FPÖ-Polizei: Bald Neonazis mit Sturmgewehren auf Österreichs Straßen?

Österreichs Streifenpolizisten werden mit automatischen Waffen ausgerüstet. Im Mai dieses Jahres wurden bereits 700 Sturmgewehre an die Polizei übergeben, bis Ende 2019 sollen 6.500 weitere folgen. Wir erleben die massivste Militarisierung der Polizei in der österreichischen Geschichte. Obendrein schaltet FPÖ-Innenminister Herbert Kickl Stellenangebote für Polizisten in rechtsextremen, antisemitischen Zeitschriften wie Alles Roger?. Die Polizei wird also nicht nur militarisiert, in Zukunft werden potentielle Neonazis Sturmgewehre in ihren Händen haben.
27. August 2018 |

Panzerwagen, neue Helme, stichsichere Westen und jetzt Sturmgewehre: die Militarisierung der österreichischen Polizei schreitet voran. Beschlossen wurden die Pläne zur Aufrüstung noch von der Vorgängerregierung unter Innenminister Wolfgang Sobotka. Die FPÖ nutzt die ihr gebotene Gelegenheit, um ihren Rückhalt innerhalb der Polizei auszubauen. Auch die auf Initiative der FPÖ gegründete Grenzschutztruppe Puma wird solche Sturmgewehre bekommen. Einwanderung von Flüchtlingen muss mit Waffengewalt verhindert werden – so funktioniert konsequentes Aufbauen eines Feindbildes. Als Vorbilder dienen Kroatien und Belgien.

Im Mai dieses Jahres eröffnete die kroatische Polizei das Feuer auf einen Bus mit Flüchtlingen als Insassen in der Nähe der Grenze zu Bosnien-Herzegowina. Zwei Kinder wurden schwer am Kopf verletzt. An der belgischen Grenze wurde, ebenfalls im Mai dieses Jahres, ein zweijähriges Flüchtlingsmädchen durch Schüsse auf einen Lieferwagen von der Polizei getötet.

Die „Polizeiarbeit“ der FPÖ lässt mehrere Stränge erkennen: Sie präsentiert sich als  Partei der Polizist_innen, sie unterwandert die Polizei und vermehrt ihren Einfluss im Apparat und sie eskaliert ständig den Rassismus gegen Flüchtlinge, Muslime und andere Feindbilder und vergiftet so das gesamt-gesellschaftliche Klima.

Weltweite Militarisierung

Die Militarisierung der Polizei ist ein weltweiter Trend. In den USA erhalten Polizisten übriggebliebene Militärausrüstung aus den Kriegen in Irak und Afghanistan. In Frankreich herrscht  seit den Anschlägen 2015 ein permanenter Ausnahmezustand: mit Maschinengewehren bewaffnete Polizisten prägen das Straßenbild. In Bayern erhielt die Polizei scharfe Handgranaten, in Berlin die Bereitschaftspolizei Sturmgewehre.

Mit der Scheinrechtfertigung einer „terroristischen Bedrohung“, höhlt diese schwarz-blaue Regierung die liberale Demokratie aus, indem sie einen ihrer Grundpfeiler kippt, die Trennung von Militär und Polizei. Während die Aufrüstung der Polizei gegen die angebliche terroristische Bedrohung nichts bringt, bedeutet es für Angehörige von Minderheiten eine permanente Bedrohung ihres Lebens.

Nach der Ermordung eines schwarzen Jugendlichen in der US-Kleinstadt Ferguson ging die Polizei im Stile einer Besatzungsarmee mit Panzern und Sturmgewehren gegen Demonstrant_innen los. 2017 wurden unfassbare 1.092 Menschen von US-Polizisten erschossen. Viele von ihnen wurden durch Maschinengewehrfeuer regelrecht hingerichtet, so etwa der unbewaffnete Michael Nida in der US-Stadt Downey. Mehrere Kugeln aus einer Salve einer automatischen Waffe trafen den vor einer Polizeikontrolle fliehenden unbewaffneten und unschuldigen Mann.

Auch in Frankreich steigt die Zahl der Schusswaffeneinsätze, der Polizei. Vor einem Monat wurde ein Jugendlicher in Nantes von der Polizei erschossen, weil er nicht schnell genug aus seinem Auto gestiegen war. Der Schuss war nicht, wie laut dem Mörder ursprünglich behauptet, Notwehr. Die extreme Rechte in Frankreich (Front National) unterstützt  die Aufrüstung der Polizei, und baut so ihren Rückhalt innerhalb des repressiven Staatsapparates aus. Jeder zweite Polizist wählt Front National. Die FPÖ fährt dieselbe Strategie mit ähnlichen Erfolgen. FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer erhielt im Wahlsprengel 44, einem Gemeindebau, in dem fast ausschließlich Polizisten wohnen, 65 Prozent der Stimmen, mehr als in jedem anderen Wahlsprengel.

