Interview: „Die FPÖ ist eine im Kern rechtsextreme Partei“
Neue Linkswende: Robert, du bist Sprecher des Oberösterreichischen Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Das Netzwerk ist einzigartig in Österreich, was die Breite der Mitgliedsorganisationen, aber auch was seine Wirkung anbelangt. Was zählst du zu euren größten politischen Erfolgen bisher?
Robert Eiter: Unser Netzwerk-Modell hat durch seine Breite, seine Informationsarbeit und seine Medienpräsenz der antifaschistischen Bewegung einen höheren Stellenwert verschafft. Wir werden auch bundesweit wahrgenommen, wenn wir Politik, Sicherheitsbehörden und Justiz für ihren laxen Umgang mit dem Rechtsextremismus kritisieren.
Zum Beispiel haben wir von Anfang an öffentlich vor den Umtrieben der Neonazi-Mafia Objekt 21 gewarnt. Kürzlich konnten wir erreichen, dass die Staatsanwaltschaft Linz ein schon eingestelltes Strafverfahren gegen einen türkischen Friseur, der auf Facebook antisemitische Mordhetze betrieben hatte, wieder aufnehmen musste.
Unser spektakulärster Erfolg war sicher die Auflassung des Grabes der Hitler-Eltern in Leonding – die Neonazi-Szene hatte es als Wallfahrtsstätte missbraucht. Mit dieser Sache waren wir wirklich rund um den Globus in den Medien. Immer wieder können wir enge Verbindungen von FPÖ-Politikern mit der Neonazi-Szene aufdecken. 2013 musste der Linzer FPÖ-Fraktionsobmann Sebastian Ortner deshalb zurücktreten.
Im letzten Jahr fällt besonders auf, dass die Neonazi-Szene sehr bemüht ist, sich ein respektables Aussehen zu verpassen. Ich denke an die Versuche der Identitären und der Pegida-Bewegung, Fuß zu fassen und Menschen aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft anzuziehen. Wie schätzt du diese Versuche ein?
Beide Versuche sind zum Scheitern verurteilt: Erstens reichen Identitäre und Pegida zu offensichtlich ins Braune, zweitens gibt es starken Widerstand gegen sie und drittens ist der Rechtsextremismus ja schon längst in der Mitte der Gesellschaft präsent – in Österreich vor allem durch die FPÖ.
Die Verbindungen zwischen hochrangigen FPÖ-Politikern und der Neonazi-Szene sind sehr alarmierend, weil es sich um eine große Parlamentspartei handelt. In Oberösterreich scheint das besonders weit zu gehen?
Hans-Henning Scharsach gab dem Oberösterreich-Teil seines Buches Strache im braunen Sumpf nicht zufällig den Titel Wo FPÖ und Neonazismus miteinander verschmelzen. Besonders die Linzer FPÖ steht sogar innerhalb der Strache-Partei am äußersten rechten Rand.
Im politischen Alltag des Bundeslandes wird aber so getan, als wären diese Tatsachen nicht bekannt. ÖVP-Landeshauptmann Pühringer besucht jedes Jahr den blauen „Burschenbundball“, der Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger pflegt eine De-facto-Koalition mit der FPÖ.
Hältst du die FPÖ für durchgängig rechtsextrem, oder gibt es Funktionäre, die ähnlich Heide Schmidt noch dem liberalen Lager zuzurechnen sind?
Die FPÖ nennt sich wie die deutsche NPD „soziale Heimatpartei“, vertritt aber oft kapitalorientierte neoliberale Positionen, die sehr unsozial sind. Pointiert tut das der oberösterreichische Landesrat und FPÖ-Obmann Manfred Haimbuchner, der zugleich seit vielen Jahren führender Funktionär des rechtsextremen Witikobundes ist.
„Es gibt in der FPÖ neoliberale Elemente, die sich mit den rechtsextremen Elementen durchaus vereinbaren lassen.“
Damit will ich sagen: Es gibt in der FPÖ neoliberale Elemente, die sich mit den rechtsextremen Elementen durchaus vereinbaren lassen. Klassische Liberale sehe ich in der FPÖ keine Deswegen sind aber längst nicht alle freiheitlichen Funktionäre rechtsextrem. Da existiert ein breites Spektrum an Systemprotest, „bloßer“ Fremdenfeindlichkeit, Opportunismus und Glücksrittertum.
Zwischen den Glatzen-Nazis und der FPÖ scheint es kein reibungsfreies Verhältnis zu geben. Überschätzen die Glatzen ihre Möglichkeiten oder welche Rolle spielen sie im Aufbau einer faschistischen Bewegung in Österreich?
Eine eigene Glatzen-Strömung erkenne ich nicht. Meist fehlt es dazu schlicht am Intellekt. Einerseits gehören nicht wenige der Figuren, die du meinst, zur Anhängerschaft der FPÖ. Andererseits sind sie der Parteiführung peinlich, weil man ihnen ihre Gesinnung sozusagen ansieht. Aber auch adrette, brav gescheitelte Jungbraune können peinlich werden, wenn sie beispielsweise als RFJ-Funktionäre ihr Gedankengut auf Facebook ausbreiten. Die FPÖ ist eben eine im Kern rechtsextreme Partei, die das nur dosiert zeigen will, um Protestwähler aus der Mitte nicht zu verschrecken.
Robert Eiter spricht am antikapitalistischen „Kongress Marx is Muss“. Er ist Koordinator des oberösterreichischen „Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus“. Weitere Infos: www.marxismuss.at