Nationalratspräsident wahrscheinlich hard core Neonazi

Walter Rosenkranz, der österreichische Nationalratspräsident, wurde in der Nacht von 8. auf 9. November 2024 von Demonstrierenden daran gehindert, am Gedenktag der Novemberpogrome beim Mahnmal für die Shoah-Opfer am Judenplatz einen Kranz niederzulegen. Aus guten Gründen, wie wir meinen.
17. November 2024 |

Rosenkranz ist Mitglied der Wiener Libertas, einer schlagenden deutschnationalen Burschenschaft. Die akademische Verbindung Libertas gilt selbst im Milieu der Deutschnationalen als ganz weit rechts-außen stehend. Entgegen den Beteuerungen von Rosenkranz im ORF, ist in der Libertas noch immer der Arierparagraph aktiv. Die Libertas protestierte in den „Burschenschaftlichen Blättern“ vom Februar 2011 „gegen jede Bestrebung, die Abstammung als notwendige Voraussetzung deutscher Volkszugehörigkeit allgemein oder in Einzelfällen für entbehrlich zu erklären“ und sie bezeichnete den Vorschlag, nicht-völkisch Deutsche aufzunehmen als Verrat am inneren Wesen der Burschenschaften. Weniger kryptisch ausgedrückt: Wer nicht-reine „Arier“ (mittels Abstammungsnachweis zu überprüfen?) in die Deutschnationalen Burschenschaften aufnehmen will, ist nichts weniger als ein Verräter. Und wer den Nationalsozialismus und die Burschenschaften studiert hat, weiß, wie hart „Verrat am deutschen Volk“ geahndet wurde und welche Drohung mit dieser Erklärung gegen die Aufweichung des Arierparagraphen einhergeht. Falls Rosenkranz davon nichts gewusst haben wollte: Er selbst entschuldigte 2009 im Burschenschafter-Jubiläumsband den Arierparagraphen mit der ungeheuerlichen Behauptung: der Antisemitismus habe seinen Grund in der Tatsache, dass „überdurchschnittlich viele Juden Hörer an den Universitäten waren“.

Die schlagenden Burschenschaften galten bis vor kurzem noch als Nazi-Geheimbünde an Österreichs Akademien und potenziell terroristische Vereinigungen und wurden bis zur ersten blau-schwarzen Koalitionsregierung vom Versfassungsschutz observiert.

Für Uneingeweihte: Die schlagenden Burschenschaften galten bis vor kurzem noch als Nazi-Geheimbünde an Österreichs Akademien und potenziell terroristische Vereinigungen und wurden bis zur ersten blau-schwarzen Koalitionsregierung vom Verfassungsschutz observiert. Sie sind allerdings nicht nur potenziell terroristisch. Die Burschenschaft Olympia wurde 1963 verboten, weil sie Nazi-Terroristen, Teilen der „Südtirol-Bomber“, Unterschlupf gewährt hatte, oder weil sie sogar das organisatorische Zentrum des Bombenterrors darstellte. 1973 wurde sie wieder zugelassen, obwohl 1967 aus dem Kreis der Südtirol-Terroristen unter Führung von Straches politischem Ziehvater Norbert Burger die Nationaldemokratische Partei (NDP) gegründet wurde. 1988 wurde auch die NDP verboten, weil ihr Programm „in wesentlichen Kernpunkten mit den Zielen der NSDAP übereinstimmte.“ Seit dem Jahr 2000, seit der ersten ÖVP-FPÖ Koalition ignoriert der österreichische Staat die faschistische Bedrohung, die vonseiten der schlagenden Burschenschaften ausgeht. Der Rechtsextremismus-Bericht wurde für das Jahr 2001 zwar noch erstellt, aber die schwarz-blaue Koalition verweigerte konsequent seine Veröffentlichung. Hans-Henning Scharsach schreibt dazu in Stille Machtergreifung: „Die ÖVP-geführte Regierung hatte damit das größte rechtsextreme (verfassungsfeindliche) Netzwerk des Landes polizeilicher Überwachung und juristischer Kontrolle entzogen. In einem Land, in dem so etwas möglich ist, ist alles möglich.“