Militarisierung in Österreich

In Österreich lauert hinter der Militarisierung der Polizei noch eine zusätzliche Bedrohung. Laut dem Politikwissenschaftler Anton Pelinka ist die FPÖ indirekt die „Nachfolgepartei der österreichischen NSDAP“ und auch heute noch wird sie von deutschnationalen Burschenschaften, die sich laut dem Buchautor Hans-Henning Scharsach „nie wirklich vom Nationalsozialismus gelöst haben“, kontrolliert. Ein zentrales Ziel einer faschistischen Partei war es immer, eine Straßenbewegung, welche ihre Gegner einschüchtern kann, aufzubauen, wie es der NSDAP mit der SA gelang oder Mussolini mit den Schwarzhemden. Alle Versuche der FPÖ eine solche Präsenz auf den Straßen aufzubauen, etwa mit ihren Aufmärschen gegen Flüchtlingsunterkünfte in Liesing und Floridsdorf, scheiterten aufgrund des antifaschistischen Widerstands.

Das zweite Standbein hatten sich die Nazis im Staatsapparat aufgebaut, insbesondere in Polizei und Militär. Die NSDAP hatte nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 nur zwei weitere Regierungsmitglieder. Wilhelm Frick als Innenminister und Hermann Göring als preußischer Innenminister. Eine der ersten Maßnahmen der neuen Innenminister waren „Gesinnungstests“ für Polizisten, Linke und Demokrat_innen wurden entlassen. Am 17. Februar wurde mittels des „Schießerlasses“ der Mord an Gegner_innen des NS-Regimes legalisiert. Am 22. Februar wurden die Parteiorganisationen SA und SS als „Hilfspolizei“ in die Polizei integriert. Hitler wusste ganz genau, dass er die Errichtung einer faschistischen Diktatur nur mit einer ihm loyalen Polizei durchsetzen konnte.

Die FPÖ machte die Bestellung eines FPÖ-Innenministers, das bedeutet die Kontrolle über die Polizei, zur Koalitionsbedingung. Das zeigt deutlich welchen Stellenwert die Aufbauarbeit unter Polizisten für die FPÖ besitzt. Während die FPÖ beim Aufbau einer Straßenbewegung nicht voran kommt, macht sie beim Umbau des Staatsapparates bedenkliche Fortschritte. Strache, der in seiner Jugend in Wehrsportlagern selbst den Bürgerkrieg trainierte, bekommt so eine ihm loyale Polizei, die, wenn es drauf ankommt, gegen Linke und Demokrat_innen eingesetzt werden kann. Die freiheitliche Polizeigewerkschaft AUF passt in diese Schema, sie fordert unentwegt die Militarisierung der Polizei.

Sturmgewehre, Nazis und schnelle Autos

Werner Herbert, der Vorsitzende der freiheitlichen Polizeigewerkschaft AUF und Nationalratsabgeordnete der FPÖ, erklärte Anfang August voller Stolz, dass die Polizei jetzt über ein eigenes Hightech-Rekrutierungsfahrzeug, das von der Firma KTM „gespendet“ wurde, verfüge. Das Auto und die Sturmgewehre sollen ein Polizeibild, ganz im Stile von Hollywood Blockbustern vermitteln, nach dem Motto: Wir haben die schnellsten Autos und die coolsten Waffen, darum kommt zu uns. Dieses Image wird rechtsextremen und antisemitischen Lesern von Alles Roger? gefallen und genau an dieses Publikum richtet sich auch die Rekrutierungskampagne. Die AUF hat kein Problem mit neonazistischem Gedankengut: im Jahr 2011 verspottete sie die jüdischen Opfer des Holocaust, indem sie die Arbeit bei der Polizei mit der Todesarbeit von KZ-Häftlingen verglich.

Schon jetzt berichten Migrant_innen, dass sie in Wien tagtäglich von der Polizei kontrolliert und schikaniert werden. Gewisse Polizeieinheiten machen Gegenden wie den Praterstern zu Hochrisikozonen für Ausländer_innen.

Wenn es uns nicht gelingt, die Pläne der FPÖ zu durchkreuzen, könnten wir bald erleben, wie Polizisten mit Sturmgewehren in der Hand Migrant_innen kontrollieren, dann unliebsame Jugendliche, Obdachlose, und schließlich jede Gruppe, die zum Feindbild aufgebaut wurde. Ob das Sturmgewehr eingesetzt wird oder nicht, liegt im Ermessensspielraum des Polizisten. Wie lange wird es wohl dauern, bis auch in Österreich Menschen „aus Versehen“ von Polizisten erschossen werden?