Lasst Kurz nicht wieder Kanzler werden

Die guten Umfragewerte nach dem Scheitern der Regierung für Sebastian Kurz erscheinen absurd für Menschen, die Politik verfolgen und wissen, was der Geilomobil-Pilot in seiner kurzen Kanzlerschaft so alles angestellt hat. Allerdings sind die Wahlen noch lange nicht geschlagen, der SPÖ stünden Wege offen, den Spieß umzudrehen.
6. August 2019 |

Die SPÖ ist zu zahm, nicht erst seit Pamela Rendi-Wagner, aber unter ihrer Führung wurde vornehme Zurückhaltung zur Maxime erhoben. Zitat: „Ich will kein Hickhack, das ist nicht mein Politikstil.“ In welcher liberalen Blase lebt die SPÖ-Chefin? Wir wollen Hickhack, wir wollen sogar Rache. Führt einen aggressiven Wahlkampf gegen Kurz und gegen die FPÖ!

Wenn die SPÖ gewinnen will, muss sie Politik für ihre ureigenste Basis machen. Das sind die Lohnabhängigen, und darunter muss sie vor allem diejenigen vertreten, die mit dem System unzufrieden sind, diejenigen, die immer draufzahlen und draufgezahlt haben, wenn das System umgekrempelt wird, weil die Reichen das Maul nicht voll genug bekommen können.

Trump und Kurz verstehen

Wieso kann ein Sebastian Kurz bei Arbeiter_innen punkten, oder noch krasser, wie gelingt es dem Milliardär Donald Trump? Eine wichtige Antwort ist: Politik geht in diesen Zeiten vor Ökonomie. Soll heißen, auch wenn rechte Politiker, von Strache bis Orbán, oder von Kurz bis Trump, mit ihrer Politik Armut verschärfen und Reiche reicher machen, also Ungleichheit verschlimmern, können sie Wahlunterstützung von Opfern ihrer Politik gewinnen.

Solange sie der politischen Rebellion, die ganz offensichtlich im Gange ist, eine Stimme geben, sind viele Wähler_innen bereit, alle möglichen Verbrechen zu ignorieren. Trump ist ein Ausbeuter, ein überführter Schwindler und Bankrotteur, ein Mann, der sich brüstet, Frauen zu begrapschen, ein Milliardär, der für Sex mit Pornostars zahlt – und er bekommt Stimmen von Arbeitern, von Frauen und von Christen, die frommer sind als der Papst.

Das Geheimnis des Erfolgs von Trump und den genannten Konsorten ist: Erstens inszenieren sie sich bisher überzeugend als die schlimmsten Feinde einer verhassten politischen Elite (zu der sie natürlich irgendwie selbst gehören, Kurz mehr als Trump). Zweitens versprechen sie bislang noch glaubwürdig, dass unter ihrer Führung kein Stein auf dem anderen bleiben wird.

Angriffig in Wort und Tat

Was kann nun eine SPÖ gegen solch eine skrupellose Politik ausrichten? Die Politik von Kurz und sein öffentlicher Auftritt sind voller Widersprüche, die man offenlegen und ausschlachten kann. Die SPÖ kann viele ihrer treuen Wähler_innen nicht zur Wahlurne bewegen, was jeder österreichische Politologe bestätigen wird. Das ist aber das erste, was sie schaffen muss, um Schwung in die Sache zu bekommen.

Dazu muss sie in den Angriffsmodus übergehen und sie muss die ihr zur Verfügung stehenden Mittel auch ergreifen. Sie muss die richtigen Themen aufgreifen, für sie mit Protesten mobilisieren, und so zeigen, dass sie es ernst meint.

Bloße Propaganda, eine rein auf öffentliche Wortmeldungen und auf kluge Debatten im Parlament beschränkte Kampagne lockt keinen Hund hinter dem Ofen hervor, und schon gar keinen skeptischen Wähler.

Anfang Juli hat die SPÖ angekündigt, die Pensionskürzungen der ersten schwarz-blauen Regierung wieder rückgängig zu machen. So einer Ankündigung muss von Protesten und Aktionen, mit aktiver Unterstützung der SPÖ-dominierten Gewerkschaften, Leben eingehaucht werden.

Kurz dämonisieren

Das wichtigste jedoch ist: Kurz muss als das bloßgestellt werden, was er wirklich ist. Diesem „Wunderwuzi“ ist es gelungen mit widerlichstem Rassismus einen Teil der Bevölkerung regelrecht gegen Flüchtlinge und Muslim_innen aufzuhetzen.

Der solidarische Teil der Bevölkerung, welcher immer noch die Mehrheit ausmacht, ließ sich davon verunsichern und in die defensive Position drängen. Sie bekamen das Gefühl, dass „alle“ in Österreich gegen Flüchtlinge seien und dass man mit einer solidarischen Haltung allein da stehe.

Doch das Gegenteil ist der Fall! Die Menschen, die 2015 begeistert Flüchtlinge unterstützt haben, sind nicht plötzlich zu Rassisten geworden. Sie haben nur keine Stimme in der Politik gefunden. Deshalb muss jeder öffentlich Stellung beziehen und sich laut solidarisch mit Muslim_innen und Flüchtlingen zeigen. Statt diesen muss Kurz an den Pranger gestellt werden und zwar nicht trotz, sondern wegen seines Rassismus!

Auch die SPÖ muss klar Haltung zeigen anstatt sich Rechts anzubiedern oder einen inhaltslosen Wohlfühl-Wahlkampf zu machen, wenn sie verhindern möchte, dass Kurz wieder Kanzler wird und so weitermachen kann, als hätte es nie eine Regierungskrise gegeben.