Internationaler Aktionstag #M19: Viel mehr möglich als Grenzen einzureißen!

Am 19. März werden zehntausende Menschen von Athen über Wien bis London, entlang der Balkanroute, im Libanon, Australien und vielen weiteren Ländern in Solidarität mit Flüchtlingen auf die Straße gehen. Seit vielen Jahren hatten wir keine bessere Gelegenheit, uns Gehör zu verschaffen und Druck auf die Regierungen zu machen.
7. März 2016 |

Auf der Balkankonferenz stellte sich die österreichische Regierung an die Spitze der Abschotter und erklärte das Ende der Politik des „Durchwinkens“ nach Europa. Aber es ist nur eine Frage der Zeit bis die Obergrenzen-Politik zusammenbricht. Die Grenzen werden wieder von beiden Seiten eingerissen. Flüchtlinge haben an der griechisch-mazedonischen Grenze bereits mehrere Versuche unternommen, den Zaun zu überwinden. Es gibt noch hunderte weitere Fluchtrouten. Von Tag zu Tag werden mehr Schutzsuchende ankommen, besonders wenn das wärmere Wetter kommt.

Von der anderen Seite her machen sich bereits aus ganz Europa freiwillige Helfer_innen auf zum Grenzort Idomeni. Die Volkshilfe ist vor Ort, von Deutschland und Österreich organisieren sich Konvois. Sehr bald werden wie im Sommer ganz einfache Menschen mit ihren PKWs über die Grenze fahren und die Menschen zu uns bringen. Die griechische Syriza-Regierung steht massiv von links unter Druck und wird die Menschen nicht in den Hotspots auf den Inseln einsperren. „Die Relocation-Politik mit Hotspots ist völlig gescheitert“, meint nicht nur der griechische Syriza-Politiker Giorgos Chondros. Das wissen auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Kanzler Faymann.

Platz für linke Alternativen

Die Obergrenzen-Politik ist allerdings nicht nur extrem dumm und kurzsichtig. Die etablierten Parteien rücken beinahe täglich weiter nach rechts. Grenzzäune, Hercules-Abschiebeflüge, Verschärfung des Asylrechts – immer kann FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagen „Wir sind das Original“ und die Regierung vor sich hertreiben.

„Die SPÖ fällt um und fällt um und fällt um. Und sie fällt immer in eine bestimmte Richtung: immer in jene der FPÖ“, schrieb Politikwissenschafter Anton Pelinka über die „rote Domino-Theorie“. Die Partei gebe damit das auf, was „Bürgermeister Michael Häupl im Wiener Wahlkampf des Vorjahres noch als Qualitätsmerkmal seiner Partei hochhielt: eine Haltung, die sich klar von den Freiheitlichen abgrenzt.“

Der SPÖ bleibt der Erosionsprozess der Sozialdemokratien, der in Griechenland und Irland schon viel weiter fortgeschritten ist, nicht erspart. Die Flüchtlingskrise beschleunigt ihn. Und wenn das Parlament und die etablierten Parteien versagen, ist Standhaftigkeit auf der Straße gefragt – dann kann sich auch Raum für linke Alternativen öffnen.

Kein „Ende der Geschichte“

Hinter der Abschottungspolitik steckt aber eine größere Dynamik, der sich keine westliche Regierung entziehen kann. In den 1990er-Jahren proklamierte Francis Fukuyama nach dem Fall des Eisernen Vorhangs das „Ende der Geschichte“ und den angeblich unaufhaltbaren Siegeszug der freien Marktwirtschaft.

„Die Reise von Reagan zu Trump – vom Einreißen der Mauern zu ihrer Errichtung – sagt sehr viel über die Reise des Westens vom Selbstvertrauen zur Angst in den letzten 30 Jahren“, schrieb kürzlich die Financial Times. Die Eliten schrecken nach den desaströsen Erfahrungen in Afghanistan und Irak vor umfassenden Interventionen im Nahen Osten zurück, und die viel gepriesenen Freihandelsabkommen sind völlig aus der Mode gekommen.

Während das Globalisierungsprojekt – schrankenloser Kapitalverkehr und kriegerische Interventionen nach Belieben – ächzend an seine Grenzen stößt, nationale Regierungen sich abschotten und das System instabiler, gefährlicher und unberechenbarer wird, wächst die grenzenlose Solidaritätsbewegung von unten. Den Durchbruch schaffte diese Bewegung in Seattle 1999 bei den Protesten gegen die Welthandelsorganisation (WTO). Die Weltsozialforen zeigten eine Welt abseits der großen Banken und Konzerne auf, Millionen Menschen demonstrierten gegen den „Krieg gegen den Terror“ nach dem 11. September 2001.

Antikapitalistische Perspektive

Vor diesem Hintergrund leuchtet die Flüchtlingsbewegung wie ein Stern am Firmament für all jene, die dieses System der Grenzen, Kriege und Unterdrückung auf dem Müllhaufen der Geschichte sehen wollen. Im September, als wir die Regierungen gezwungen haben, die Grenzen zu öffnen, schrieben wir: „Sozialist_innen auf der ganzen Welt müssen die Gunst der Stunde nutzen.“

Kampflinie Flüchtlinge: Auf welcher Seite stehst du?

Kampflinie Flüchtlinge: Auf welcher Seite stehst du?

Am 19. März haben wir nicht nur die fantastische Gelegenheit, die internationale Bewegung in Solidarität mit Flüchtlingen zu stärken. Wir können Massen für eine antirassistische, antikapitalistische Perspektive gewinnen – für den Kampf um eine Welt, in der sich alle Menschen frei bewegen können.

 

Am 19. März gehen in ganz Europa zehntausende Menschen in Solidarität mit Flüchtlingen auf die Straße. Die Plattform für eine menschliche Asylpolitik ruft zur Großdemonstration um 13:00 Uhr am Wiener Karlsplatz auf.
Weitere Proteste in Australien: Adelaide, Brisbane, Darwin, Hobart, Newcastle, Perth, Sydney, Launceston, Murwillumbah, Wollongong. Dänemark: Kopenhagen, Odense. Frankreich: Paris. Griechenland: Athens, Chania, Ioannina, Lesbos, Patras, Thessaloniki, Volos, Xanthi. Großbritannien: Cardiff, London. Kroatien: Zagreb. Irland: Dublin. Katalonien: Barcelona. Libanon: Beirut. Niederlande: Amsterdam. Polen: Warschau. Schweiz: Zürich. Slowenien: Ljubljana. Spanien: Madrid
Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.