Kickl geht es nicht um Sicherheit, sondern um sein faschistisches Projekt

Wenn heute die Nachfolgepartei der NSDAP in Österreich (Anton Pelinka) eine „Sicherungshaft“ einführen will, sollten die Alarmglocken schrillen. Die Forderung ist kein „Ausrutscher“ – sie ist ein Mosaikstein in einem kohärenten Projekt der FPÖ.
12. März 2019 |

Die antifaschistische Bewegung muss allein schon aus einem historischen Bewusstsein heraus den Angriff des Innenministers, Asylwerbende in „Sicherungshaft“ zu sperren, abwehren. Und sie war bislang offenbar auch schon laut genug. Nach dem anfänglichen Herumgeeiere von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner legte sie sich schließlich fest: Die Sozialdemokratie werde im Parlament gegen die Sicherungshaft stimmen. Doch sich darauf zu verlassen, wäre ein Fehler.

Rendi-Wagner hielt sich nämlich in ihrer Begründung eine Hintertür offen. Im Interview mit dem Standard sagte sie: „Eine generelle Präventivhaft und jede Art von Maßnahme, die nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entspricht, lehne ich entschieden ab, das ist für mich nicht verhandelbar.“ Das kann man folgendermaßen interpretieren: Erstens, wenn eine Präventivhaft nicht generell, sondern nur für Asylwerber eingeführt werden würde, wäre die Zustimmung doch möglich. Und zweitens, wenn der Gesetzesvorschlag in Einklang mit der EMRK wäre (was Kickl ja behauptet), könne es auch eine Zustimmung der SPÖ geben.

Die Fans der FPÖ kommen auf Facebook ihrerseits bereits auf Fantasien. Mario L. will auf der Seite von Vizekanzler Heinz-Christian Strache gleich alle „Gefährder zu den Willkommensklatschern sperren“. Erich B. prescht vor: „Wie wäre es die Roten in Sicherungshaft zu nehmen?“ Silvio M. sieht die Chance: „Entsorgt doch diesen ‚Justizminister‘ endlich!“ Und Danilo M. hofft, dass Kickl nun „den Volksverrätern und sogenannten linksversifften Demokraten das Fürchten lehren wird“.

Nachfolgepartei der NSDAP

Tatsächlich sollte es allen Demokrat_innen zu denken geben, wer denn hier eine Sicherungshaft einführen will. ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz gibt seine Zustimmung, weil er mit der FPÖ seine neoliberale Agenda durchbringen will und ihm eine autoritärere Herrschaftsform wie in Ungarn vorschwebt. Der designierte Landeshauptmann im Burgenland, Hans Peter Doskozil (SPÖ), gibt dem blauen Innenminister schändlicherweise Rückendeckung, weil er einen verbitterten Kampf gegen den linken Flügel in der SPÖ führt (das, was die Rechten in der Labour-Party in Großbritannien oder bei den Demokraten in den USA tun). Die Freiheitlichen aber haben ihre ganz eigenen Motive.

Die FPÖ ist, sagt Anton Pelinka, die indirekte Nachfolgepartei der NSDAP in Österreich. Deren Führer, die deutschnationalen Burschenschafter, haben sich nie von den Traditionen des Nationalsozialismus gelöst. Der Innenminister forderte schon zum Regierungsantritt, Menschen künftig wieder „konzentriert“ an einem Ort zu halten. In Wien verlangten die Freiheitlichen die Einführung von „Erziehungscamps für gewalttätige Problemschüler“. Und in Niederösterreich forderte ein blauer Asyllandesrat eine „Sonderbehandlung“ von „integrationsunwilligen Asylwerbern“. Sonderbehandlung war im NS-Jargon die Umschreibung für die Ermordung von Menschen.

Faschistisches Projekt

Die Forderung nach einer Sicherheitshaft ist kein „Ausrutscher“ – sie ist ein Mosaikstein in einem kohärenten Projekt der FPÖ: ein Klima aufzubereiten, in dem eine echte faschistische Massenbewegung als Machtfaktor auf der Straße wachsen kann. Über das Schüren von Rassismus und die systematische Entrechtung eines Teils der Bevölkerung sollen FPÖ-Anhänger verroht und näher an die Partei gebunden werden. Sie sollen politische Gegner denunzieren und ein Klima des Hasses mit aufbereiten. Für die Freiheitlichen lästige Gesetze und Hürden – Menschenrechte, Gleichheitsprinzip, Antidiskriminierungsvorgaben, Wissenschaftlichkeit usw. – müssen dafür aus dem Weg geräumt werden.

Zu Recht wird die Sicherungshaft von Kickl mit der Schutzhaft der Nazis verglichen. Dabei war die Schutzhaft keine Erfindung der Nazis. Sie führten nur konsequent zu Ende, was mitunter andere Regierungen bereits vorbereitet hatten. Schon Rosa Luxemburg war  ein prominentes Opfer der Schutzhaft während des Ersten Weltkriegs. In der Weimarer Republik konnten Menschen zum Schutz der öffentlichen Ordnung in Haft genommen werden, jedoch mussten sie innerhalb von 24 Stunden einem Richter vorgeführt werden.

Wir brauchen die Entschlossenheit der Gewerkschaften und Massenproteste gegen die Sicherungshaft. Sich ausschließlich auf den Rechtsstaat zu verlassen, wäre ein grober Fehler, der sich in der Geschichte schon mehrfach gerächt hat.