlich nicht mehr Faschisten an entscheidenden Tagen konfrontieren, weil es angeblich Faschisten groß mache? Sollen wir uns wirklich von der FPÖ und deren Sprachrohr der „Kronenzeitung“ wie Schafe mit gesenktem Haupt widerstandslos vor sich hertreiben lassen? Jahrzehnte lang wurden sämtliche rassistischen Gesetzte damit begründet, dass es die FPÖ groß mache, wenn man es nicht tue. Und nach jedem Kniefall vor der FPÖ profitierte die FPÖ, bis sie schließlich in Umfragen die größte Partei Österreichs wurde. Wie lange wollen wir noch diesen Weg der stetigen Niederlagen und des Anbiederns an rechts weitergehen, bis wir endlich in die Offensive gehen?

Statt aber aus den Niederlagen zu lernen, war dieser Wahlkampf von einer unglaublichen Verharmlosung der Faschisten gekennzeichnet. Ständig wurde von den Unterstützern Van der Bellens betont, dass man das „Gemeinsame“ und nicht das „Trennende“ mit dem Gegner suche, und daher jegliche antifaschistische Demonstration ablehne. Was bitte soll das „Gemeinsame“ zwischen einem grünen Kandidaten und einem Kandidaten sein, welcher das Symbol der illegalen österreichischen Nazis aus der Zwischenkriegszeit öffentlich im Parlament trägt und aus einer rechtsextremen Burschenschaft kommt, die sich das großdeutsche Reich zurück wünscht?

Zusammenarbeit

Aber egal welche Strategie Hofer-Gegner_innen verwenden, es ist eine Katastrophe, dass sich Gegner des Faschismus ständig gegenseitig zerfleischen, nur weil sie unterschiedliche (oder gar gegensätzliche) Strategien haben. Ich wünschte mir, die FPÖ würde das tun, nur leider kommt das nie vor. So schaffen es die elitären Schnösel der „Identitäten“ konfliktfrei mit den primitiven Schlägern der rechtsextremen Schlägertruppe von „Unsterblich“ gemeinsam auf Demos zu marschieren. Wenn dieselben Linken bei ihren Kernthemen so viel Energie an den Tag legen würden, wie beim Kritisieren anderer Linker, dann hätten wir eine mächtige Linke!

Viele Menschen fragen sich heute, wie es möglich war, dass die NSDAP auf so wenig Widerstand gestoßen ist, und die Leute so blind waren, nicht zu erkennen, was diese Partei vorhat. Heute scheint es wieder kein Problem zu sein, wenn eine Partei mit Nazi-Symbolen im Parlament auftritt, und dass Strache bei rechtsextremen Wehrsportübungen war, wo Mord an politischen Gegnern trainiert wurde. Oder, dass die Parteispitze von Burschenschaften kontrolliert wird, welche in ihren Räumen historische Nazi-Verbrecher ehrfurchtsvoll in ihren Ahnenlisten anführen, die deutsche Niederlage im Zweiten Weltkrieg betrauern und sich das Großdeutsche Reich zurückwünschen. Wir sollten endlich aus der Geschichte lernen und Faschismus konfrontieren, wo immer er zum Vorschein kommt.

Richard Lederer

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.
Leser_innenbriefe spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider