Inflation ist Klassenkampf von oben!

Der „freie Markt“, so wie die Architekten der EU bzw. des Neoliberalismus ihn entwickelt haben, präsentiert sich in seiner ganzen Unmenschlichkeit. Klassenkampf von unten – um höhere Reichensteuern, höhere Löhne und Preisdeckel – ist das einzige Mittel, mit dem wir uns wehren können.
14. September 2022 |

Mehrere Kräfte wirken zusammen und nehmen uns in die Zange, eine davon ist die Profitgier der Bosse und Aktionäre in den Versorgungsbetrieben. Die zugrundeliegende Inflation wäre schlimm genug, hätten vergangene Regierungen nicht die Preisregulierungsmechanismen abgeschafft. Bis zur ersten Koalitionsregierung zwischen ÖVP und FPÖ war in Österreich eine Preiskommission am Werk, die Preissteigerungen beeinspruchen konnte. Sie war, obwohl ihre Empfehlungen nicht bindend waren, ziemlich erfolgreich.

Noch im Jahr 2002 feierte sich Österreich als „preisstabilstes Euroland“. Die Inflation betrug damals in Österreich 1,5 Prozent, im EU-Schnitt waren es 2,5 Prozent. Dann stellte die Preiskommission ihre Tätigkeit ein, bzw. tat das der Wirtschaftsminister. Minister Kocher weigert sich bis heute die Preiskommission wieder zu aktivieren.

Aber diese Preiskommission war eine typisch österreichische Konstruktion der Sozialpartnerschaft – nicht bindend und trotzdem hielten sich die Unternehmer bis in die 1990er-Jahre weitgehend an ihre Empfehlungen. Kompromiss statt Klassenkampf nannte sich dieser Weg. Mit der Passivität, die sich aufseiten der Arbeiter_innenklasse dabei zwangsweise entwickelt hat, zahlen wir noch heute einen hohen Preis. Es war aber die Unternehmerseite, die den Kompromiss aufgekündigt hat.

Nicht auf unsere Kosten!

Die wirkliche Herausforderung für unsere Seite ist der aktive Kampf für einen größeres Stück des Kuchens. Wir müssen raus aus der Passivität. Wir brauchen höhere Löhne und eine hohe Besteuerung der hohen Einkommen und Gewinne. Natürlich schreien die Unternehmer schon heute, dass jede Beschneidung ihrer Seite massenhaft Konkurse auslösen wird. Die Gewinne sind zwar insgesamt enorm gestiegen, aber sehr viele Betriebe balancieren seit Jahren am Rande der Wirtschaftlichkeit. Das stimmt mit Sicherheit, aber es kann nicht sein, dass die Lohnabhängigen inklusive der von ihren Abgaben abhängigen Menschen – z.B. Pensionist_innen, Jugendliche, Arbeitslose – dafür hungern und frieren. Nur der „freie Markt“ verlangt, dass unrentable Unternehmen sterben müssen.

Sollen doch die Unternehmen mit Riesengewinnen ihre schwachen Klassenfreunde auffangen. In einem sozialwirtschaftlich orientierten System würde die Sinnhaftigkeit entscheiden, ob ein Unternehmen weiter bestehen soll.

Jetzt ist der Zeitpunkt

Lohnzurückhaltung durch die Gewerkschaften wäre Verrat an der Basis. Wir Lohnabhängige werden sehr gut aufpassen müssen, damit wir nicht über den Tisch gezogen werden.

#Die Metallergewerkschaft will nur mit Forderungen von sechs bis sieben Prozent in die Herbstlohnrunde gehen – und sie legen traditionell die Latte für andere Branchen. Die Teuerung liegt für durchschnittliche Konsument_innen aber viel höher. Die offizielle Inflation lag im Juli 2022 bei 9,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Preisniveau des Miniwarenkorbs (Nahrungsmittel, Dienstleistungen und Treibstoffe) stieg im Juli im Jahresvergleich aber um 19,1 %. Man sieht am ersten Blick wer profitiert und wer draufzahlt.

Weil wir schon viel zu lange Reallohnverluste hinnehmen mussten, müssen wir endlich den Klassenkampf der Reichen erwidern – mit Streiks und Kampf um höhere Pensionen und Arbeitslosengelder. Die Wirtschaft braucht Arbeitskräfte. Nie war die Gelegenheit günstiger viel zu erreichen.