Die brutalsten Nazischergen

Burschenschaften hatten eine entscheidende Rolle bei der Machtergreifung der Nazis in Österreich gespielt und waren sozusagen für den täglichen Terror gegen Jüdinnen und Juden und gegen fortschrittliche Professoren an den Universitäten zuständig. Ihre Mitglieder gehörten später zu den grausamsten Verbrechern, die das Naziregime aufbieten konnte:
Der Liberte Hans Stich erwirkte als Generalstaatsanwalt am OLG Wien zahlreiche Todesurteile gegen dem NS-Regime missliebige Personen.
Ernst Kaltenbrunner von der Burschenschaft Arminia Graz war Chef des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) und SS-Obergruppenführer.
Irmfried Eberl von der Germania Innsbruck war Kommandant des Konzentrationslagers Treblinka und SS-Untersturmführer.

Es ist unverzeihlich, dass ein Mitglied einer solchen Burschenschaft ein politisches Amt in Österreich bekleiden darf.

Hermann Richter von der Sängerschaft Scalden Innsbruck war der berüchtigte Lagerarzt von Dachau und Mauthausen und SS-Obersturmführer. Er entnahm den Lagerinsassen bei vollem Bewusstsein Organe, und „studierte“ deren qualvolles Sterben. Die Liste weiterer Nazimonster aus den Reihen der deutschnationalen Burschenschaften Österreichs ist lang. Wichtig ist, zu verstehen, dass diese Menschen bis heute stolz auf diese Kriegsverbrecher aus ihren Reihen sind und ihnen auch weiterhin huldigen. 2004 und 2011 hielt ein gewisser Heinz-Christian Strache, Mitglied der Burschenschaft Vandalia, die Totenrede am Heldenplatz für diese Monster. Ihr Stolz beruht auf der zentralen Rolle der Burschenschafter in der SS, als die „Tat-Elite“ des Nationalsozialismus. Andere redeten nur vom Genozid an den europäischen Juden, sie haben Hand angelegt, sie sind zur Tat geschritten. Nach ihrer Ideologie ist, um die Reinheit der deutschen Rasse zu erhalten und ihm seinen Platz als Weltenherrscher zu erobern, eben solche Härte nötig. Das gemeine Volk könne das niemals verstehen, weshalb es auch nur logisch ist, dass man das Volk über seine wahren Absichten im Dunklen lassen müsse. Diese Bürde nehmen sie auf sich – so verstehen sich die schrecklichsten Massenmörder der Geschichte selbst immer noch als Opfer.

Es ist unverzeihlich, dass ein Mitglied einer solchen Burschenschaft ein politisches Amt in Österreich bekleiden darf. Aber, so sagen sich die Realpolitiker der ÖVP, die FPÖ hat nun mal die Wahlen gewonnen, und man will sich alle Optionen zur Koalitionsbildung offenhalten. Tatsächlich wurzelt das Problem im Umgang Österreichs mit seinem NS-Erbe seit dem Kriegsende. Man hätte sämtliche Nazis, die sich an Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben, in voller Härte bestrafen müssen: sie enteignen, politisch entmündigen und die Mörder aus ihren Reihen hinrichten müssen. Österreich hat genau das Gegenteil getan: Milde walten lassen, Naziverbrecher wurden wieder zu Richtern, Ärzten, Polizisten, Militärs, Lehrern, oder was auch immer sie werden wollten. Ihren Opfern dagegen wurde Genugtuung und Rache verwehrt. Diese historischen Verbrechen prägen bis heute die österreichische Politik und den Umgang mit den Nachfolgern der Nazis. Korrigieren kann das der Staat von oben herab niemals mehr.

Einzig und allein eine starke und militante antifaschistische Bewegung kann den Nazis noch Einhalt gebieten.