Nach Aus für Keyl: Jagt die Holocaustverharmloser aus der Regierung!

Hubert Keyl, ehemals Referent des dritten Parlamentspräsidenten Martin Graf (FPÖ), musste seine Pläne als Richter am Bundesverwaltungsgerichtshof (BVwG) aufgeben. Er diffamierte Widerstand gegen das NS-Regime als „Verrat“. Die Verhinderung von Keyl sollten wir als Ansporn verstehen, alle Holocaustverharmloser aus sämtlichen demokratischen Institutionen zu verjagen.
19. September 2018 |

Die antifaschistische Bewegung darf feiern: Der frühere FPÖ-Referent Hubert Keyl musste nach öffentlichem Druck seine Bewerbung als Richter für den Bundesverwaltungsgerichtshof (BVwG) zurückziehen. Per Presseaussendung weinte sich Keyl über eine „unvorstellbare mediale Hetzjagd“ aus. (Die Presseaussendung wurde übrigens vom Richterkandidaten für den Verfassungsgerichtshof Michael Rami ausgesandt, dem Haus- und Hof-Anwalt der FPÖ, der zuletzt ein Verfahren gegen Linkswende jetzt in der Causa „Fuck Strache“ verloren hat.) Wenn man der FPÖ die demokratische Maske vom Gesicht reißt, kann man ihr schweren Schaden zufügen.

Faschismus gilt zwar in der Bundesregierung, aber nicht in der allgemeinen Bevölkerung, als gesellschaftsfähig, und jedes Anstreifen am Holocaust bereitet der FPÖ-Spitze gewaltige Probleme. Keyl wurde über seinen Beitrag in der rechtsextremen Zeitschrift Aula zu Fall gebracht, in dem er Wehrdienstverweigerer im Zweiten Weltkrieg als „Verräter“ bezeichnete, die man „verurteilen“ sollte. Die Seligsprechung des Antifaschisten Franz Jägerstätter sei für Keyl ein „Schlag ins Gesicht eines jeden gläubigen Soldaten“. Das Profil veröffentlichte darüber hinaus Fotos von Keyl mit dem „Kühnengruß“, der in der rechtsradikalen Szene als Ersatz für den verbotenen Hitlergruß gilt (auch von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gibt es ein solches Foto).

Keyls Burschenschaft

Keyl war Referent des dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf („Burschenschaft Olympia“) und selbst Mitglied der Burschenschaft „Silesia Wien“, bis er 2010 nach einer Schlägerei in einem Rotlicht-Lokal von der Burschenschaft  „in Unehren“ lebenslang ausgeschlossen wurde. Die Mitglieder der Silesia pflegen beste Kontakte in die Neonazi-Szene. So referierte Keyls damaliger Kamerad Hans-Jörg Jenewein (ebenfalls FPÖ, heute Abgeordneter im Parlament) 2009 vor der „Politischen Akademie“ der Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP), die laut Verfassungsschutz eine „ausgeprägte Affinität zum Nationalsozialismus“ aufweist.

2004 hielt ein Silesia-Mitglied auf der „Sonnwendfeier“ des Wiener Korporationsrings (WKR) die „Feuerrede“, die bereits alles über die faschistische, rassistische Gesinnung der „Silesen“ aussagt: Als „deutschnational denkender und führender Mensch“ wisse der Silese, dass überall dort, wo „Lebensräume von Völkern durchmischt werden“, diese „auf Dauer in Konflikte“ geraten. Unter der Parole „Lebensraum im Osten“ vernichteten die Nazis die jüdische Bevölkerung in den Konzentrationslagern und planten die „Arisierung“ und „Germanisierung“ Mittel- und Osteuropas.

„Denkmal der Schande“

Dass Strache Keyl bis zuletzt als „Opfer einer politischen und medialen Hexenjagd“ verteidigte, sagt schon viel über seine eigene Gesinnung aus. Das darf auch nicht verwundern. 2009 verunglimpfte Strache Wehrmachtsdeserteure als „Mörder“. 2005 gab Strache dem FPÖ-Bundesrat Siegfried Kampl Rückendeckung, nachdem dieser Deserteure gleichfalls als „Kameradenmörder“ beleidigte und die Entnazifizierung (die in Österreich ohnehin nie wirklich stattgefunden hat), als „brutale Naziverfolgung“ verspottete. Strache pflichtete Kampl bei, Deserteure hätten „damals im Schützengraben“ ihre Kameraden „im Stich gelassen“.

Strache steht Mithilfe seiner Gesinnung zu Deserteuren in derselben „Tradition von Altnazis“ (Albert Steinhauser) wie auch Hubert Keyl und andere freiheitliche Politiker und Autoren. Wie der Blog Prono ever dokumentierte, denunzierten sie das Deserteursdenkmal am Wiener Ballhausplatz in der FPÖ-nahen Zeitung Zur Zeit unter anderem als „Schandmal“ (FPÖ-Abgeordneter Wendelin Mölzer), Zeichen der „Zivilisationsschande“ und „Kameradenverräterdenkmal“.

In Deutschland spuckte ein Bernd Höcke von der Alternative für Deutschland (AfD), der in Chemnitz mit Neonazis marschiert, auf sechs Millionen ermordete Jüdinnen und Juden, als er das Holocaust-Mahnmal in Berlin als „Denkmal der Schande“ bezeichnete. In Österreich sitzen diese Leute, die die Opfer der Schoah und Denkmäler gegen Krieg und Faschismus schmähen, im Parlament und in der Regierung. Wer die Verhinderung von Keyl als Verwaltungsrichter feiert, muss die Holocaustverharmloser aus sämtlichen demokratischen Institutionen jagen.