Neue Bildungsstreiks: Der Kampf geht weiter, uns reichts!

Jahrzehnte hatte Österreichs Arbeiter:innenklasse den Ruf nicht streikfreudig zu sein. Und Kindergärtner:innen galten als stets funktionierende „brave Tanten“. Elementarpädagog:innen hielten sie unter hohem persönlichem Einsatz mit ihrer Arbeit ein das System am Laufen. Aber das brav sein hat man ihnen mit niedrigen Löhnen und schlechten Bedingungen gedankt.
12. Oktober 2023 |

Die Gründung der Themenplattform Elementar-, Hort- und Freizeitpädagogik in der Wiener GPA änderte alles: Wir Betriebsrät:innen der privaten Träger vernetzten uns, organisierten Petitionen, Proteste außerhalb der Arbeitszeit und führten zahllose Gespräche mit politisch Verantwortlichen darüber, dass die Rahmenbedingungen in den Krippen, Kindergärten, Horten und der Freizeitpädagogik längst unzumutbar sind. Wir fordern vor allem kleinere Gruppen, mehr Personal und bessere Löhne. Wir ernteten nur schöne Worte und erhöhten daher die Gangart. Schon 2021 und 2022 organisierten wir für tausende Kolleg:innen gemeinsame, öffentliche Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit der verschiedenen Kindergarten-Träger. Wir haben in Wien das marode System einfach gestoppt, die Kolleg:innen österreichweit inspiriert und schon einige Zugeständnisse erkämpft.

Bundeskanzler Karl Nehammer überraschte im ORF-„Sommergespräch“ mit seiner Ansage bis 2030 gemeinsam mit Ländern und Gemeinden 4,5 Mrd. Euro in elementare Kinderbetreuung und -bildung zu investieren. So sollen 50.000 zusätzliche Plätze, längere Öffnungszeiten und einheitliche bessere Bedingungen finanziert werden. Wir schlucken die Beruhigungspillen der Politik nicht oder glauben ihm ganz einfach nicht. Aus unserer Erfahrung halten wir die Ankündigung für einen reinen Marketingschmäh vom ÖVP-Kanzler und der Familien- und Frauenministerin Susanne Raab.

Keine Showpolitik: Wir brauchen mehr!

Im Mai 2022 feierten sich Bund und Länder für eine „Kindergartenmilliarde“ in der 15a-Vereinbarung. Das war eine echte Verhöhnung. Die Laufzeit der neuen Vereinbarung wurde von drei auf fünf Jahre verlängert und die Mittel stiegen pro Jahr von 142,5 Millionen Euro auf lediglich 200 Millionen für den Ausbau des Angebots, das Pflichtkindergartenjahr und die Sprachförderung. Kein Cent blieb für bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bildungsqualität der Kinder. Zudem stiegen, neben der generell hohen Inflation, die Baukosten für Aus- oder Neubauten massiv. Nach dieser Mogelei reden sich weiterhin die Länder auf den Bund und der Bund sich auf die Länder aus.

Wir lassen weder Bund noch Länder mit ihrer Personalvertreibungspolitik durchkommen. Also haben wir Betriebsrät:innen der Wiener GPA uns dazu entschieden unseren Arbeitskampf am 24. Oktober wieder aufzunehmen, und sperren einen ganzen Tag lang zu. Ohne bindende Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen bei den aktuellen Finanzausgleichverhandlungen wird weiter an den Problemen vorbei investiert.

Den Kolleg:innen geht aber jetzt schon die Luft aus: Die Zahl der fehlenden Pädagog:innen in den städtischen Wiener Kindergärten ist laut Gewerkschaft younion seit Anfang des Jahres um 14 % gestiegen. In einer Online-Umfrage der younion klagen 94 % von mehr als 6.000 Beschäftigten der elementaren Kinderbildung, dass die Arbeitsbelastung in den vergangenen zwei Jahren zunahm und die Hälfte gab an, dass der Personalmangel bereits zu gefährlichen Situationen geführt hat. 97 % fühlen sich von der Politik nicht wertgeschätzt. Wir wissen, in der gesamten Branche sieht es gleich aus und die Kolleg:innen sind streikbereit. Das merkte auch „Bildungsminister“ Polaschek als er auf die Schnelle versuchte die Freizeitpädagogik durch eine arbeitsintensivere Billigschiene zu ersetzen. Nur der entschlossene Widerstands der Kolleg:innen aus der Freizeitpädagogik hat ihm Grenzen gesetzt.