Louise Michel

Louise Michel ist die wohl legendärste Heldin der Pariser Kommune von 1871. Sie kämpfte an vorderster Front für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Als Revolutionärin trug sie maßgeblich dazu bei, dass Arbeiter_innen in der Kommune erstmals ihre Geschichte selbst schrieben.
11. April 2016 |

Louise Michel wurde am 29. Mai 1830 in Vroncourt in der französischen Region Haut-Marne als Tochter der Schlossmagd Marie-Anne Michel geboren. Sie genoss eine liberale Erziehung durch die Grundbesitzer des Schlosses, die Demahis, welche sie wie ihre eigene Enkeltochter aufzogen. Michel wollte Schriftstellerin werden und führte eine lebenslange Freundschaft mit dem Dichter Victor Hugo. Nach dem Tod der Demahis verließ Michel mit ihrer Mutter das Schloss und begann eine Ausbildung als Grundschullehrerin in Chaumont. Sie besuchte regelmäßig politische Versammlungen und traf dabei den Revolutionär Théophile Ferré, mit dem sie fortan eine enge Beziehung pflegte.

Preußische Belagerung

Als im Juli 1870 Napoleon III während des Kriegs mit den Preußen gefangen genommen wurde, nutzten Arbeiter_innen die Gelegenheit, stürmten die Abgeordnetenkammer und riefen am 4. September 1870 die Dritte Republik aus. Die Regierung der nationalen Verteidigung floh nach Versailles und begann Verhandlungen mit den Preußen. Teile der Nationalgarde rebellierten und bewaffneten die Arbeiter_innen.

„Menschen machten sich keine Gedanken darüber, welchem Geschlecht sie angehörten, bevor sie ihre Pflicht taten. Diese dumme Frage war geklärt.“

(Louise Michel)

Bis zu 384.000 freiwillige Kämpfer_innen in 234 Bataillonen waren an den Kämpfen gegen die Besatzung beteiligt, darunter eine Anzahl von Frauen unter der Führung weiblicher Offiziere wie Colonel Adelaide Valentin und Captain Louise Neckbecker. Louise Michel war Mitglied zweier bewaffneter Nachbarschaftsgruppen des 18. Bezirks (Comité de vigilance républicain du XVIIIe arrondissement) in Paris, einer für Frauen und einer für Männer. Sie mobilisierte Frauen für den Kampf und förderte die Ausbildung und Aufnahme von Frauen in die Nationalgarde. Über die Arbeit ihres Widerstandskomitees in Montmartre sagte Michel: „Menschen machten sich keine Gedanken darüber, welchem Geschlecht sie angehörten, bevor sie ihre Pflicht taten. Diese dumme Frage war geklärt.“

An vorderster Front…

Louis Michel war in dieser Zeit als Krankenschwester und als Soldatin tätig. „Ja, barbarisch wie ich war, liebte ich die Kanone, den Geruch des Schießpulvers und Maschinengewehrfeuer in der Luft, aber darüber hinaus war ich in die Revolution verliebt“, schrieb Michel in ihren Memoiren. Als am 18. März Soldaten aus Versailles versuchten, die Waffen der Aufständigen in Montmartre zu beschlagnahmen, stellten sich Michel und hunderte weitere Frauen den Truppen in denWeg. Die Versailler Soldaten widersetzten sich Trochus Befehl und schossen auf ihre eigenen Kommandanten.

Louise Michel war bekannt für ihre Tapferkeit: Im Jänner 1871, gekleidet im Gewand der Nationalgarde und bewaffnet mit einem Gewehr, schoss sie auf Truppen des Versailler Generals Trochu, die Demonstrant_innen vor dem Rathaus angriffen. Das Gemälde stammt von dem Maler Jules Girardet. © Wikimedia Commons
Im Jänner 1871 schoss Louise Michel auf Truppen des Versailler Generals Trochu, die Demonstrant_innen vor dem Rathaus angriffen. Das Gemälde stammt von dem Maler Jules Girardet. © Wikimedia Commons

Die neu entstandene Pariser Kommune setzten innerhalb weniger Wochen Verbesserungen für Arbeiter_innen durch, schaffte die Wehrpflicht ab und führte gleichen Lohn für weibliche und männliche Lehrer_innen ein. Adolphe Thiers, der reaktionäre Führer in Versailles, und der preußische Kanzler Otto von Bismarck verfolgten die Geschehnisse mit Schrecken und holten gemeinsam zum Gegenschlag aus. Von April bis Mai 1871 wurde die Pariser Kommune sowohl von französischen als auch preußischen Truppen belagert und schließlich niedergemetzelt. Louis Michel kämpfte in unzähligen Schlachten und entging knapp dem Tod. 50.000 Menschen starben, darunter ihr Kamerad Théophile Ferré und 43.000 wurden eingesperrt.

Verbannung ins Exil

Nach zwei Jahren Gefängnis wurde Michel ins Exil nach Neukaledonien verbannt. Sie freundete sich mit dem indigenen Volk der Kanak an und solidarisierte sich mit ihrem Kampf für Freiheit und Unabhängigkeit. Sie dokumentierte Legenden und Lieder der Kanaks in ihren Schriften und in der Lokalzeitung „Les Petit Affiches“. Im Jahr 1880 wurde Michel begnadigt und kehrte heim zu ihrer mittlerweile kranken Mutter. Sie wurde von tosendem Applaus in St. Lazare empfangen.

Die rote Jungfrau

Durch ihre politischen Aktivitäten war sie der Regierung stets ein Dorn im Auge, jedoch zu beliebt in der Bevölkerung, als dass man sie umbringen lassen konnte. Stattdessen sperrte man Michel ein und versuchte, sie als verrückt und hysterisch darzustellen. Von Feinden wurde ihr der hämische Spitzname „die rote Jungfrau“ verliehen, eine Anspielung darauf, dass sie ihr Leben lang unverheiratet war. Aber auch dieser Name wurde von der Bevölkerung adaptiert und stilisierte sie zur Ikone der Pariser Kommune schlechthin.

Im Jahr 1880 wurde sie durch den Extremisten Pierre Lucas durch zwei Schüsse verwundet, aber verzichtete sogar darauf, ihn anzuklagen – aus Protest gegen das kaputte Justizsystem. In den letzten Jahren ihres Lebens reiste sie als Lehrerin und politische Agitatorin zwischen Paris und London und starb am 9. Jänner 1905 in Marseille.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.